Ladies Drive, Test Nissan Micra 1959
Test Nissan Micra
Noch nicht erstellt
Nissan Micra. Nicht gerade Radical. Für uns hat Claudia Nussbaumer über den Tellerrand geschaut und das Wägelchen getestet.
Es ist wohl wirklich so: Der Micra ist das Wägelchen für die Dame des Hauses. Das Stadtauto für die Gattin. Muttis Auto halt. So will es nicht nur das Klischee, das belegen auch sämtliche Statistiken. Und laut Nissan ist der Kleine seit fast 30 Jahren schon ein wichtiger Stützpfeiler für den Erfolg des Unternehmens. Nach Qashqai und Juke ist er auf Platz drei der firmeninternen Verkaufsrangliste.
Zum neuen Modelljahr bekommt die vierte Generation Micra, basierend auf der letzten Version von 2011, ein gepflegtes Facelift geschenkt. Vor allem die Frontpartie wird neu überdacht, der Grill wird etwas dominanter, die V-förmige Chromleiste wird zum wichtigen Erkennungszeichen und zeigt deutlich die Familienzugehörigkeit. Aber auch Haube, Kotflügel, Scheinwerfer und Frontstossfänger werden neu designt, die Nebelscheinwerfer sind, je nach Modell, mit Chromzierleisten eingerahmt. Lieb schaut er aus, auch der Neue. So ein bisschen hat er gar, ohne jetzt blasphemisch sein zu wollen, etwas von einem kleinen, süssen – Käfer?
Auch beim Innenleben hat das Designteam hier und da den Rotstift gezückt. Ein Infotainmentsystem (Navi, Radio/CD etc.) mit 5,8 Zoll Touchscreen glänzt mit der neuen, mittig angebrachten, kreisrunden Konsole für Heizung, Lüftung, Luftverteilung um die Wette. Im besten Fall erinnert diese an ein Willisauer Ringli (für unsere Leser aus dem Ausland: Nussgebäck, wird gerne mit dem Zusatz «Plomben-Ctasher» versehen). Alle anderen optischen Assoziationen verkneifen wir uns. Hier und dort blitzt und schimmert es in Tiefschwarz, als wärs ein Flügel von Steinway. Doch soweit ist eigentlich alles prima, damit können wir leben.
Doch dann: Die Sitzposition. Da stimmt etwas nicht, das sagt mein erstes Gefühl und auch das zweite meint dasselbe: Man sitzt zu weit oben. Ich bin jetzt nicht zwingend als Sitzriese bekannt, doch die Fensterlinie ist weit unter meiner linken Schulter, zu weit, das sind mindestens 20 Zentimeter und vermittelt mir nicht gerade, ja was eigentlich nicht, Strassennähe? Geborgenheit? Oder sind wir von all den hochschultrigen Boliden schon so geeicht, dass uns das so stark auffällt? Ich suche einen Hebel an ebendiesem Fahrersessel, seitlich, hinten - oder doch unten? - um den Sitz vielleicht noch etwas runter drücken zu können. Manchmal geht ja solches, auch in Kleinstwagen. Aber hier: Nix. Es heisst also: sich abfinden, daran gewöhnen.
Aber dann, das wahre Highlight: ein Motor mit drei Zylindern, 1,2 Liter Hubraum. Fünf Gänge, von Hand gerührt. Das Motörchen, klein aber fein ist das. Optimiert, brav und dennoch erstaunlich leistungsfähig. Das manuelle Fünfganggetriebe bringt alles, was es soll. Es macht auch richtig Freude, den Kleinen so ein bisschen in kurvige Nebenstrassen zu hauen. Er hält wunderbar, auch das Fahrwerk nimmt alles souverän. Der Verbrauch des Micra wird mit optimistischen 4,3 Liter angegeben. Wir haben in der Zeit unserer Testfahrten (zugegeben: ungeschont) im Schnitt 6,3 Liter auf 100 Kilometer benötigt.
Sympatisch: Andere Hersteller lassen ihre Fahrzeuge mit jedem Facelift in alle Richtungen wachsen und an Gewicht zulegen; Nissan bleibt mit dem Micra diesbezüglich seit Jahren nahezu konstant. Der Zuwachs beträgt hier stets nur zarte Millimeterchen. Generell gibt es den Micra übrigens nur als Fünftürer. Die Rückbank kann umgeklappt werden, was den Kofferraum von bescheidenen 265 Liter (was in etwa drei vollen Einkaufstaschen plus einem Sixpack Mineralwasser entspricht) auf immerhin 605 Liter vergrössert.
Den kleinen Nissan gibt es in drei Ausführungen. Die Basisversion «Visia», mit 80 PS, ohne Schnickschnack und mit manuellem Fünfganggetriebe kostet 13'990 Franken. Den «Acenta» gibt es auch mit einem DIG-S-Getriebe, CVT-Automatik, Stopp/Start-System und 98 PS ab 20'760 Franken. Der «Tekna» hat dann noch serienmässig ein Panoramaglasdach, Klimaautomatik, Parksensoren und sonst noch ein bisschen Luxus und Schlagsahne, dafür muss man dann mit mindestens 24'010 Franken rechnen. Beim Händler ist der neue Micra allerdings erst ab September 2014 anzutreffen.
Mehr Nissan gibts im Archiv.
Text: Claudia Nussbaumer, Fotos: Werk.
Original: radical