radical14 (8), Test BMW M4-1558
BMW M4
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Wahrscheinlich sind wir einfach: verdorben. Etwa von diesem Morgengruss, den ein kalter Gallardo-Motor entsendet. Oder von Jaguar F-Type Coupé R, das zur Begrüssung die Trompeten von Jericho erklingen lässt. Der M4 von BMW dagegen macht - nichts. Da startest Du die Maschine - und dass sie wirklich läuft, das hört man weniger als dass man es sieht (im Tourenzähler). Er setzt sich dann auch wie ein eingeschüchterter Ministrant in Bewegung, und wenn man das 7-Gang-DKG in der Automatik-Stellung belässt, dann rollt der Bayer so lieblich einher wie ein vom Opa gestossener Kinderwagen. Man könnte darob glatt vergessen, dass der M4 das sportlichste Gerät ist, das bei der weiss-blauen Marke derzeit im Angebot steht. «Spüren» kann man das einzig am Abrollkomfort, es würd' dem Bebe im Kinderwagen die Windel vom Hintern schütteln.
Es ist diese Zurückhaltung einerseits Schwäche, andererseits Stärke, Von allen Kontrahenten bei #radical14 ist der BMW, einmal abgesehen vom elektrischen Tesla und vom Volvo-Kombi, sicher das alltagstauglichste Gerät. Es kann also auch ganz brav, es hat einen anständigen Kofferraum, es hat Sitze, die auch auf längeren Strecken bequem sind, es hat ein feines Infotainment-System (siehe Mechtels Anhörung). Wer nicht dauernd mit dem Messer zwischen den Zähnen unterwegs sein will, darf, kann, der wird mit dem M4 glücklich werden.
Aber wir mögen es ja gern etwas sportiver - und da hat uns der M4 zu Beginn etwas enttäuscht. Wenn man so Herrenfahrer-mässig angast, also: schon flott unterwegs sein will, aber nicht gleich Rundenrekord fahren, dann, ja, dann. Hat man zuerst einmal ein bisschen ein Problem mit dem Sound. Der sehr monoton ist, mehr so: zu sehr gefüllter Kühlschrank im Hochsommer. Es ist weder Fisch noch Hase, weder Hund noch Vogel, er brummt, aber er röhrt nicht, er kreischt nicht, er freut nicht (siehe auch Ruchs Sound-Check).
Und irgendwie hatten wir auch keine Freude am Getriebe: da knallst Du ihn hoch, erster, zweiter Gang geht noch gut, doch dann vom zweiten in den dritten gibt es eine eigenartige Unterbrechung, das ESP-Lämpchen leuchtet, die Kiste bricht derart zusammen, dass die Zähne dem Lenkrad bedrohlich nah kommen. Und da ist mir die Lust eigentlich schon vergangen.
Auf der Gasse ist das Fahrwerk fein. Zwar hart, aber halt schön klar definiert - der Pilot weiss, was passiert, auch wenn er an den Schalterchen rumdrückt, das Gerät scharf stellt. Man muss sich schon ziemlich dämlich anstellen, damit der BMW über die Vorderräder schiebt; andererseits muss man sich auch Mühe geben, dass er hinten kommt. Präzise Lenkung, für meinen Geschmack vielleicht etwas schwergängig, hervorragende Bremsen, perfekt zu dosieren. Und wenn Du den Anker werfen musst, dann geschieht das auch, dann ist man froh, dass die Gurten einen im Sitz behalten.
Und ansonsten ist es halt so, wie es in einem BMW so ist: hervorragende Ergonomie, wunderbare Haptik, einwandfreie Verarbeitung, ausgezeichnete Materialien. Da kommt von den anderen Mitstreitern bei #radical14 keiner mit, auch nicht nur annähernd; die Annäherung der Bayern an die Perfektion dagegen ist wirklich beeindruckend. Die Frage darf aber sein, ob wir solches in einem Sportwagen wirklich suchen - oder ob ein bisschen mehr Seele, Emotion nicht vielleicht doch? Muss der Kofferraum wirklich perfekt ausgekleidet sein, wenn man am Sonntagmorgen mal noch einen Pass bezwingen will? Kommt es tatsächlich auf den perfekten Winkel an, in dem die Schalter für die elektrischen Fensterheber angeordnet sind, wenn man ein bisschen über Nebenstrassen wedeln will?
