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Er will ja nur spielen, Ford Ranger Dakar-1505

Published in radical-mag.com

Erfahrung Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye

Noch nicht erstellt
Im südlichen Afrika gibt es eine ganz feine Szene an Rallye-Raids. Das können wir uns gut vorstellen, man hat dort noch Raum und Sand - und anscheinend auch die Mittel, wie uns Neil Woolridge erzählt, über 100 Teams nehmen an der Meisterschaft teil. Und die stellen wir uns grob vor, ein Rallye-Raid ist ja eher etwas für Fortgeschrittene, eine Mischung zwischen Baja 1000 und Paris-Dakar, grobe Greäte mit gefühlten zwei Metern Bodenfreiheit und mächtigen Motoren und jenseits aller Regeln.

Stimmt gar nicht, erzählt uns Neil, ein ruhiger, besonnener Mann mit einem seltsamen Dialekt. Sein Ford Ranger, mit dem er sich einen Bubentraum erfüllen konnte, wurde nach dem Dakar-Reglement aufgebaut, das heisst: mit dem 5-Liter-Motor aus dem Mustang muss das Gerät mindestens 1950 Kilo wiegen, es gibt genaue Bestimmungen beim Antrieb (Restriktoren allerorten, bleiben 350 PS und ein maximales Drehmoment von etwa 560 Nm) und auch beim Fahrwerk und auch beim Aufbau, der zwar aus Composit-Materialien besteht, doch die ursprüngliche Form des verwendeten Modells einigermassen sauber abbilden muss. Dieses genaue Regelwerk (genauer: FIA/ASO T1) hat seine Vorteile, wie immer, es soll einigermassen Chancengleichheit herrschen auch bei einer Paris-Dakar (die ja seit Jahren in Südamerika ausgetragen wird). Ohne die Unterstützung der globalen Ford-Gruppe hätte Woolridge seinen Dakar-Renner aber auch nicht aufbauen können; volle Packung gibt es aber auch nicht, Ford mag sich (noch) nicht zu 100 Prozent engagieren, was unter anderem daran liegt, dass der Ranger nicht weltweit verkauft wird, die Jungs in Dearborn aber halt schon gern in «Weltautos» denken.

Obwohl die Vorbereitung nicht ganz optimal verlief, trat Woolridge und sein Team heuer bei der Paris-Dakar an; die argentinischen Lokalhelden Lucio Alvarez und Ronnie Graue schafften es aber «nur» auf den 22. Gesamtrang.
Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Andererseits: ein erster Auftritt beim grausamsten aller Rallye-Raid mit einem ganz neuen Gerät, da darf jede Rangierung als Erfolg gewertet werden. Nächstes Jahr will es Woolridge, mit einem bisschen mehr Unterstützung von Ford, noch einmal probieren.

Doch zuerst dürfen einmal wir. Nachdem wir ja erst kürzlich die Paris-Dakar fast gewonnen hatten (siehe: hier) und uns folglich so langsam zu den Spitzen-Teams vorarbeiten, sind wir natürlich absolut prädestiniert, Woolridge auch klar sagen zu können, was er noch machen muss, woran er arbeiten sollte. Einverstanden, wir haben schon mal sanfte Schwierigkeiten, überhaupt ins Auto zu kommen, man klettert hoch, zwängt sich durch den engen Rahmen, hat dann aber meist noch einen Fuss draussen, oder den Kopf. Dann die furchtbare Prozedur, bis man endlich in den 5-Punkt-Gurten hängt, diese Dinger sind ja meist eingestellt für Pygmäen. Scharf ist: hinter der Fahrkabine ist nur noch nackte Technik, verdeckt von zwei Ersatzrädern. In die Ferien fahren willste mit diesem Ranger nicht.Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Er macht einen unglaublichen Lärm, der Ranger. Der Alu-V8 saugt und pustet ziemlich ungefiltert, er arbeitet quasi auf den Füssen der zwei Insassen, die Abgase werden durch ein mächtiges Rohr ohne Dämpfung (wir glauben eher: mit Verstärkung) seitlich ans Ohr des Co-Piloten geleitet. Aber es ist halt fein: V8 ist V8, 350 Pferde können mächtig Getöse machen. Geschaltet wird über einen groben Hebel sequentiell, 6 Gänge (kommt von Sadev). Das hat man schnell im Griff, es gibt zur Schonung von Maschine und auch Mensch auch eine Kupplung, Schaltblitz, zack, dann ist die Mühle drin. Er dreht recht flott hoch, man ist also fleissig am Arbeiten. Was er gar nicht mag: Schiebebetrieb, da ruckelt der Ford so sehr, dass man froh ist um die 5-Punkt-Gurten. Das Fahrpedal so feinfühlig zu bedienen, dass man immer sanft am Gas hängt, ist aber beinahe unmöglich. Die Übersicht über das von Knöpfchen überzogene Cockpit haben wir auch nicht, brauchen wir aber auch nicht, es gibt einen Startknopf, mehr braucht man eigentlich nicht.

Doch nicht das macht uns am Anfang Schwierigkeiten, sondern die extrem direkte, extrem leichtgängige Lenkung. Auf Asphalt ist das Teil kaum fahrbar, wenn sich ein Popel in der Nase verschiebt, lenkt das Vieh schon in eine andere Richtung. Oder haut Ecken in die Kurve. Neil sagt: im Sand ist das super. Das mag ja sein, wir haben aber keinen Sand weit und breit. Und als wir dann endlich so ein bisserl Schotter finden und das Ding einigermassen flott über eine Kuppe hauen, ist die Gasse plötzlich zu Ende und wir müssen aber richtig massiv in die Eisen (die stammen von Brembo, wassergekühlt vorne, luftgekühlt hinten). Weil die aber noch kalt sind, möchten sie nicht so recht, es wird dann eng, richtig eng. Im Wissen darum, was dieses Einzelstück kostet, wird uns entsprechend warm. Und als Neil dann auch noch sagt, dass der 500-Liter-Tank (!) noch ziemlich voll ist, wissen wir dann auch, warum (wir beziehen uns jetzt da auf den Bremsweg, nicht die Wärme von innen).Ford Ranger Paris-Dakar-Rallye
Was dann aber gut ist: man braucht nicht zu wenden, man fährt einfach übers Feld. Das kümmert den Dakar-Ranger nun wirklich nicht, das ist für ihn Zuckerschlecken, auch sämtliche Foto-Termine auf Felsen und Schotter und Schnee nimmt er mit einem müden Lächeln; permanenter Allrad, doppelte BOS-Dämpfer vorne und hinten, Federweg etwa ein Meter. Und irgendwann haben wir uns auch an die Lenkung gewöhnt, können dann ein bisschen mehr spielen auf der Strasse, wobei: dahin gehört er einfach nicht, der Woolridge-Ford. Er schreit nach Dreck, Wasserdurchfahrten, tiefem Sand, Felsklippen, die unendlichen Weiten der Pampas dieser Welt (Höchstgeschwindigkeit 170 km/h), und all das können wir ihm nicht bieten, leider. Uns bleibt nur, uns am wunderbaren Sound zu ergötzen.

Wir trinken dann noch einen Kaffee mit Neil Woolridge, dem Teamchef, versuchen so ein bisschen hinauszuhören, ob nicht vielleicht noch einen motivierten Fahrer gebrauchen könnte. Aber irgendwie will er nicht so recht hinhören auf unser unterschwelliges Angebot. Tja, trainieren wir halt weiter - Mini, wir kommen...

Mehr Ford gibt es im Archiv.


Original: radical

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