Rolling Stones, Mercedes S Coupé 1985
Fahrbericht Mercedes
S-Klasse Coupé
Noch nicht erstellt
Das neue Coupé der S-Klasse trägt auf Wunsch Swarovski-Steine in den Scheinwerfern und kann sich in die Kurve legen. Beides ist so was von unnötig. Auf die Frage, wieso dieser Wankelmut in Kurven denn entwickelt wurde gab uns einer der Beteiligten zu Protokoll: «Weil wirs können». Da bleibt dann wohl nichts mehr hinzuzufügen. Aber, von diesem System später mehr. Denn wie gesagt, eigentlich hat dieses Auto all den schönen Schein und die Pendolino-Technik gar nicht nötig. Aber eben, offenbar zählt - nicht nur bei Daimler - der Bling-Bling-Faktor mittlerweile mehr als tolle Autos zu bauen. «Den Scheinwerfer des S-Klasse Coupés gibts natürlich auch als Ersatzteil, falls jemand dieses Schmuckstück bei sich zu Hause ausstellen möchte». Mein Gott, denkt dieser Mann tatsächlich, dass sich ein Europäer ein Swarovski-Teil in die Stube oder ins Schlafzimmer stellt? Ist das die neue Linie von Mercedes? Glaubt man in Stuttgart tatsächlich, dass man Kunden zum Händler locken kann, weils dort Scheinwerfer mit Edelstein-Imitationen gibt? Die Steinchen-.Dealer haben übrigens grad Ausverkauf mit 50% Rabatt im Online-Store... Klar, man fokussiert sich damit auf den russischen und chinesischen Markt, dass derzeitige Walhalla der Automobilhersteller. Dabei sollten genau diese Hersteller doch gemerkt haben, dass insbesondere die Chinesen nur das toll feinen (und auch kaufen) was in Europa als Begehrenswert gilt.
Zu unserer Erleichterung durften wir aber feststellen, dass Daimler immer noch weit mehr kann als Marketing-Geschosse auf Journalisten und Kunden abzufeuern. Nach den ersten Metern im neuen Benz ist klar, Luxusautos bauen haben sie in Stuttgart nicht verlernt. Doch der Reihe nach. Das S-Klasse Coupé, der Wagen wurde ja von der unsäglichen Bezeichnung CL befreit, ist ein unglaublich luxuriöses Auto. Nicht nur wegen der Innenausstattung, nicht nur, weil sein Biturbo-V8 verdammt viel Dampf hat (455 PS) und nicht nur, weil die Sitze, die Haptik und die Ergonomie hervorragend sind. Sondern, weil man nichts hört. Es ist unglaublich wie man es in Stuttgart geschafft hat, Wind- und vor allem Abrollgeräusche zu minimieren.
Dieses Auto grenzt vom - wir nennen es mal Schallkomfort - an einen Rolls-Royce. Wenn es nicht sogar besser ist. So will man es doch haben, wenn man sich eine Luxuskarosse kauft. Wir jedenfalls würden das Coupé jederzeit dem Viertürer vorziehen, denn auf Nutzwert kommt es bei einem solchen Auto eh nicht an. Eigentlich hätten wir unsere Webseiten für diesen Artikel fast nur mit den Namen der Assistenzsysteme füllen können. Dass dieses Auto noch einen Fahrer braucht, ist schon fast verwunderlich. Klar, unter Fahrdynamik verstehen wir etwas anderes, aber man kann den Benz doch ziemlich treten. Natürlich ist man mit dem fetten Stern (Leergewicht des S500 4matic mindestens 2100 kg) nicht so flink unterwegs wie mit einem richtig sportlichen Autos. Aber, es geht schon zügig voran. Erst recht, wenn man einstellbare, vorrausschauende Fahrwerk (zwei Kameras und ein Laserabtaster sehen vors Auto uns stellen die Dämpfung auf kommende Unebenheiten ein) auf die Stufe Sport stellt. Die Seitenneigung ist für ein Auto dieses Kalibers gering (auch ohne die Schaukelpferd-Option), der mögliche Kurvenspeed durchaus beachtenswert.
