Supertest 2013 (5), Supertest 2013 (5)-1357
Die Limos, das Fazit
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Stil, irgendeinen, haben ja unterdessen quasi alle, der eine trägt nur schwarz, eine andere am liebsten Prada, ein dritter Wollsocken und immer einen Panamahut, manch eine Dame weiss, dass sie gut aussieht im kleinen Schwarzen von Chanel und sich gut auszieht mit La Perla drunter. Stilbewusst ist sie geworden, unsere Gesellschaft - oder sollen wir lieber schreiben: markengeil? Der richtige Brand zeugt zwar nicht unbedingt von Stil, Lifestyle, aber er gibt dem Menschen Sicherheit: wer nur Gucci oder Herpes trägt oder bloss Boss oder immerhin Strellson, der weiss, dass er nichts falsch macht. Stil hat also noch so mancher, man kann ihn: kaufen, doch was den meisten fehlt, das ist: eine Haltung.
Von der Markengeilheit, die in gewissen Regionen der Welt noch ausgeprägter ist als in Mitteleuropa, leben die Premium-Auto-Hersteller. Man braucht nicht über einen besonders erlesenen Geschmack zu verfügen, um sich, etwa, einen Audi zuzulegen: man hat mit dieser Wahl die Gewissheit, dass man nicht ausgelacht wird, weder vom Nachbarn noch von den Untergebenen noch von der Geliebten. Solches ist vielen Kunden eine ganze Menge Scheine wert, und je teurer das Gefährt, desto mehr zählt der Brand, dessen Image, dessen (potenzielle, erwünschte) Wirkung als Statussysmbol. Wir behandeln hier die Schlagsahne der Oberklasse, S-Klasse von Mercedes, Flying Spur von Bentley (da gibt es allerdings dann auch noch die Kirsche, den Mulsanne), Quattroporte V8 von Maserati - Fahrzeuge, die niemand braucht, in denen sich aber eine gewisse Klientel gerne zeigt. Diese Kundschaft wird in den klassischen Märkten (Europa ohne Ost und Süd, USA) immer kleiner, dafür wächst sie flott, na, wo wohl, Sie haben nur einen einzigen Versuch. Vor allem Bentley hat ebendort sein Eldorado gefunden, anscheinend kann jetzt auch Maserati genau dieses Hohelied auf das Reich der Mitte jodeln, und zu den sensationellen Verkaufszahlen der neuen S-Klasse in der Schweiz haben wir schon was geschrieben.
Das Problem ist: diese Luxus-Limousinen müssen ja den Gipfel darstellen, ganz oben sein. Doch unterdessen hat halt jeder Ford und jeder Opel und jeder Polo schon eine solch unfassbare Menge an Assi- und sonstigen Systemen mit an Bord, zumindest gegen Aufpreis, dass das technisch Machbare etwas profan wirkt. Die Zeiten, als ABS, ein Airbag, die serienmässige Leichtmetallfelge noch etwas Grossartiges, ein Alleinstellungsmerkmal darstellte, die sind längst vorbei, die Popularisierung von HiEnd-Technik zieht sich quer durch alle Segmente. Bentley und Maserati können da gar nichts bieten, was irgendwie noch speziell wäre, der Mercedes kann immerhin die Strasse so ein bisschen lesen und hat keine Glühlampen mehr: toll. Innen, ja, feinstes Leder und Holz von vom Aussterben bedrohten Bäumen und noch so ein bisschen Handwerk, aber bei Ford gibt es ja bereits «Vignale», da ist sogar die Autowäsche inbegriffen. Und beim Fiat 500 kann die Dame aussen und innen alles haben, was sie sonst so trägt, Gucci, Diesel, etc..
Der Schönste.
Wendy verlangt nach mitdrehenden Schaltpaddels.
Man kann es nicht anders ausdrücken: die Zeit dieser Selbstdarstellungs- und Protz-Kisten neigt sich endgültig ihrem Ende zu, sie sind so noch zeitgemäss wie Freimaurer-Logen oder bischöfliche Prunk-Bauten. Und nein, wir werden sie nicht vermissen.
