Die Blechtrommel, Test Renault Megane GT 220 1808
Test Renault
Megane GT 220
Nein, Volker Schlöndorff fuhr unseres Wissen keinen Renault. Trotzdem erinnert uns das Auto zwar nicht an den Film oder den Roman von Günter Grass, aber an eine Blechtrommel an und für sich.
Wenn sich das Türfangband durch den Hohlraum zwischen Türpanneaux und Aussenhaut zwängt und die Türe fängt, dann klingt das so hohl und blechern das man endlich wieder weiss, aus welchem Material Autos gebaut sind. Und wenn beim Start die Aussenspiegel automatisch ausfahren verursachen die kleinen Elektromotoren ein Geräusch, dass nicht wirklich Vertrauen erweckend ist. Knallt man die Türe zu, ist das Klangbild nicht besser. Irgendwie ist der Renault Mégane GT 200 eine einzige Blechtrommel. Aber, und das sei in aller Deutlichkeit gesagt. Schlecht gemacht ist der Franzose auf gar keinen Fall. Wir sind es uns einfach nicht mehr gewohnt, dass man hört, was ein Auto - oder zumindest Teile davon - tut. Bei Audi und Co. ist alles so schön in Watte gepackt dass man das Gefühl hat, das Schliessen einer Türe werde rein elektronisch simuliert. Unser Mégane ist da weit hemdsärmliger. Und das kann durchaus seinen Charme haben.
Denn spätestens wenn man auf den Knopf gedrückt hat und der aufgeladene Vierzylinder-Benziner im Bug seine Arbeit aufnimmt ist klar, das ist ein kräftiges Kerlchen da vorne. Nein, kein Brüllaffe, einfach einer der kernigen Sorte. Kein Wunder, denn wie die Typenbezeichnung ahnen lässt drückt der vorne quer eingebaute Motor 220 PS ab und stemmt ein maximales Drehmoment von 340 Nm auf die Kurbelwelle. Mittels manuellem Sechsganggetriebe (das will so streng geführt werden wie unsere Primarlehrerin die Klasse im Griff hatte) wird die Kraft auf 18-Zöller an der Vorderachse übertragen. Alles ziemlich konventionell also. Kein verstellbares Fahrwerk, keine Klappen im Abgassystem, kein Soundgenerator, nix. Einfach eine ehrliche Haut dieser Renault. Und, eine ziemlich schnelle noch dazu.
Das Werk nennt einen Wert von 7,6 Sekunden für die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h. Das glauben wir gerne, denn der Mégane GT 220 geht richtig gut. Nicht nur wegen den 220 PS sondern auch, Blechtrommel sei Dank, weil «nur» 1463 kg beschleunigt werden müssen. Das ist nicht viel für einen ausgewachsenen Kombi mit einem maximalen Laderaum von 1600 Litern. Das sind zum Beispiel über 150 kg weniger als ein Audi A4 Avant, dessen Kofferraum 1430 Liter fasst.
Das geringe Gewicht dürfte auch zum grossen Teil dafür verantwortlich sein, dass der Renault richtig gut ums Eck geht. Auch, weil man bei Renault die elektrische Servolenkung endlich im Griff hat. Nichts mehr vom indifferenten Lenkgefühl der frühen Mégane-Modelle. Kein Wunder, hier wurde viel vom Mégane R. S. übernommen, den wir ebenfalls bereits mit viel Freude getestet haben. Klar, eine Komfortsänfte ist der GT 220 nicht.
Allein an das recht bissige Ansprechverhalten des Vierzylinders muss man sich erst etwas gewöhnen. Aber, er ist auch nicht so konsequent auf Sport getrimmt dass der Sonntagsausflug zur Tortur wird. Ganz billig ist das Vergnügen allerdings nicht. 33'750 Franken wollen die Franzosen für den schnellen Kombi mindestens haben. Dafür ist eine umfangreiche Serienausstattung (Klimaautomatik, BiXenon usw.) im Preis enthalten. Zudem gibts eine sehr gut funktionierende Stopp-Start-Automatik und ein Navigationssystem (Tomtom) dazu. Schauen wir noch mal zu Audi: der A4 Avant mit 225 PS und Frontantrieb kostet mindestens 50'900 Franken. Doch ein Audi-Fan wird sich kaum in einen Renault Showroom verlaufen. Dafür auf der Strasse feststellen, dass auch die Franzosen schnelle und praktische Autos bauen können. Und, die mit 9,1 L/100 km auch nicht extrem viel verbrauchen.
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Original: radical