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Ein Kompakter vom Kampfstern Galactica: Als Type R wird der Civic zum ultimativen Golf-Killer

Published in motosound.de

PS-Proletarier aller Länder vereinigt euch. Während sich andere Sportler in der Kompaktklasse ihrer Stärke fast schämen und den Pelz deshalb wie der Audi RS3 oder der Golf R nach innen tragen, lässt ausgerechnet Honda noch einmal ganz unverblümt die Muskeln spielen. Denn wenn die Japaner im September zu Preisen ab 36 050 Euro den neuen Civic auch als Type R an den Start bringen, wird der Kraftmeier so ziemlich zum heißesten Hobel, den man aktuell in der Golf-Klasse kaufen kann.

Das nötige Feuer dafür liefert ein Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum, einem Turbo-Lader und einem Drehzahlmesser, bei dem die roten Warnleuchten erst jenseits von 7 000 Touren zu Flackern beginnen: 320 PS quetschen die Japaner mitterweile aus dem Triebwerk und wichtiger noch bis zu 400 Nm, mit denen allein die Vorderräder zurechtkommen müssen.

Was bei vielen anderen Kompakten eher nach Krampf als nach Kampf klingt und meist nur die Reifenhändler lachen lässt, ist beim Civic eine zündende Kombination. Denn mit breiter Spur, aufwändigem Fahrwerk, fetten Gummis und einer wirkungsvollen Aerodynamik bekommen sie diese Kraft tatsächlich halbwegs sauber auf die Straße. Der Type R scharrt deshalb nicht nervös mit den Hufen, sondern schreitet kräftig aus. Von 0 auf 100 in 5,7 Sekunden und bei Vollgas 272 km/h schnell – das macht ihn zu einer lustvollen Asphaltfräse, mit der man leidenschaftlich die Kurven schreddert – erst recht im schärfsten der drei Fahrmodi.

Denn sobald der Wippschalter auf dem Mitteltunnel auf R+ steht, wechselt der R-Type gar vollends in den Kampfmodus, spannt die Muskeln an, versteift sich und lässt jede Rücksicht auf den Rücken sein. Das Fahrwerk wird bretthart, von der Servounterstützung in der Lenkung ist nicht mehr viel zu spüren und der Motor giert nach Gas wie ein Junkie nach dem nächsten Schuss. Mit dem Messer zwischen den Zähnen und ohne jedes schlechte Gewissen rast man über die Landstraße oder besser noch über eine Rennstrecke: Anbremsen, Einlenken, Aufmachen, Gasgeben – all das wird eins und nur noch aus den Augenwinkeln sieht man das Blitzen der Schaltanzeige, während man den Stummel auf dem Mitteltunnel durch die kurzen Gassen prügelt und sich dabei an die blanke Kugel krallt, als wäre sie das einzige, was einem bei diesem Höllenritt noch Halt gibt. Dabei greifen die Reifen so gut, dass man sich eigentlich keine Sorgen machen muss und das ESP für einen Fronttriebler erstaunlich spät den Rettungsanker wirft. Wer sagt, dass man in dieser Liga ohne Allrad- oder Heckantrieb aufgeschmissen ist, der hat die Rechnung ohne Honda gemacht.

Bei seinem Kraftakt trägt der Civic einen Kampfanzug, bei dem selbst Porsche-Fahrern Angst und Bange wird: Wo der normale Fünftürer beim Wechsel in die zehnte Generation erschreckend brav und bieder geworden ist, sieht der Type R aus wie vom Kampfstern Galactica und stiehlt mit seinen Spoilern und Schwellern manch einem Supersportwagen die Schau. Doch das ist keine schnöde Angeberei, beharren die Ingenieure und verweisen auf die Arbeit im Windkanal. Jede Finne und jeder Flügel hat einen Zweck und zusammen machen sie den Civic zum einzigen Kompaktsportler, der bei hohem Tempo tatsächlich Abtrieb erzeugt. Denn bei 200 km/h lasten immerhin 30 Kilo Luftdruck auf der Karosserie, die in schnellen Kurven über Wohl und Wehe entscheiden können, rechnen die Entwickler vor.

So gefühlsgeladen die Japaner bei der Arbeit am Type R auch waren und so viel Emotionen sie damit in die ansonsten eher verschlafene Marke bringen, so sehr ist das Auto doch aus dem Kopf geboren. Das merkt man an dem für einen Kraftmeier wie diesen eher verhaltenen Sound, dem bis auf die roten Rennsitze vergleichsweise nüchternen Innenleben, bei dem nur ein paar rote Zierleisten den Unterschied zur Großserie machen. Und vor allem merkt man das am ingenieusen Feinschliff. Denn Honda wäre nicht Honda, wenn der Type R nicht mit wissenschaftlicher Akribie entwickelt worden wäre. Das beginnt beim REV-Matching mit elektronisch berechnetem Zwischengas für den perfekten Gangwechsel, führt über das dritte Endrohr und die aufwändige Luftführung im Kampf gegen das dumpfe Brummen jenseits von 4 000 Touren und ist bei den mit Natrium gefüllten und gekühlten Ventilen gegen das Klopfen noch lange nicht beendet.

Aber die Mühe hat sich gelohnt, selbst wenn es am Ende nicht viel mehr als 700 Autos pro Jahr nach Deutschland schaffen werden. Nicht nur, weil der Civic Type R tatsächlich ein belebendes Auto ist und ein wenig von dem sportlichen Glanz zurück bringt, den Honda als erster japanischer Formel1-Sieger allemal verdient hat. Sondern vor allem, weil Honda den Europäern damit endlich mal wieder zeigt, wo der Hammer hängt: Denn nicht der Golf R, der Leon Cupra oder der Renault Mégane RS tragen die Krone der Kompakten. Sondern mit einer Rekordrunde von 7:43.8 Minuten auf der Nordschleife des Nürburgrings gebührt dieser Titel jetzt den Japanern.