Kraftakt aus Korea: Gegen den neuen Hyundai i30N ist der Golf GTI zum Gähnen
Groß geworden sind sie vor allem wegen ihrer günstigen Preise und wegen ihrer langen Garantien. Doch im steten Streben um teutonische Perfektion haben es die Koreaner mittlerweile auch bei Qualität und Technologie auf Augenhöhe mit VW & Co geschafft – und dabei dummerweise gleich noch deren norddeutsche Lustlosigkeit kopiert. Denn Emotionen waren bei i30 & Co bislang Mangelware. Doch jetzt wollen die Koreaner beweisen, dass sie auch anders können und leisten sich deshalb ihr erstes Sportmodell. So wie bei VW der Golf GTI die fahrende Antithese zur automobilen Langeweile sein will, soll bei ihnen künftig der i30N die Gefühle in Wallung bringen. Wahlweise mit 250 oder als Performance gleich mit 275 PS steht er seit 4. November im Showroom und sorgt bei Preisen ab 29 700 auch bei der Händlerschaft für ein Lächeln auf den Lippen.
Offiziell steht das prominente N hinter dem Typenkürzel für das Entwicklungszentrum daheim in Namyang. Innoffiziell allerdings bringen es die vornehmlich deutschen Ingenieure lieber mit dem Nürburgring in Verbindung, weil sich der Heißsporn auf der Nordschleife und den schmalen Sträßchen drum herum seine Sporen verdient hat. Und mit ein bisschen Phantasie kann man darin auch eine schikanöse Kurvenkombination sehen, weil das die Streckenabschnitte sind, auf denen der i30 seine Qualitäten besonders gut ausspielen will.
Zwar trägt der i30N genau wie sein wichtigster Konkurrent aus Wolfsburg einen dezenten Sportanzug mit etwas aufgeblasenen Backen und einen kleinen Spoiler auf dem Heck. Und ganz so unschuldig, wie es uns das helle Babyblau weiß machen will, ist der Wagen nun wirklich nicht. Doch was den koreanischen Kraftmeier wirklich ausmacht, das ist der zwei Liter große Turbo unter der Haube, der so lustvoll und leidenschaftlich durch den Klappenauspuff prustet, dass einem schon nach ein paar Minuten die Ohren klingeln. Dazu ein knackig kurz gestuftes Sechsgang-Getriebe, eine weitgehend neu konstruiertes Fahrwerk mit anderer Vorderachse, bissigen Bremsen und modifizierter Lenkkinematik, einen griffiges Sportlenkrad und neu gepolsterte Sitze mit mehr Seitenhalt – fertig ist ein Hot-Hatch, wie er im Buche steht. Erst recht, wenn er im Overboost mit bis zu 378 Nm im besten Fall in 6,1 Sekunden auf Tempo 100 stürmt und danach so vehement weiter rennt, dass die 250 Spitze allenfalls ein willkürlich festgelegter Wert sein können.
Die Adrenalindusche lässt da nicht lange auf sich warten. Während man sich im normalen i30 – auch da ist Hyundai verdammt nah am VW Golf – ein gewisses Gähnen kaum verkneifen kann, ist man im i30N sofort Feuer und Flamme. Der Sound zaubert eine zarte Gänsehaut aufs Trommelfell, ein feines Vibrieren erhöht den Nervenkitzel und mit der Drehzahl geht der Puls nach oben. Die Landschaft fliegt im schnellen Vorlauf an den Fenstern vorbei, vor jeder Kurve bremst man später und vor jeder Geraden tritt man früher aufs Gas. Und je enger es ums Eck geht, desto mehr wundert man sich, weshalb die ESP-Kontrollleuchte noch immer nicht flackert. Während die Koreaner sonst immer übervorsichtig sind und ihre Sicherheitssysteme so auslegen, dass man sie bei erstbester Gelegenheit gleich wieder ausschaltet, sind die Schutzengel hier keine Spaßbremse. Aber dieses Auto folgt ja auch einem anderen Zweck: Ging es bei Hyundai bislang immer einfach nur ums Ankommen, wird plötzlich der Weg das Ziel und man wünscht sich, die Tanknadel würde nicht ganz so schnell fallen. Denn anders als im 24-Stunden-Rennen wartet hier keine Boxencrew, die einen in ein paar Sekunden wieder fit für den nächsten Stint macht.
Und da hat man den Schalter mit der Rennflagge im Lenkrad noch gar nicht gedrückt. Mit dem wechselt man in den dritten und schärfsten Modus des i30 und das Auto spannt noch einmal alle Muskeln an. Das Fahrwerk wird dann so hart, dass es einen auf schlechten Straßen kräftig durchschüttelt und man ist fast versucht, das Set-Up auf dem Touchscreen individuell zu konfigurieren. Doch dafür müsste man ja mal den Blick von der Straße und den Fuß vom Gas nehmen. Aber das eine darf man und das andere kann man nicht in diesem Auto. Erst recht nicht, wenn gleich wieder eine Gerade kommt, man den Gang schon wieder soweit ausdreht, dass wie bei einem echten Sportwagen die LED im Cockpit flackern und danach das so genannte REV-Matching für einen umso weicheren Wechsel der Fahrstufen sorgt. Ist doch egal, wenn nachher der Rücken schmerzt. Von nix kommt nix. Und wenn es Hyundai schon um Gefühle geht, dann gehören Schmerz und Erschöpfung wie bei jedem Sport einfach mit dazu.
Obwohl der i30 ein überraschend kompromissloser „Hothatch“ wird, der einem Focus RS oder einem Civic Type R in Sachen Fahrfreude sehr viel näher ist als einem Golf GTI, können die Koreaner natürlich nicht ganz aus ihrer Haut und wahren einen Rest von Vernunft. Das gilt für die Standfestigkeit der Komponenten, die ihre Durchhaltekraft gerade beim problemlos absolvierten 24-Stunden-Rennen bewiesen haben, genauso wie für den vernünftigen Alltagskomfort. Sobald das Sport- oder Rennprogramm aus ist, wird der i30 N so zahm, das man mit ihm auch ins Büro oder zum Kindergarten fahren kann. Denn so selbstbewusst sich die Koreaner auf der Überholspur geben, wissen die Entwickler doch, wo sie und ihre Kunden herkommen. „Die wenigsten Hyundai-Käufer werden sich den Luxus leisten, dieses Auto nur zum Spaß zu fahren“, muss Projektleiter Klaus Köster einräumen.