Franzose aus Fernost: Als Samsung läuft sich der neue Koleos warm für den Sturm auf Sorento & Co
Samsung kennt man bei uns nur von Handys oder Fernsehern. Doch daheim in Korea steht der Name auch auf jeder Menge Autos. Denn dort ist Samsung nach Hyundai, Kia und Chevrolet mit rund 110.000 Zulassungen im letzten Jahr die Nummer Vier im Land – selbst wenn Fahrzeug- und Elektronikproduktion getrennt sind und das Automobilwerk in Busan zur Allianz von Renault und Nissan zählt. Warum der Exot trotzdem auch für Europäer wichtig ist? Weil er für Renault eine zunehmend bedeutendere Rolle spielt und den Franzosen Modelle liefert, die sich für eine Marke alleine nicht rentieren würden. Neben dem Flaggschiff Talisman ist das vor allem der Koleos, der an der Spitze ihrer wachsenden SUV-Flotte steht und in diesem Jahr in die zweite Generation geht. Während der neue nach mehr als einem Jahr Pause zu Schätzpreisen knapp unter 30 000 Euro bei uns erst im Sommer zum Sturm auf Kia Sorento, Hyundai Santa Fe oder Skoda Kodiak ansetzt, ist der Koloss in Korea als Samsung QM6 bereits auf dem Markt und hat sich nach dem Talisman-Zwilling SM7 auf die zweite Position im Portfolio geschoben.
Aus gutem Grund. Denn mit seinen riesigen Leuchtsicheln neben den LED-Scheinwerfern, den charismatischen Rückleuchten und dem fast schon teutonisch präzisen Design sieht die zweite Auflage des Koleos nicht nur deutlich besser aus bisher. Sondern der Wagen bietet bei nun 4,67 Metern Länge und 2,71 Metern Radstand auch reichlich Platz auf allen Plätzen, hat mit 624 bis 1 690 Litern Fassungsvermögen einen großzügigen Kofferraum und wie man es von Renault kennt jede Menge Ablagen. Und vor allem verwöhnt er mit einem erhabenen Fahrgefühl, wie sie es im ungewöhnlich zivilisierten Dauerstau von Seoul zu schätzen wissen.
Man sitzt auf kuschelweichen und natürlich klimatisierten Sesseln, die Kopfstütze legt sich wie ein Kragen um den Nacken und hat sogar eine eigene Heizung, der Tempomat hält den Abstand zum Vordermann und wer auf den sechs bis acht Spuren der Ausfallstraßen den Überblick zu verlieren droht, dem helfen Spurhalteassistent und Totwinkel-Kontrolle bei der Orientierung. Und gegen all zu viel körperliche Anstrengung wappnet der Koleos die Kundschaft mit einer elektrischen Heckklappe, die in Europa auch nach einem angedeuteten Fußtritt aufschwingen wird.
Dazu gibt es im Mutterland der Smartphones zwar überraschend wenig USB-Ladebuchsen, dafür aber ein zumindest teilweise animiertes Display, eine wunderbar verspielte Ambiente-Beleuchtung in den schrillsten Farben und auf dem wie in Espace & Co senkrecht montierten Touchscreen des Infotainments eine Navigationsgrafik, die in Brillanz und Präzision kaum zu toppen ist. Und weil in Korea alle paar Kilometer eine Radarkamera hängt, warnt das System mit unerschütterlicher der Zuverlässigkeit auf den Meter genau vor Tempokontrollen: Ein Traum für jeden Raser.
In Fahrt bringt den QM6 ein solider Diesel von 2,0 Litern Hubraum, der mit 177 PS und 380 Nm zu Werke geht, in etwa zehn Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen und bei Vollgas knappe 200 km/h schaffen dürfte. Auf dem Weg nach Europa werden sie den ohnehin schon kultvierten Motor noch ein bisschen besser dämmen und im Gegenzug dafür das Fahrwerk ein bisschen strammer abstimmen, versprechen die Entwickler. Schließlich dürfte der Koleos bei uns ein bisschen engagierter bewegt werden als in Korea, wo Kurven auf den Fernstraßen Seltenheitswert haben, das Tempolimit meist unter 100 km/h liegt und die Autobahnen gespickt sind mit Geschwindigkeitskontrollen.
Nur an der Konfiguration des Antriebs werden sie wohl nichts mehr ändern – selbst wenn es neben dem 177 PS-Diesel aus dem QM6 noch einen 1,6-Liter mit 130 PS geben wird, mit dem der Verbrauch auf etwa fünf Liter fallen wird. Das heißt dann zwar zumindest optionalen Allradantrieb für alle Modelle, aber leider auch eine stufenloses CVT-Getriebe als Alternative zum Handschalter – der Nissan X-Trail als Genspender für den Franzosen aus Fernost lässt grüßen. Und egal wie viele virtuelle Schaltstufen man dem in die Elektronik programmiert oder wie gut man den Motor kapselt, bleibt es beim leidigen Gummiband-Effekt und einem zähen Sägen an den Nerven des Fahrers.
In Korea stört das natürlich keinen: Bei Ampeln, deren Phasen mehr nicht in Sekunden, sondern Minuten gemessen werden, und einem Verkehrsfluss, der so träge ist wie der Hangang-River in der Hauptstadt, gibt man nichts auf den Sprintwert. Hier schwimmt man einfach mit. Selbst wenn man in einem SUV sitzt, das im zweiten Anlauf sogar ein Stück vorweg fahren könnte.