Aber: es war noch lauwarm. Irgendwie hatte ich den Draht noch nicht gefunden zum M4, 431 PS stark, er war mir zu lieb, zu freundlich, zu sehr der Alleskönner. Ein technisches Wunderwerk, die 3-Liter-Doppelturbo, der den doch 1,6 Tonnen schweren Bayern gemäss Norm mit 8,3 Literchen 100 Kilometer durch die Gegend bewegt. Und irgendwie stand ich da bei #radical14 auch ein bisschen allein mit meiner Einschätzung: zwar schwärmte jetzt niemand in den höchsten Tönen vom BMW, aber die anderen Jungs schienen recht zufrieden. Also, neuer Anlauf, die (nasse) Piste in Lignières. Die ersten zwei Runden noch verhalten, doch weil Fabian gesagt hatte, dass der Bayer erst bei hohen Drehzahlen so richtig Spass macht, liess ich es dann mal fliegen. Und siehe da: er kann es ja doch, der M4. Er tönt sogar gut, wenn man die entsprechenden Einstellungen an diesem kleinen Knöpfchen da bei der Schalterei vornimmt, dann röhrt er richtig, so ab 6000/min. Und er geht auch richtig, richtig gut. Wie gut das Fahrwerk ist, merkst Du erst dann, wenn Du selber am Limit bist; das Auto ist es dann noch lange nicht. Und das Getriebe ist auch gut, und Kraft hat er auch genug, unglaublich linear drückt er ab, der BMW.
Wir wurden trotzdem keine Freunde, der M4 und ich. Für einen Sportwagen hat er mir einfach zu wenig Ecken und Kanten, zu wenig Charakter. Er ist ein Streber, er kann alles, man kann auch Brötchen holen fahren und sogar in die IKEA; er sieht auch noch gut aus, obwohl die Lackierung, die unser Proband hatte, vielleicht ein bisschen gar auffällig ist. Und deshalb irgendwie auch nicht zum M4 passt, der seine Qualitäten mehr so heimlich und still und leise entwickelt. Und genau das fehlt mir: der Knall. Der Schuss mitten ins Herz.
Ab 97'400 Franken kostet so ein M4; mit dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das unbedingt zu empfehlen ist, sind es dann schon 102'790 Franken. Und wie üblich bei den deutschen Premium-Marken, kann man doch noch gut einen Mittelklasse-Wagen an Sonderausstattungen dazu rechnen. Vom Preis her konkurriert der M4 bei #radical14 mit dem Tesla - von der Leistung her mehr mit der Corvette, die aber schon ab gut 80'000 Franken zu haben ist und den sechsstelligen Bereich gar nicht erreicht. Die Vette ist sicher nicht so perfekt wie der BMW, aber sie ist dafür fröhlicher, viel mehr ein echter Sportwagen - ein Kerl. Der M4 dagegen ist mehr so everybody's darling. Und das ist mir zu wenig.
#radical14, was es schon zu lesen gab:
- radical14 - warum?
- Mechtel is back.
- Der Sound-Check.
- Die Navis .
- Die Anhörung.
- Chalis Jaguar F-Type Coupé R.
Was andere über #radical14 und die entsprechenden Autos denken, kann man über die folgende Linkliste verfolgen:
Asphaltfrage
Chromjuwelen
Mein Auto Blog
Motorkultur
Passiondriving
V12media.
Und ja, wir erstellen dann noch eine Seite, auf der wir alles schön brav sammeln und überschaubar präsentieren.
Original: radical