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Emotion statt Emission: So feiert der Citroen Mehari sein Comeback als elektrischer Strandläufer

Published in motosound.de

Sie sind sauber und politisch korrekt, aber spaßfrei und sehen meist auch noch ziemlich langweilig aus: Zumindest diesseits von Tesla & Co ist es mit der Freude am Fahren bei Elektroautos noch nicht sonderlich weit her. Doch ausgerechnet ein klappriger Kleinwagen mit mickrigen 68 PS und einer Spitzengeschwindigkeit von 110 km/h will jetzt das Gegenteil beweisen. Denn wenn Citroen in diesem Sommer zu Preisen ab 27 000 Euro plus 87 Euro Batteriemiete im Monat den e-Mehari an den Start bringt, versprechen die Franzosen Emotionen statt Emissionen und ein sonniges Lebensgefühl, wie man es von den endlosen Sommern an der Cote d’Azur kennt.

Bei seiner Charme-Offensive setzt der e-Mehari freilich nicht auf Fahrdynamik, sondern vor allem auf Farbe, Flair und Lebensfreude. Denn der knuddellige Kunststoffbomber ist nicht nur kunterbunt und verdammt nah an der legendären Feld-, Wald- und Wiesenversion der Ente, die von 1968 an durch die Dünen gedüst ist. Sondern er ist vor allem ein Stimmungsaufheller, der einen unabhängig von Temperatur und Wetterbericht sofort in Sommerlaune versetzt: Kaum ist man mal auf den hohen Kunststoffsessel geklettert und hat den Wagen mit einem Surren in Bewegung gesetzt, strahlt einem die Sonne so hell aus dem Herzen, dass man selbst die dunkelsten Wolken am Himmel geflissentlich übersieht. Aber was bleibt einem auch anderes übrig, wenn das Verdeck daheim in der Garage liegt und die fingernagelmordende Montage von Steckscheiben und Rolldach ohnehin viel länger dauert als die meisten Regenschauer? Nicht umsonst hat der Wagen sogar Abflüsse im Fußraum und ist so wasserfest gebaut, dass man ihn außen wie innen mit dem Gartenschlauch reinigen kann.

Aber der elektrische Mehari verschiebt nicht nur die Skala für Toleranz und Fahrfreude. Er lehrt einen mit seiner spartanischen Ausstattung und der schlichten Plastiklandschaft des Cockpits, dass der Spaß an und in einem  Auto mit den Spaltmaßen, den Assistenz- und Komfortsystemen oder der Materialauswahl genauso wenig zu tun hat wie mit dem Spurtvermögen. Wenn der Flair stimmt, kann man sich sogar mit Plastiksitzen arrangieren, mit Kunstofflandschaften und Türen, die so schlecht ins Schloss fallen wie ein alter Kühlschrank – und die Freude kommt wie von selbst.

Mit ihr einher geht die Erkenntnis, dass Geschwindigkeit zumindest in diesem Auto relativ ist. Die 6,4 Sekunden jedenfalls, die im Datenblatt für den Sprint von 0 auf 50 ausgewiesen werden, fühlen sich in echt viel kürzer an. So, wie einem schon bei 70 oder 80 der Wind um die Nase weht, so sehr stürmt es in einem Porsche nicht einmal bei Vollgas. Und wenn der e-Mehari trotz des von kkus im Wagenboden weit abgesenkten Schwerpunktes eher behäbig um die Kurven wankt, will man sich den elektrischen Strandläufer gar nicht mit viel mehr Speed vorstellen. Erst recht nicht, wenn Citroen aus Kostengründen weder Crashtests absolviert noch Airbags eingebaut hat und den e-Mehari deshalb lieber als Kleinserie von maximal 1 000 Exemplaren an den Zulassungsvorschriften vorbei bugsiert.

Wobei der e-Mehari streng genommen gar kein Citroen ist. Denn gebaut wird der Kleinwagen vom Nischenhersteller Bolloré, der Frankreich seit Jahren mit elektrischen Leichtkraftwagen flutet. Genau wie dieses Carsharing-Auto fußt auch der e-Mehari auf einem einfachen Gittergestell und nutzt einen Elektromotor mit 50 kW und 140 Nm. Gespeist wird der Stromer aus Lithium-Metall-Polymer-Akkus im Wagenboden, die auf eine Kapazität von 30 kWh kommen. Mit 16 Ampere in acht und an der Haushaltssteckdose binnen 13 Stunden geladen, reicht ihr Strom nach den Tests von Citroen im Stadtverkehr für bis zu 200 und über Land für immerhin 100 Kilometer.

Farbenfroh und lebenslustig, luftig und mit einem garantierten Lächeln auf den Lippen – so wird der e-Mehari zum einem Garant für gute Laune, dem man im Gegensatz zu konventionellen Elektroautos Unpässlichkeiten wie die spartanische Ausstattung und die mäßigen Fahrleistungen genauso nachsieht wie die langen Ladezeiten von bis zu 13 Stunden – und natürlich den hohen Preis. Mit Kopf und Verstand findet sich ganz sicher kein Grund, weshalb man für einen untermotorisierten Kleinwagen mit Fummelverdeck mehr Geld ausgeben sollte, als für eine gut ausgestattete Mittelklasse-Limousine. Doch über dieses Auto wird mit dem Herz entschieden, statt mit dem Hirn – und da gelten bekanntlich andere Regeln: Nur die Liebe zählt.