Autonomes Fahren - aber wohin?, Autonomes Fahren-1330
Ruch, wie er (nicht) lenkt und (doch) denkt
Das Ding ist es jetzt gerade, die Zukunft, ultimativ und überhaupt: autonomes Fahren. Fast ein jeder Hersteller arbeitet daran (oder sind es mehr: die Zulieferer?), alle wollen auch zeigen, dass es möglich ist, dass sie es auch können, BMW, Audi, kürzlich hat es uns auch Nissan vorgeführt. Meine Meinung dazu: ein Schuss in den Ofen. Geldverschwendung, absoluter Blödsinn. Das wird nie kommen, und es wird nicht deshalb nicht kommen, weil es technisch nicht möglich wäre oder solch konservative Deppen wie ich solches Zeugs aber sowas von unnütz finden, sondern aus dem ganz anderen Grund.
Aber vorne. Es ist ja eine ganz nette Vorstellung: da hast Du zwei Kindersirup oder drei Hopfentee zu viel intus, doch kein Spaziergeld mehr für ein Taxi und der letzte Bus ist auch schon vor Stunden. Aber da ist ja noch Dein Auto, und das fährt ja auch absolut autonom. Ein Druck aufs richtige Knöpfchen auf der Fernbedienung, es parkiert sich selber aus, fährt vor. Die Tür musst Du leider noch selber öffnen (das kommt erst in der nächsten Generation...), doch über die Sprachsteuerung kannst Du das Ziel ins Navi lallen, und Dich dann nach hinten setzen, ein bisserl ausnüchtern. Der Wagen fährt los, er kann Kreuzungen, er sieht die Rotlichter, er hält die Spur und den richtigen Abstand zum Vordermann, er kann ihn sogar überholen. Daheim dann, wieder der Druck aufs Knöpfchen, das Gefährt parkiert sich selber weg. Super ist das, keine Gefahr für niemanden, viel Geld und Zeit gespart, trotzdem nicht auf die ganz individuelle Mobilität verzichten müssen, denn das ist besser so, Du willst ja auch niemanden belästigen mit Deiner Fahne.
Technisch: machbar. Bald schon, kein Problem. Es ist alles vorhanden, was es braucht, Radar, Laser, GPS, einzig noch ein paar Diskussionen unter den Herstellern braucht es, damit man sich auf die Standards einigen kann. Denn sinnvollerweise können die Autos der Zukunft ja dann auch untereinander kommunizieren, sich gegenseitig warnen vor Gefahren, einander sogar ausweichen oder schön brav in Einerkolonne hintereinander herfahren.
Nissan kann jetzt auch, ganz autonom.
Kein Wunder, dass der Leaf dafür herhalten muss.
Gut, das könnte noch so ein kleines Datenschutzproblem geben, doch in Zeiten von NSA braucht man sich um solche Dinge ja sowieso keine Sorgen mehr zu machen.
Das Problem liegt ganz woanders. Es ist eine rein juristische Frage: wer trägt denn die Verantwortung? Denn wenn ich schlafend hinten im Auto liege, dann, hmm, wird es schwierig, dann bin ich ja nicht mehr fähig. Das ist jetzt der Extremfall, klar, doch es ist ja schon ein Problem, wenn ich bei vollem Bewusstsein hinter dem Steuer sitze und das Auto machen lasse, was der Computer berechnet. Ein einziger Fehler im System, irgendetwas, was der Rechner so nicht auf der Rechnung hat, ein Hase, der im dümmsten Moment von links kommt, während das Auto eine Notbremsung macht und nach links ausweichen möchte, ein Radar oder Laser, der von starkem Regen beeinträchtigt wird, oder einfach ein anderer Verkehrsteilnehmer, der sich nicht so verhält, wie es den Regeln entspricht, und schon. Und was dann? Wer trägt die Verantwortung?
Nissan kann jetzt auch, ganz autonom.
Kein Wunder, dass der Leaf dafür herhalten muss.
Ich kann sie ja nicht tragen, weil das autonom fahrende Auto etwas gemacht hat, was ich vielleicht nicht gemacht hätte. Vielleicht schon, vielleicht aber auch nicht - diese Frage würde dann die Anwälte beschäftigen. Müsste dann der Hersteller die Verantwortung tragen? Nie und nimmer wird er das tun. Ein Unfall in den USA, und die Kosten werden jenseitig. Vom Image-Schaden wollen wir gar nicht reden. Toyota kann davon ein amerikanisches Liedchen singen...
Lasst es doch einfach bleiben, liebe Auto-Hersteller, dieses autonome Fahren ist für die Katz'. Und für die Füchs' gleich auch noch. Schon die derzeit erhältlichen Assi-Systeme führen meiner bescheidenen Meinung nach nicht zu mehr Sicherheit auf der Strasse, ganz im Gegenteil: zu viele Fahrer verlassen sich bereits jetzt zu sehr darauf, dass es das Auto dann schon richten wird. Bereits jetzt sieht man manch eine Luxus-Limo, die über die Autobahn schwankt, weil der Pilot sich auf den Spuren-Assistenten verlässt und den Abstandshalter - und stattdessen an seinem Smartphone was auch immer macht. Die Aufmerksamkeit nimmt rapid ab, je mehr solche so genannten Sicherheitssysteme im Automobil vorhanden sind. Und das ist genau das Gegenteil dessen, was damit eigentlich erreicht werden soll.
Ja, es gibt manch ein Ding, das macht Sinn. Dass die Autos miteinander kommunizieren könnten, damit wissen, was weiter vorne passiert und den Piloten auch entsprechend warnen können, das ist gut. Notbrems-Assis, unbedingt, gehört in jedes Auto, denn zu viele Menschen können nicht anständig bremsen, machen in solchen Situationen Fehler, die verheerend sein können. Aufmerksamkeitsmesser, meinetwegen. Aber damit ist dann gut. Schon Park-Assistenten gehören verboten, denn die Benutzer verlieren das Gefühl dafür, wie gross das Ding ist, das sie bewegen. Wer braucht einen Spurhalter? Nur jene, die sich beim Autofahren nicht auf das Autofahren konzentrieren. Und wer in Einerkolonne hintereinander herfahren will, der kann ja den Zug nehmen.
Nissan kann jetzt auch, ganz autonom.
Es geht nicht um technische Machbarkeit - es geht um Vernunft. Es ist ja schön, wenn Google & Co. auch Autos bauen wollen, die dann über gewaltige Rechner irgendwo auf der Welt sowie Satelliten am Himmel gesteuert werden - es braucht sie nicht. Individuelle Mobilität bedeutet, dass das Individuum die Verantwortung trägt; wir können die Verantwortung über unser Handeln nicht auf die Anwälte abschieben, die dann die allfälligen Fehler verhandeln dürfen.
Wie sehen Sie das? Schreiben Sie uns Ihre Meinung.
Original: radical