Aus dem Grossvati-Mobil ist zwar kein Kurvenräuber geworden, aber man erstarrt auch nicht vor Schreck, wenn ein Biegung mal zu schnell angefahren wird. Fein gemacht. Kommen wir also zum Punkt, der in der Schweiz wohl gar keiner sein wird. Die Kurvenneige-Funktion stellt das Auto so in die Kurve (kurvenäussere Räder werden etwas ausgefahren, die beiden kurveninneren Räder Federn etwas weiter ein, dass der Wagen wie ein Neigezug durch die Kurven düst. Das soll die, auf die Insassen wirkenden Querbeschleunigungswerte minimieren. Tut es auch, das System funktioniert perfekt, man spürt die Veränderung einigermassen deutlich. Die Frage ist nur, wozu das Ganze? Und da sind wir ratlos, denn das System funktioniert nur bei moderater Kurvenfahrt, also dann, wenn gar nicht viel Querbeschleunigung aufgebaut wird. Es ist also kein Feature zum schnell fahren. Aber, bei gesitteter Fahrweise ist der Wagen auch in Komfortstellung superbequem. Ohne das hin und her. Aber eben, wie sagte uns Mercedes auf die Frage wieso man so etwas verbaut: «Weil wir es können». Damit möchten wir die Berichterstattung über das Fahrwerk abschliessen, denn es ist nur in Verbindung mit Hinterradantrieb verfügbar. Dies, weil für die aufwendige Luftfederbein-Konstruktion in Verbindung mit Allrad schlicht zu wenig Bauraum vorhanden ist. Und man geht davon aus, dass das Coupé nur in homöopathischen Dosen mit Heckantrieb verkauft wird. Und sonst: Sonst gibt es da ja noch das S 63 AMG Coupé. Und das ist dann: ziemlich grob! 585 PS, 900 Nm - alles fein, auch die Bremsen oder das Fahrwerk. Aber, wir hätten lieber 200 PS weniger und dafür ein Leergewicht von 1800 kg. Klar, AMG ist stolz darauf 60 kg abgespeckt zu haben gegenüber dem Vorgängermodell. Aber, seien wir ehrlich, etwa 3% Gewichtsersparnis auf 2,1 Tonnen - naja.
Klar das AMG-Tier geht richtig gut, auch der Sound passt hervorragend zum Auto. Nicht zu aufdringlich im Normalmodus, sehr okay im Sportmodus. Weit entfernt von der künstlich generierten Soundkulisse eines Jaguar F-Type V8, welche mittlerweile schon als lächerlich gilt. Dank Allrad sprintet das Trumm in 3,9 Sekunden auf 100 km/h, der Topspeed ist allerdings wie bei den normalen Benzen auf 250 km/h limitiert. Für ein paar Swarovskis kann man das Vmax-Limit aber natürlich auch aufheben lassen. Wer sich einen Scheinwerfer in Schlafzimmer stellt legt gerne ein paar Scheine hin, um auf der deutschen Autobahn nicht von einem gepimpten Subaru Impreza gefressen zu werden.
Wir finden das S-Klasse Coupé, egal ob als AMG oder S500 ein ziemlich gelungenes Auto. Und, vielleicht schafft es später ja auch noch der feine 400er-Motor in diese Baureihe. Damit wäre sicher dann auch an der Preisfront noch etwas zu machen. 167'500 Franken sind für das Coupé mindestens fällig (natürlich ohne die Klunkerchen), der AMG wird mindestens 225'000 Franken kosten. «Das Beste oder Nichts» - gibts halt nicht umsonst... Markteinführung ist am 27. September 2014, allein anhand der Preisgestaltung gehen wir nicht davon aus, dass die Mercedes-Händler an diesem Tag Verkehrskadetten brauchen um den Verkehr vor den Showrooms zu regeln.
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Original: radical