Träum was schönes: Mit diesem GT schürt Opel die Sehnsucht nach einem bezahlbaren Sportwagen
Der Corsa gut angekommen, der Astra hoch gelobt und die schwarze Null in der Bilanz tatsächlich greifbar: Opel hat endlich Tritt gefasst und findet sogar wieder Zeit zum Träumen. Für den Genfer Salon haben die Hessen deshalb das wunderschöne GT Concept auf die Räder gestellt. Mit der avantgardistischen Flunder erinnern sie nicht nur an die Premiere des Experimental GT fast genau 50 Jahren, der nur als Styling-Übung gedacht war und dann plötzlich dem ersten Seriensportler aus Rüsselsheim den Weg geebnet hat. Sondern vor allem wollen sie damit ihr Comeback feiern und die Marke weiter aufladen, sagt Karl-Thomas Neumann: „So machen wir den nächsten Schritt hin zu noch mehr Emotionen und Fahrvergnügen“, schwärmt der Opel-Chef und sieht in dem Schaustück eine eindrucksvolle Standortbestimmung: „Die Studie zeigt, wofür Opel inzwischen steht: Wir sind selbstbewusst, innovativ und wollen mit jedem neuen Auto mehr Kunden für die Marke begeistern.“
Dafür hat sich das Designteam mächtig ins Zeug gelegt und eine ebenso kraftvolle wie klare Formensprache gefunden. Zwar zitiert der neue GT mit der langen Motorhaube, dem Verzicht auf eine Kofferraumklappe und dem in die Mitte gerückten Doppelauspuff das Original, fährt aber trotzdem nicht in die Retro-Falle. Sondern die Studie mit den von Skateboards inspirierten und deshalb feuerroten Vorderreifen, den winzigen 3D-Scheinwerfern, den silbern bedampften Seitenscheiben und dem schnörkellosen Schliff sieht frisch und modern aus. Und sie birgt eine Reihe ganz neuer Ideen wie die riesigen, bis weit ins Dach gezogenen Türen, die beim Öffnen vorne in die Kotflügel eintauchen und deshalb in engen Parklücken nicht viel Platz brauchen.
Während das Design in die Zukunft weist, folgt Opel beim Motor der Tradition. Es gibt deshalb keinen abgefahrenen Elektroantrieb, sondern wie damals beim ersten GT ein eher bescheidenes Triebwerk aus der Großserie. So, wie vor knapp 50 Jahren der Kadett B sein Herz gespendet hat, ist es diesmal der Astra. Von ihm übernimmt Opel den Einliter-Turbo, der weit hinter der Vorderachse montiert wird und wie es sich für einen Sportwagen gehört die Hinterachse antreibt. Auf 145 PS und 205 Nm getunt, hat der Dreizylinder mit den knapp 1 000 Kilo der Studie leichtes Spiel. Deshalb sollte er den Sprint in weniger als acht Sekunden schaffen und mindestens 215 km/h erreichen.
Zwar gibt es bei Opel und wahrscheinlich mehr noch in der Fangemeinde viele, die sich tatsächlich ein Comeback des GT wünschen – selbst wenn die letzte Neuauflage auf Basis des Pontiac Solstice ziemlich in die Hose gegangen ist. Doch dummerweise hat Opel so viele legendäre und lustvolle Autos in den Annalen, die man lieber heute als morgen wieder auf der Straße sehen würde. Und mit Studien wie dem Monza vor gut zwei Jahren oder dem bereits als Calibra-Nachfolger gehandelten Buick Avista von der Motorshow in diesem Januar in Detroit schlachten die Hessen diesen Schatz weidlich aus. Auf der einen Seite ist das sicher eine kluge Strategie, die Sympathien weckt und vielleicht sogar die aktuellen Modelle ein bisschen auflädt. Auf der andren Seite allerdings ist das auch ein gefährliches Spiel. Selbst der sportlichste Astra OPC wird kaum gegen das GT Concept bestehen können und ganz egal wie der neue Insignia im nächsten Jahr aussieht – ein würdiger Erbe das alten und des neuen Monza wird er ganz sicher auch nicht. Denn je schöner die Träume, desto schnöder wirkt nach dem Aufwachen die Realität. Aber wer weiß: Vielleicht schafft es eine dieser Legenden ja doch noch zu neuem Leben. Schließlich hatte beim Experimental GT vor 50 Jahren auch niemand eine Serienfertigung im Sinn.