Die Zukunft muss warten: Mit alter Größe zeigt sich die Autowelt in Detroit ganz nach Donald Trumps Geschmack
Erst ist zwar noch gar nicht als Präsident vereidigt, doch die PS-Industrie geht schon auf Kuschelkurs mit Donald Trump. Nicht nur, dass sich die Branchenriesen aus dem In- und Ausland von ein paar gedankenlosen Tweets aus dem goldenen Elfenbeinturm in New York ihre Investitionspolitik durcheinanderbringen lassen. Sondern wenn sie jetzt mit der Motorshow in Detroit das neue Autojahr einläuten, dann zeigen sie auch dort ein Premierenprogramm ganz nach dem Geschmack der neuen Nummer 1. Denn so, wie Trump mit alten Werten zurück zur alten Größe will, gibt sich auch die Autowelt eher konservativ. Vor einer Woche in Las Vegas noch weltoffen und der Zukunft zugewandt, fällt sie in Detroit zurück in die Eisenzeit und zeigt viel Blech und wenig innovative Lösungen: „Make America Great again“ – was der neue Präsident erst noch beweisen muss, das hat die Autoindustrie in der in diesem Jahr überraschend leeren Cobo-Hall bereits gezeigt.
Bei Ford zum Beispiel ist noch keines der 13 Elektro- oder Hybridauto zu sehen, die Firmenchef Mark Fields über den Jahreswechsel für die Zukunft angekündigt hatte. Sondern der gesamte Messeauftritt dreht sich um den frisch gelifteten Pick-Up F-150, der als Golf der Amerikaner seit jeher die Zulassungsstatistik anführt. Und als wäre das noch nicht genug, hat Fields als weiteres SUV auch noch das Comeback des legendären Bronco angekündigt und den Geländewagen gleich zum kommenden Weltauto gestempelt. Rivale General Motors kontert mit dem nagelneuen Traverse, einem Brot- und Butter-SUV für die Soccer Moms in den Vorstädten und Toyota rollt mit der nächsten Generation des Camry die meistverkaufte Limousine der USA ins Rampenlicht. Zukunftsweisend, so zumindest der Eindruck vom ersten Rundgang, sind diese Messehighlights nicht.
Bei den anderen Import-Marken ist es kaum besser: Der Kia Stinger ist zwar ein stolzes Design-Statement, eine selbstbewusste Kampfansage ans Establishment und ein wunderschöner Herausforderer für Audi A5 Sportback oder BMW Vierer Gran Coupé, ist aber ebenfalls eine ziemlich konventionell gestrickte Sportlimousine mit bis zu 370 PS und Heckantrieb. Das neue Lexus-Flaggschiff LS sieht futuristisch aus und hat jede Menge Hightech an Bord, steht aber auf der Messe mit einem ziemlich konventionellen V6-Motor. Und Autos wie den überarbeiteten Subaru WRX STI kennen die Futuristen aus Las Vegas allenfalls von der Play-Station.
Die sonst so technologieliebten Deutschen lassen diese Chance auf einen leichten Auswärtssieg in Detroit ungenutzt verstreichen. Statt ihre selbsterklärte Überlegenheit zu demonstrieren, stimmen sie ein in den Kanon der Konservativen und schenken alten Wein in neuen Schläuchen aus. Denn so schön das neue Coupé der E-Klasse auch sein mag, so giftig der überarbeite AMG GT auch aussieht und so nötig das dezente Facelift für den Mercedes GLA gewesen sein möchte – Zukunftspreise sind damit genauso wenig zu gewinnen wie mit der offiziellen Weltpremiere eines Fünfer BMW, dem zur Familienpackung aufgeblasenen VW Tiguan Allspace bei VW oder dem Audi Q8 – selbst wenn der elegante Vetter des Q7 mit seinem tollen Design und seinem spektakulären Innenraum zumindest die Hoffnung schürt, das Audi so langsam die Kurve kriegt und endlich mal wieder frische Autos bringt.
Ganz so schlimm, wie es auf den ersten Blick scheint, ist es dann aber freilich doch nicht. Der neue Fünfer ist schließlich der bislang sparsamste Fünfer aller Zeiten und steht auf der Messe auch als Plug-In-Hybrid. Beim Audi Q8 drückt ein elektrischer Hilfsmotor und ein 60-Kilometer-Akku den Normverbrauch auf 2,3 Liter, neben den Mercedes-Neuheiten aus der alten Zeit steht als Vorbote einer neuen Ära noch einmal der EQ aus Paris und VW hat eigens für Detroit eine weitere ID-Studie aufgebaut und zeigt mit dem ebenso elektrischen wie autonomen Buzz schon einmal den Bulli von Übermorgen. Und selbst die Amerikaner sind irgendwie im Aufbruch: Nicht umsonst dreht sich der F-150 bei Ford jetzt zum ersten Mal als Diesel und bei Chrysler gibt es mit dem teilelektrischen Minivan Pacifica den ersten Plug-in-Hybriden. Denn egal was Mr. Trump von Öko-Autos und Ozonloch hält, lässt sich der Geist der neuen Zeit wohl doch nicht mehr ganz in seine Flasche zurück drängen.