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Charakterkopf im Großstadt-Dschungel: So bunt treibt es der neue Citroen C3

Published in motosound.de

Ein neuer Charakterkopf erobert den Großstadtdschungel. Denn wenn Citroen im Januar zu Preisen ab 11 990 Euro die nächste Generation des C3 an den Start bringt, sehen Polo & Co künftig noch älter und einfallsloser aus.

„Dieses Auto soll unsere Marke verjüngen und ihr neue Impulse geben,“ sagt Citroen-Chefin Linda Jackson und setzt dabei buchstäblich auf heiße Luft. Schließlich sind es genau wie beim großen Bruder C4 Cactus vor allem die Airbumps, die in Kunststoff gegossenen Luftkissen in den Flanken, die auf den ersten Blick einen Unterschied machen und den C3 so frisch und frech aussehen lassen. Dazu ein schickes Zweifarb-Konzept mit insgesamt 36 Kombinationen – mehr braucht es nicht, damit man den C3 eher zum Mini oder zum Cinquecento sortiert als zum Fiesta oder Corsa.

Und das ist ja nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist ein Innenraum, in dem vielleicht nicht alles besser ist als bei der Konkurrenz, aber vieles anders: Statt unzähliger Knöpfe gibt es einen großen Touchscreen, der aber nicht auf dem Armaturenbrett thront, sondern fast schon auf dem Mitteltunnel montiert ist. Die Türen zieht man an Griffen zu, wie man sie von Überseekoffern kennt. Und wo man sich sonst gerne auf dünne Sitze quälen muss, fläzt man sich im C3 auf breite Sessel, die zwar nicht viel Seitenhalt bieten, dafür aber ungeheuer großzügig aussehen und überraschend bequem sind.

Der Clou ist allerdings ein Ausstattungsdetail, das es so noch bei keinem anderen Auto gibt: Die ConnectedCam hinter dem Innenspiegel. Die liest nicht wie bei der Konkurrenz die Verkehrszeichen oder hält den Abstand zum Vordermann. Sondern sie speichert auf Knopfdruck Fotos oder Videoclips auf ihrer 16 GB-Festplatte und lädt das Material über eine eigene App mit einem weiteren Fingerzeug direkt zu Facebook & Co. So vernetzt sind nicht mal die Luxusliner von Tesla oder Mercedes. Da sieht man den Franzosen das viele Hartplastik im Cockpit glatt nach, das wie überall der knallharten Preiskalkulation geschuldet ist.

Zwar wirkt der C3 mit seinem kunterbunten Design und mehr noch mit seinem frischen Innenraum erstaunlich unkonventionell. Und mit Extras wie der Facebook-Kamera geht er sogar technisch in Führung, obwohl er mit Totwinkel-Assistent, Spurhalte-Hilfe und Müdigkeitswarner sonst bei den Helfern nur Durchschnitt bietet. Doch beim Bruch mit den Konventionen haben die Franzosen offenbar auch ein paar klassische Kleinwagentugenden über Bord geworfen. Das Platzangebot zum Beispiel ist bei 3,99 Metern Länge und 2,54 Metern Radstand zwar besser als früher, man hat hinten zwei Zentimeter mehr Beinfreiheit und der Kofferraum ist mit 300 Litern mehr als ordentlich. Doch so richtig bequem sitzen kann man vor allem im Fond nicht, weil die Rückbank zu schmal und das Dach zu niedrig ist. Was nutzt das angeblich größte Gepäckabteil dieser Klasse, wenn man die Koffer erst über eine viel zu hohe Ladekante wuchten muss? Und wer freut sich an der lichten Atmosphäre unter dem großen Panoramadach, wenn man dafür kaum Luft hereinlassen kann, weil sich die Fenster vorn und hinten nur vollends versenken lassen?

So erfrischend der Auftritt und so innovativ die Ausstattung, so althergebracht ist die Technik des 3,99 Meter kurzen Viertürers. Betont komfortabel gefedert, in der Stadt handlich und wendig, in schnellen Kurven auf der Landstraße dafür aber auch ein bisschen wackelig, fährt der C3 mit drei 1,2-Liter-Benzinern von 68 bis 110 PS  und zwei Dieseln mit 75 oder 99 PS vor. Die Diesel sind zwar mit Normwerten von bestenfalls 3,2 Litern vorbildlich sparsam, treiben den Preis aber um gute 2 000 Euro in die Höhe und rechnen sich deshalb kaum. Kein Wunder also, dass Citroen wie beim Vorgänger mehr als zwei Drittel der Kundschaft bei der Ottofraktion wähnt. Die bekommt einen Dreizylinder, der wie fast jeder Motor dieser Bauart einen sehr markanten und bisweilen penetranten Klang hat, dafür aber quirlig ist und einen munteren Eindruck macht – erst recht als Turbo mit 110 PS und 205 Nm. Nicht umsonst schafft er es in 10,4 Sekunden auf Tempo 100 und bei Vollgas auf 188 km/h.

Charmant und charakterstark, praktisch und pfiffig – so will Citroen den neuen Kleinwagen zu alter Größe führen – und geht dabei ein hohes Risiko. Denn so frech der Frischling ist, so leicht kann er die konservative Kundschaft auch verprellen. Und das ist etwas, was sich die Franzosen bei ihrem meistverkauften Modell am allerwenigsten erlauben können auch. Sie sagen es nicht so laut und machen daraus auch kein großes Aufhebens, haben aber sicherheitshalber einen Plan B in petto: Auf ausdrücklichen Wunsch gibt es den C3 deshalb auch ohne die Airbumps.