Und genau das ist so ein bisschen das Problem: irgendwie wissen wir jetzt nicht so recht, wo und wie wir diese Wagen einordnen sollen und können. Es fällt auch schwer, sie nicht ein wenig kritisch zu betrachten, denn die Preise sind hoch, man stellt da viel Geld auf die Strasse. Wofür? Für was? Und warum? Weil man mit diesen grossen Namen auch ein Stück Heritage durch die Gegend bewegen kann? Weil es nicht Massenware ist? Weil man hinten sitzen kann? Weil in den Bentley 12 Rinder verarbeitet sind (im Maserati sind es bloss acht, aber die werden von den Spezialisten von Poltrona Frau mit italienischer Finesse ins Interieur verarztet)?
Die Fahrfreud' ist es nicht. Der Bentley (625 PS) und ganz besonders der Mercedes (483 PS) waren auf dem Slowakia-Ring deutlich langsamer als das Hyundai Genesis Coupé (347 PS); der Maserati war viel, viel, viel schneller, aber wir durften ihn offiziell nicht messen, also haben wir das offiziell auch nicht getan. In den einzelnen Fahrberichten vom Mercedes S500, Bentley Flying Spur und Maserati Quattroporte haben wir aber schon auf die fahrdynamischen Stärken und Schwächen hingewiesen, wir wollen dies hier nicht wiederholen. Bloss, als Fazit: der Maserati ist das aktivste dieser Geräte, der Mercedes das ausgewogenste, wahrscheinlich beste, der Bentley fällt ab, auch in Sachen Komfort.
Und wie steht es in Sachen Luxus, Hochadel, gar Aristokratie? Da gewinnt der Engländer, aber er kostet ja auch mit Abstand am meisten. Schönheit? Die liegt sowieso im Auge des Betrachters, aber so rein subjektiv sieht der Benz halt nach Stangenware aus, der Maserati ist nicht mehr so grandios wie auch schon, der Bentley hat im Vergleich zum Vorgänger eindeutig gewonnen.
Der Schönste.
Und macht auf 5,29 Metern Länge am meisten her. Auch in Sachen Gewicht, er wiegt eine halbe Tonne mehr als der Italiener und der Deutsche. Qualität, Verarbeitung, da schenken sie sich nichts, zumindest der Bentley und der Benz nicht; dem Maserati sieht man kleine Schwächen dafür gerne nach, weil man nichts anderes erwartet, weil das einfach so sein muss bei einem Wagen aus Modena, er versucht den Spagat zwischen Luxus und Sportlichkeit, und schafft ihn so ein wenig. Lärm: da gewinnt der Quattroporte, weil er halt noch tönt, so ab etwa 4000/min. Darunter ist es bei allen ein laues Lüftchen, ein warmes Säuseln, beim Bentley und beim Benz auch darüber noch.Der geneigte Leser merkt: wir tun uns schwer mit diesem Text, er windet sich langsam und zäh auf den Schluss hin. Und weil wir jetzt nicht so recht wissen, was wir noch schreiben sollen, mögen wir zum Schluss noch eine Glaubensfrage diskutieren, eine, die eigentlich so gar nicht zu Luxus-Limousinen zu passen scheint. Aber Karl Wendlinger, der Bentley Flying Spur, Maserati Quattroporte und Mercedes S500 auch um den Slowakia-Ring prügelte, hat es in seinen Statements auch immer wieder angesprochen: wohin gehören die Schalt-Paddels? Sollen sie feststehend sein, wie beim Maserati? Oder sollen sie mit dem Lenkrad mitdrehen, wie beim Mercedes? Oder gar keine, wie beim Bentley? Wendlinger will sie am Lenkrad haben, mitdrehend, wir haben das stundenlang diskutiert, redaktionsintern, und sind der Meinung: feststehend. Was auch passiert, da weisst Du, wo die Dinger sind, auch wenn Dich Auto und Strecke überfordern; wenn sie mitdrehen und man eh schon am Übergreifen ist und überhaupt tief im fahrerischen Schlamassel, da weiss man ja gar nicht mehr, wo was ist - und warum. Da würd' uns jetzt Ihre Meinung interessieren - schreiben Sie uns.
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Original: radical