Kuscheln statt stacheln: So bläst der neue C4 Cactus zur Komfortoffensive in der Kompaktklasse
Hauptsache anders. Wenn Citroen den Mainstream bedient hat, sind die Franzosen in der Masse untergegangen. Doch egal ob Ente, DS oder später Picasso und Pluriel – immer wenn sie ihren eigenen Weg gehen, haben die Franzosen Erfolg oder genießen zumindest ein hohes Ansehen. Deshalb müht sich die kleine Schwester von Peugeot seit einigen Jahren redlich um eine stärkere Identität, leistet sich auch im Konzernverbund einen gewissen Eigensinn und legt dabei jetzt noch einmal nach. Denn im Frühjahr bringen sie mit dem überarbeiteten C4 Cactus genau jenes Modell an den Start, mit dem der Strategiewechsel vor vier Jahren begonnen hat – und lassen sich deshalb nicht lumpen: Zwar ist es eigentlich nur ein Facelift und von außen sind die Änderungen bis auf die eleganteren Airbumps, das etwas breitere Gesicht und das klarere Heck marginal. Doch mit zwei neuen Technologien blasen die Franzosen zur Komfortoffensive in der Kompaktklasse. Denn weil sie beim Wettrüsten der deutschen Konkurrenz in Leistung und Fahrdynamik sowie der Hightech-Ausstattung genauso wenig mithalten können wie beim Preiskampf der Koreaner, suchen sie ihre Nische in der Wohlfühlzone: „Wir wolle die Marke sein, die Maßstäbe in puncto Komfort setzt. Als Volumenhersteller möchten wir möglichst vielen Menschen höchsten Komfort zugutekommen lassen“, sagt Markenchefin Linda Jackson. So wird der C4 zum ersten Cactus, mit dem man Kuscheln kann.
Dabei setzt Jackson vor allem auf ein neues Detail, das perfekt zu Citroen passt. Denn als erstes Auto in Europa bekommt der C4 Cactus eine Federung mit progressivem hydraulischem Anschlag. Das klingt kompliziert und hat den Franzosen 20 Patente eingebracht, ist aber eigentlich ganz einfach: Weil die hydraulische Anschläge hinzu auf beiden Seiten für Zug und Druck sorgen, arbeitet die Federung je nach Beanspruchung in zwei Etappen: Bei leichtem Druck kontrollieren Feder und Dämpfer gemeinsam die vertikalen Bewegungen, können aber einen weiteren Weg nutzen, so dass der Cactus tiefer eintaucht. Bei größerem Druck und stärkerer Entlastung arbeiten Feder und Anschlag gemeinsam mit dem hydraulischen Anschlag, schluckt der die Federenergie und führt sie ab, statt sie mit einer lästigen Rückfederung wieder ins System einzuspeisen. Das soll den C4 Cactus zum fliegenden Teppich in der Kompaktklasse machen und zugleich die vielen Hydropneumatik-Fahrwerke zitieren, die Citroen seit dem DS auf den Markt gebracht hat.
Auch die zweite wichtige Neuheit will mehr Wohlbefinden erreichen. Denn im ebenso luftigen wie lichten Innenraum gibt es jetzt die ersten Advanced Comfort-Sitze mit einem speziellen Polsterschaum, der sich ähnlich wie manche Matratzen besonders bequem an den Körper anschmiegt. Weil er obendrein knapp zwei Zentimeter dicker ist als bei herkömmlichen Autos und die Sitze enger beisammenstehen, wirken sie eher wie Sessel oder Sofas statt wie automobile Sitzmöbel.
Dazu gibt es zum Segen der Digital Natives ein neues Maß an Connectivity für das Touchscreen-System neben dem digitalen Tacho und mittlerweile ein glattes Dutzend Assistenzsysteme bis hin zur elektronischen Pausenempfehlung nach einer Fahrzeit von mehr als zwei Stunden bei über 70 km/h. Hightech-Feature wie die LED-Scheinwerfer von Golf oder Mégane sucht man allerdings genauso vergebens wie eine automatische Abstandsregelung.
Auch unter der Haube hat der Cactus eher stumpfe Stachel und muss sich deshalb mit mäßigen Motoren begnügen: Bei den Benzinern sind das die Dreizylinder mit 82, 110 oder 130 PS und bei den Dieseln zwei Vierzylinder mit 100 und später 120 PS. Selbst wenn Citroen bislang weder Fahrleistungen verrät noch Verbrauchswerte, braucht es nicht viel Phantasie für die Annahme, dass Citroen damit keine großen Stiche macht. Aber dieser Kaktus will ja auch nicht stechen, sondern lieber kuscheln.