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Supertest 2013 (12), Supertest 2013 (12)-1403

Published in radical-mag.com

Porsche 911 Carrera S Cabrio

Noch nicht erstellt
Im vergangenen Jahr, Supertest 2012, war ich noch ziemlich enttäuscht gewesen vom neuen 911er. 400 PS, war damals meine Behauptung, Schlussfolgerung reichen einfach nicht mehr. Doch man muss auch sehen, welche Gegner der Porsche im vergangenen Jahr hatte, Nissan GT-R, Corvette als Z-06, Jaguar XKR-S, Mercedes C63 AMG, BMW M6, alles Dingers mit deutlich mehr Rössern unter der Haube. Heuer waren wir ja ein bisschen zurückhaltender als auch schon, es gab drei Limos, die bleiben sowieso aussen vor (Fazit siehe: hier), es gab drei Halbstarke, die konnten nicht so ganz mithalten (ausser vielleicht - der Porsche Cayman S? Fazit: hier), der Ferrari FF und der McLaren sind unerreichbar für den Porsche.

Bleibt noch der Jaguar als ernsthafter Gegner. Zumindest auf dem Papier. Da präsentiert sich der Engländer sogar besser als die deutsche Sportwagen-Legende, 5-Liter-V8 mit Gebläse, 495 PS, in 4,3 Sekunden von 0 auf 100, 300 km/h Spitze. Der Porsche schafft nur 299 km/h Höchstgeschwindigkeit, für den Paradesprint vergehen 4,5 Sekunden, er hat halt auch nur sechs Zylinder und nur 3,8 Liter Hubraum und, eben, nur 400 PS. Aber wir haben es schon geschrieben: der Jag wiegt mit dem fetten Brocken vorne gut 1,7 Tonnen, der Porsche kann es mit deutlich weniger, 1485 Kilo, um genau zu sein. Das bedeutet dann auf der Rennstrecke in den guten Händen von Karl Wendlinger: 2,27:44 für den 911er, 2,29:35 für den Engländer.

Gut, das sind jetzt nicht gerade Welten, aber halt doch ein klares Verdikt. So sieht das übrigens auch Karl Wendlinger, der vom 911er sagt: «Das Auto macht Spass, das Handling ist gut.» (Wenn man Wendlinger kennt, das weiss man, dass es kaum ein höheres Lob geben kann.) Und er sagt: «In den schnellen Kurven stabil, in den langsamen ebenfalls.» (Noch so ein klassischer Satz von Karl.)Porsche 911 Carrera S Cabrio
Porsche 911 Carrera S Cabrio
Und er sagt: «Motorleistung ist ausreichend, er könnte mehr Drehmoment vertragen; von unten heraus, naja.» Und schliesslich sagt er, als Fazit über alles: «Am wohlsten gefühlt habe ich mich im 911, der Porsche ist klar der Beste.» Hört, hört - und das plaudert der ehemalige F1-Pilot trotz Ferrari FF und trotz McLaren: «Wenn man sich konzentriert, ist auch der McLaren sehr schnell, aber halt mehr: fordernd.» (Und was Wendlinger zum Jaguar F-Type sagt, das lesen Sie: hier.)

Zwar find ich, dass der Porsche 911 mit diesem Sportauspuff-Zeugs «too much» ist, Prolo-Zeugs ist solches, ich versteh das nicht, dieses Gekläffe eines räudigen Hundes, dem die Flöhe ganz dicht ans Familienglück rücken. Und ich bins ja definitiv der, der auf Sound steht, dem die Geräuschentwicklung wichtig ist. Im Vergleich zum Jaguar ist der Porsche aber geradezu brav, gesittet, ein Chorknabe.
Porsche 911 Carrera S Cabrio
Porsche 911 Carrera S Cabrio
Porsche 911 Carrera S Cabrio
Porsche 911 Carrera S Cabrio
Porsche 911 Carrera S Cabrio
Aber die Geschmäckerer sind nun einmal verschiedener. Der Jaguar aber, der Wälder entlaubt und Rentnerinnen frühmorgens gleich mit dem ersten Fanfarenstoss zu Witwen macht, ist definitiv zu grob, wüst, aber wir lassen das jetzt, versprochen. Es gibt ja viele, die finden das toll, unsere Kollegen von V12media.ch haben den F-Type wohl auch deswegen zur kuhlsten Kiste des Jahres gewählt.

