Smooth Operator: Mit dem i-Pace schwenkt jetzt Jaguar auf Elektro-Kurs
BMW steht mit den i-Modellen schon unter Strom, Audi und Mercedes bereiten gerade die Elektrifizierung ihrer ersten Geländewagen vor und jetzt haben offenbar auch Jaguar und Land Rover eine gewischt bekommen. Denn in Los Angeles geben die Briten mit dem Jaguar i-Pace einen sehr konkreten Ausblick auf ihr erstes rein elektrisches Auto, das ab Mitte 2018 mit 500 Kilometern Reichweite, 400 PS und einem atemberaubenden Design gegen Tesla Model X, Mercedes EQ und Audi A6 antreten soll.
„Damit schlagen wir ein neues Kapitel unserer legendären Marke auf“, sagt Designchef Ian Callum, der von den neuen Freiheiten schwärmt, die ihm ein Auto ohne Verbrenner bietet – und die er weidlich genutzt hat. Denn der i-Pace sieht mit seiner ungewohnt weit nach vorn gerückten Kabine, mit dem flachen Dach und dem keiligen Heck nicht nur frischer und futuristisch aus als etwa der Mercedes EQ und sehr viel eleganter als ein Tesla Model X und ist mit einem cw-Wert von 0,29 auch noch so windschnittig, dass die Reichweite nicht über Gebühr geschmälert wird. Sondern er bietet vor allem ein wirklich wegweisendes Package: Weil die 90 kWh große Batterie als flaches Paket im Wagenboden verschwindet und die beiden kompakten Elektromotoren in den Achse integriert sind, hat der i-Pace einen topfebenen Wagenboden und weil es im Bug keinen Platz mehr für den Verbrenner braucht, rückt die erste Reihe weiter nach vorn. Obwohl außen mit 4,68 Metern etwas kürzer als ein F-Pace, bietet der i-Pace mit 2,99 Metern Radstand fast so viel Innenraum wie ein gestreckter Range Rover und selbst beim Gepäck muss man nicht knausern: 535 Liter Ladevolumen sind gehobener Standard in dieser Klasse.
Dazu gibt es – zumindest bei der Studie – ein wunderbar verspieltes Ambiente, das geschickt den Bogen zwischen traditioneller Handwerkskunst und Digitalisierung schlägt: Das Leder aufwändig verarbeitet, die wenigen Knöpfe fein ziseliert und ansonsten riesige Displays hinter dem Lenkrad und in der offenen Mittelkonsole, die frei konfiguriert und zumeist mit den Fingerspitzen bedient werden- so fühlen sich digital Natives genauso wohl wie die Petrolheads, die aus dem F-Type kommen.
Zwar werden sich Jaguar-Kunden ein wenig umstellen müssen mit dem i-Pace, doch bleibt der Fahrspaß nicht auf der Strecke, verspricht Projektleiter Ian Hoban: Nicht umsonst leisten die beiden Motoren jeweils 200 PS und bringen ohne Verzögerung je 350 Nm auf die Straße. Von der Elektronik zu einem sehr schnell reagierenden Allradantrieb gekoppelt und dank der Batterie im Boden mit einem 12 Zentimeter tieferen Schwerpunkt gesegnet, beschleunigt der i-Pace damit in etwa vier Sekunden von 0 auf 100 km/h und dürfte allemal genug Power haben, um auch 250 Sachen zu fahren – falls ihn die Entwickler mit Rücksicht auf die Reichweite nicht vorher einbremsen.
Die Reichweite, die allenthalben noch als der kritischste Faktor beim Elektrofahrzeug gilt, sollte beim i-Pace allerdings kein Problem mehr sein. Denn bei einem Aktionsradius von etwa 500 Kilometern müssen Durchschnittsfahrer nur noch einmal die Woche an die Ladesäule. Mit einem Schnelllader kann man den Akku dort bereits in 90 Minuten zu 80 Prozent aufladen, verspricht Hoban. Für 100 Prozent muss man sich allerdings schon etwas mehr als zwei Stunden Zeit nehmen, an der Haushaltssteckdose dauert es deutlich länger und zum induktiven Laden verlieren die Briten noch kein Wort.
Zwar hat Jaguar sich bislang vielleicht sogar vehementer als die Konkurrenz in der Oberliga gegen den Elektroantrieb gesträubt und mit einem bewundernswerten Trotz zum Beispiel am V8-Kompressor festgehalten. Doch dafür wechseln die Briten jetzt um so konsequenter die Seiten. Ob es die Petrolheads gut finden oder nicht: „Der emissionsfreie Antrieb wird kommen, und er wird bleiben“, sagt Projektleiter Hoban. „Und mit Autos wie dem i-Pace werden wir dafür sorgen, dass sie begehrenswert und erfolgreich sind.“