T5-Killer?, Mercedes V-Klasse-1401
Mercedes V-Klasse
Mercedes-Benz ist zwar der Erfinder des Automobils, doch das Segment der Kleinbusse hat jemand anderes erfunden: Volkswagen. Und dort sind die Niedersachsen Platzhirsch. Seit 1950.
Das grämt die Schwaben schon etwas länger, doch auch der 2003 präsentierte Viano konnte trotz optionalem Allradantrieb und geschmeidiger Sechszylindermotoren nur leicht am Thron des VW-Bus der Generation T5 rütteln. Das soll sich 2014 ändern, denn dann kommt die neue V-Klasse und die durften wir uns schonmal von innen anschauen - und waren überrascht.
V-Klasse? Gab es das nicht schon mal? Ja, doch das ist schon lange her. Darum kommt nach dem Viano jetzt wieder das V alleine und das hat seinen Grund: Dieser Kleinbus soll technisch, optisch und vor allen Dingen gedanklich bei den Käufern ganz nah an die Automobile mit dem Stern rücken. Daher will «der geräumigste Pkw von Mercedes-Benz» speziell im Innenraum mit neu gewonnener Distanz zu den gewerblich genutzten Transportern glänzen. Wie man das am besten schafft? In dem man einer Frau die Gestaltung des Interieurs überlässt. Mit weiblicher Finesse und Liebe zum praktischen Detail wird in der neuen V-Klasse nämlich beweisen, dass hohe Funktionalität auch elegant verpackt werden kann.
So scheint das Cockpit-Oberteil unter der riesigen Frontscheibe zu schweben, nur getragen von einem weit geschwungenem Armaturenbrett, bestückt mit Instrumenten und Bedienelementen, die uns aus der neuen C-Klasse bekannt sind. Gestützt wird dieser Aufbau optisch nur von einem in den Fahrgastraum ragenden Unterteil, auf dem die zentrale Bedieneinheit samt mouseartigem Touchpad thront. Nur das freistehende, rund 20 Zentimeter messende Display scheint diesen organischen Formenfluss etwas zu stören. Doch das sogenannte «Zentraldisplay» ist seit der B-Klasse Standard im Konzern und Diskussionen, ob man diese Art der Platzierung eines Bildschirms im Auto mag oder nicht, sind daher müssig.
Die weibliche Gestaltungskunst hat es also geschafft: Die Materialanmutung und das Design der ersten Sitzreihe besitzen tatsächlich Pkw-Standard. Nur noch der Einstieg und die aufrechte Sitzpostion erinnern daran, dass man in einem Van Platz nimmt. Dazu trägt natürlich auch bei, dass potenzielle Kunden zukünftig in Materialien, Farben und Technik für das Interieur nur so schwelgen können, wie es bei einem solchen Fahrzeugformat bisher noch nicht möglich war. Dazu gehören sogar ein beledertes Armaturenbrett, ein Burmester-Soundsystem sowie Dekore in Klavierlack- oder diversen Holzoptiken.
Doch ein Van wie die V-Klasse wird nicht ausschliesslich daran gemessen, zwischen wie vielen Ledersorten man wählen kann oder in welchen Farbtönen die Ambientebeleuchtung dimmbar ist. In einem Kleinbus zählen Praxistauglichkeit - und die beweist der Sechssitzer zum Beispiel durch eine zweigeteilten Heckklappe mit separat zu öffnender Heckscheibe. Das Prinzip kennen Smart-Fahrer vom fortwo, doch bei diesem verbirgt sich hinter der geöffneten Glasklappe keine zweite Ladeebene, die auch unter der Last von mehreren schweren Einkaufstüten nicht ächzt und ergänzend sogar zwei Klappboxen beherbergt. Aber im V sind noch mehr praktische Details verborgen, die den Umgang mit dem 5-Meter-Riesen einfacher machen sollen: Eine 360 Grand-Kamera sowie eine Einparkhilfe und ein Seitenwindassistent gehören dabei sogar zur Serienausstattung. Eine Klimaanlage mit GPS gesteuerter Tunnelerkennung und sonnenstandsabhängiger Verteilung der Kühlluft ist optional.
Ob der durchaus beeindruckend gestaltete Innenraum und die unzähligen Technik- und Sicherheits-Features jedoch ausreichen, Grossfamilien, freizeitaktive Menschen und Shuttle-Service Betreiber vom VW Bus wegzulocken, wird sich erst ab Marktstart 2014 zeigen. Abhängig wird der Erfolg in Schweiz jedoch speziell davon sein, ab wann ein Allradantrieb verfügbar ist und welche Getriebe und Motoren dazu kombinierbar sind. Doch dazu schweigt sich Mercedes-Benz aktuell noch genauso aus wie zum Preis der neuen V-Klasse.
Mehr Mercedes gibt es im Archiv.
Original: radical