Ja, der Jag ist ein hübsches Automobil (und als Coupé sogar noch hübscher, Bilder etc. gibt es: hier). Und ja, der Porsche ist gross geworden über die Jahrzehnte, sanft adipös, was bei einem 50jährigen irgendwie noch verständlich ist, doch auch der 911er ist: er ist einfach schön. Punkt. Von wo man ihn auch betrachtet: schön. Klassisch. Ewig. Auch als Cabrio, ganz weit offen, das passt. Und geschlossen ist er harmonischer als der Engländer, der dann eine deutlich sichtbare Stoffmütze aufhat; beim Stuttgarter ist das Verdeck perfekt in die Linie integriert, das ist hohe Schule und viel Aufwand. Beim F-Type ist es der Reiz des Neuen, er ist mehr so der «Rebell» - der Porsche muss gar niemandem mehr etwas beweisen.

Innen, ja, innen, wir wissen es jetzt nicht so genau. Da ist der Porsche halt, wie er immer war, und man mag das, oder man findet es zu ältlich, zu oft gesehen, die Scheibe zu nah und alles ein bisschen eng aufeinander und ewig grüsst auch noch der Käfer, selig. Doch Jaguar beginnt dann mit einem weissen Blatt Papier, ja, das sieht auf den ersten Blick gut aus, schön dem Fahrer zugewandt, doch es sind die Details, die ärgern, die plastikumrandeten Armaturen etwa, die zudem analog aussehen, aber sehr digital sind. Und dieses grauenhafte, viel zu dicke Lenkrad. Beim 911er ist das alles über 50 Jahre in Richtung Perfektion gewachsen, das Lenkrad steht zwar steil, aber es hat die richtige Grösse, man will es berühren, man freut sich drauf. Immer noch, immer wieder.Porsche 911 Carrera S Cabrio
Sitze, gut, bei beiden - mit dem 911er fährt man auch ans Ende der Welt. Kofferraum, beschieden, bei beiden - ist hier aber wohl auch nicht die Diskussion. Materialien fein, bei beiden, aber das darf man bei diesen Preisen auch erwarten. Verarbeitung, beim Porsche bekannt gut, da fährst Du, wie erwähnt, ans Ende der Welt und zurück und füllst nur Benzin und so ein bisserl Öl nach; beim Jaguar muss sich das noch weisen, da hat halt schon das eine oder andere Ding geknarzt nach dem «Supertest». Und der Verbrauch kann beim aufgeladenen V8 halt in Höhen steigen, die kennt der Boxer gar nicht.

Auch nach Dutzenden von Fahrerfahrungen im 911: wir lächeln weiterhin. Er ist eine Punktlandung, er ist grandios, er ist Benchmark, immer noch, weiterhin. Über die Jahre sowas von geschärft, perfektioniert, dass man nur den Hut ziehen kann. Natürlich strahlt er auch das richtige, wichtige Image aus, dieses «habenwollen», dieses «i'm there», und obwohl zu viele Saftsäcke und Kunstblondtussen in der Legende durch die Gegend zuckeln, sie nienienie an der Rand ihrer Möglichkeiten bringen, sondern einfach nur besser aussehen, weil man in einem 911er einfach besser aussieht; bleibt er unantastbar (warum: lesen Sie Porsche 911 von Ulf Poschardt). Einzigartig. Ja, er ist brav geworden, er schiebt jetzt, wie alle andern, auch über die Vorderräder. Aber dieses «brav» hat auch seine Vorteile, man kann halt auch mal abends unauffällig durchs Städle - und dann morgens gleich auf die Rennstrecke. Zwar können elektronisch verstellnbare Fahrwerke immer nur ein Kompromiss sein, doch bei Porsche ist das halt gut gemacht, auf der Landstrasse gut, auf der Autobahn gut, auf der Rennstrecke gut. Und überall macht er Freud, trotz «nur» 400 PS. Der F-Type, heckgetrieben, ist vielleicht fahrspassiger, aber nicht etwa deshalb, weil sein Fahrwerk besser ist, sondern ganz einfach, weil man viel früher ans Limit kommt.

Aber auch der F-Type ist ein erfreuliches Gerät. Im manchen Details nicht ganz da, wo der Porsche nach 50 Jahren angekommen ist, wie auch, die Inder lassen die Engländer ja erst seit kurzem von der Leine. Als V8S kostet der Engländer ab 132'500 Franken, der 911er ist als vergleichbares S Cabrio halt dann noch ein ganzes Stück «Mehrwert», mindestens 157'000 Franken will der Händler des Vertrauens sehen. Tja, ob der Porsche wirklich 25 Riesen besser ist, das ist müssig zu diskutieren - spätestens beim Wiederverkauf ist er es (ausser vielleicht, dass sich ein 4S noch besser verkaufen lassen würde, in der Schweiz zumindest). Ja, unser Urteil ist sehr eindeutig - und ja, der 911er ist auch um mindestens so viel besser als der Cayman, der gerne als seine Gegner «hingeschrieben» wird.

Mehr Porsche gibt es im Archiv. Die Übersicht über den Supertest 2013: hier.


Original: radical

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