Disco-Party in Paris: Der neue Discovery verliert die Kanten aber behält seinen Charakter
Land Rover bittet zur Disco-Party in Paris. Denn auf dem Salon enthüllen die Briten jetzt die fünfte Generation des Discovery. Für das neue Modell haben sie sich viel vorgenommen: Wenn der Allradler im Frühjahr zu Preisen ab 50 500 Euro in den Handel kommt, soll er nicht weniger werden als der beste Familien-Geländewagen der Welt.
Dafür setzen die Briten auf eine neue Form und ein neues Format. Denn aus dem rustikalen und bisweilen ein bisschen auch ein bisschen schrulligen Vierkant von der Insel ist ein glattes und schnörkelloses SUV mit windschnittiger Form und weit geneigter Frontscheibe geworden, das aus gutem Grund in riesigen Lettern Discovery auf der Haube trägt – sonst könnte man ihn nämlich bei flüchtiger Betrachtung aus manchen Perspektiven glatt mit Evoque & Co verwechseln. Dabei legt Land Rover großen Wert darauf, dass sich wichtige Designdetails aus der Discovery-Historie auch in der fünften Auflage wiederfinden. Doch die Stufe im Dach zum Beispiel ist zu einer winzigen, kaum mehr wahrnehmbaren Welle geschrumpft, die charakteristische, bislang immer aufrechte C-Säule neigt sich wie eine Pappel im Wind und die geteilte Heckklappe gibt es überhaupt nicht mehr. An ihrer Stelle gibt es nun eine Art doppelten Ladeboden, der sich mit 300 Kilo Tragkraft automatisch aus dem Auto schiebt, wenn die große Klappe nach oben aufschwingt.
Neben der Form haben die Entwickler auch das Format geändert. Der Discovery wird flacher und schmaler, geht dafür aber deutlich in die Länge: Der Radstand wächst um vier Zentimeter auf 2,92 Meter und statt 4,83 misst er nun 4,97 Meter. Das schafft innen noch mehr Platz nicht nur für Kind und Kegel. Sondern in der dritten Sitzreihe können dank der um 16 Zentimeter verschiebbaren Mittelbank jetzt auch Erwachsene halbwegs bequem auf Reisen gehen, und wem die 258 Liter Kofferraum hinter der dritten oder die 1231 Liter hinter der zweiten Reihe nicht reichen, der kann den Kofferraum auf nahezu konkurrenzlose 2 500 Liter erweitern.
Aber nicht nur die Form hat sich beim Generationswechsel radikal verändert. Auch bei der Technik machen die Briten einen riesigen Sprung: Genau wie zuletzt der Range Rover zieht der Discovery um auf eine neue Aluminium-Plattform und bekommt eine Leichtbau-Karosserie, mit der das Gewicht im besten Fall um knapp zehn Zentner sinkt. Das erhöht Fahrspaß und Agilität und senkt zugleich den Verbrauch. Der geht für die Basismotorisierung auf 6,0 Liter zurück und liegt damit auf einem vom Discovery noch nie erreichten Niveau,
In Fahrt bringen den natürlich serienmäßig mit Allrad ausgestatteten Geländegänger dabei die bekannten Ingenium-Motoren. Los geht es mit einem 180 PS starken Zweiliter-Diesel, der den Brocken aus Britannien immerhin in 10,5 Sekunden vom 0 auf 100 wuchtet. Darüber rangieren eine 240 PS starke Version dieses Vierzylinders sowie mit minimalem Abstand der V6-Diesel mit 258 PS, und für die Benzin-Fraktion gibt es einen drei Liter großen V6-Motor mit 340 PS. Nur über alternative Antriebe verliert Land Rover noch kein Wort.
Neue Zeiten brechen auch im Innenraum an: Vom „digitalen Discovery“ ist die Rede, wenn die Briten über ihren großen, frei konfigurierbaren Touchscreen mit Online-Navigation und App-Store sprechen oder vom Activity Key, mit dem man die Schüsselgewalt auf ein wasserdichtes Armband übertragen kann, wenn sie vom WLAN-Hotspot für bis zu acht Endgeräte schwärmen oder die Zahl der Steckdosen aufzählen wie früher die Ablagen. Nicht umsonst haben sie neun USB-Buchsen und sechs 12-Volt-Anschlüsse im Innenraum verteilt. Dazu gibt es Sitzheizung auf allen Plätzen und als Geheimwaffe im Kampf um die Generation iPhone eine App, mit der man die Sitze im Auto sogar vom Bildschirm des Handys aus umlegen kann. Klingt albern, ist aber gar nicht so unpraktisch, wenn man im Laden an der Kasse steht, mal wieder ein bisschen mehr eingekauft hat und auf dem Parkplatz nicht lange sein Auto umbauen möchte.
Obwohl der Discovery sich mit dem Generationswechsel mehr denn je auf den Alltag der Digital Natives einlässt und sich mit seiner Rolle als Familienkutsche für die Großstadt anfreundet, behält er seine Abenteurer-Allüren. So macht die Luftfederung mit einer automatischen Absenkung um vier Zentimeter nicht nur den Einstieg leicht, sondern kann den Wagen zum Kraxeln auch um bis zu acht Zentimeter anheben. Wattiefe und Böschungswinkel sind so konkurrenzlos wie die Anhängelast. Und wenn die All Terrain Progress Control wie ein Offroad-Tempomat alle Abenteuer-Assistenten auf Ankommen programmiert, kennt der Disco kein Halten mehr und die Party in der Pampa kann steigen. Kein aktueller Geländewagen diesseits von G-Modell oder Land Cruiser dürfte weiterkommen, zumal der Defender als einzig legitime Referenz ja seit dem Jahreswechsel nicht mehr produziert wird.
Schlanker und schlauer denn je, mit mehr Elektronik als eine Raumfähre, familienfreundlich und alltagstauglich und trotzdem noch immer der alte Abenteurer – das Design mag verwechselbar geworden sein und die Kanten haben sich zwar abgeschliffen. Doch seinen Charakter hat der Discovery auch in der fünften Generation nicht verloren.