Der Bulle von Benz: So lässt der GLC seine neuen Konkurrenten Audi Q5 und BMW X3 alt aussehen
Der GLC 43 war nur das Vorspiel. Denn so erfolgreich der 367 PS starke Sechszylinder im mittlerweile meistverkauften Mercedes-Geländewagen auch sein mag, so enttäuschend ist er für echte AMG-Fans. Zu brav, zu bieder, zu billig und ja, auch zu behäbig, ist das eher schlecht als recht gechipte V6-Triebwerk, als dass einem jenes Kribbeln durch den Gasfuß zucken würde, das man sonst zu spüren beginnt, sobald jemand die drei magischen Buchstaben in die richtige Reihenfolge bringt. Und auch bei BMW in München und bei Audi in Ingolstadt hat der 43er die nötige Wirkung verfehlt. Denn so schlecht sehen die 354 PS des SQ5 und die 360 PS des neuen X3 M40i dagegen gar nicht aus. Doch jetzt hat AMG mit der Vollgasfraktion endlich ein Einsehen und verschafft sich auch im Konkurrenzkampf den nötigen Respekt. Denn wenn in diesen Tagen zu Preisen ab 82 705 Euro der GLC 63 als konventionelles SUV und als Coupé (ab 86 335 Eurio) in den Handel geht, wird er zum ersten und einzigen V8-Modell in dieser Klasse.
Hinter dem Kühlergrill, der wie beim GT an die Sportwagen der Panamericana erinnern soll, aber gut auch als Maulkorb für ein bissiges Biest durchgehen würde, tobt dann das mächtige Triebwerk aus dem Supersportwagen, das aus seinen vier Litern Hubraum in der Grundversion 476 PS und 650 Nm schöpft und im 63S sogar mit 510 PS und 700 Nm zu Werke geht. Obwohl X3 M40i und SQ5 die neueren Autos sind, sehen sie dagegen ziemlich alt aus. Erst recht, wenn die nasse Anfahrkupplung der neunstufigen Automatik den perfekten Kavalierstart probt und der Benz mit der explosiven Kraft eines Rodeo-Bullen in 3,8 Sekunden von 0 auf 100 stürmt. Und anders als bei der Konkurrenz ist es damit selbst bei 250 Sachen nicht vorbei. Sondern wer sich bei dem stattlichen Grundpreis auch noch die lächerlichen paar Tausender für das AMG. Drivers Package leistet, der kann Q5 und X3 bei bis zu 280 Sachen zufrieden den kleinen Flügel zeigen, den sie in Affalterbach nicht nur aufs Heck des Coupés schrauben, sondern auch an der Abrisskante des normalen GLC montieren. Und auch der immerhin 440 PS starke Macan Turbo S kommt da mit seinen 272 km/h nicht mehr hinterher.
Mindestens so imposant wie der Schub des Achtzylinders ist aber sein Sound. Denn schon im normalen Setup bollert und blubbert der GLC 63 wie ein Hafenschlepper. Und wehe, wenn man in den Sport- oder gar den Race-Mode wechselt, sich die Schallklappen im Auspuff öffnen und die Fehlzündungen knallen wie die Böller an Sylvester. Dann wird der Bulle von Benz zu einem Brüller, mit dem man sich schon morgens die Nachbarn zum Feind macht. Aber immerhin weiß dann jeder, wer im Viertel das Sagen hat.
Doch so eindrucksvoll der GLC auch auf- und antritt, kann selbst AMG die Grenzen der Physik allenfalls verschieben und nicht überwinden. Während das SUV bei Vollgas so unbeirrt über die Linke Spur fliegt wie ein ICE über die Neubaustrecke, so viel Arbeit verlangt es bei einer sportlichen Landpartie. Ja, er liegt besser auf der Straße als jeder andere GLC, er trotzt der Fliehkraft überraschend lange und es macht einen diebischen Spaß, wenn man den Wagen im Übermut mit eingeschränkter Traktionskotrolle und hecklastiger Kraftverteilung in engen Kehren ein wenig schräg stellt. Doch weil Kraft nicht alles ist, wirkt der immerhin zwei Tonnen schwere GLC dabei ein bisschen ungelenker als ein X4 oder ein Porsche Macan und wer mit so einem Elefanten tanzen will, der muss dafür ordentlich schuften. Aber warum sollte Sport nur für den Wagen anstrengend sein, und nicht auch für den Fahrer?
Protzig und provokant wie Popey nach einer ganzen Palette Spinat, brüllend laut und bärenstark – während der GLC als 63er so endlich zum Traumwagen für Aufschneider und Angaser heranwächst, wird er gar vollends zum roten Tuch für alle Grünen. Doch selbst damit können sie in Stuttgart gut leben. Erstens, weil auch AMG das Geld verdient, mit dem Mercedes seine alternativen Antriebe weiterentwickelt. Und zweitens, weil der GLC selbst denn wahrscheinlich weitesten Spagat zwischen but und böse stet. Denn während sie den Geländewagen in Affalterbach munter aufrüsten, proben sie in Sindelfingen die Abrüstung und machen aus dem GLC nicht nur das erste Modell mit Brennstoffzelle, sondern in zwei Jahren auch den voll elektrischen EQ C.