Porsche Macan: Lifestyle im Laufschritt
Die Sitzposition ist tiefer als üblich, die Lenksäule steht flacher und die Seitenwangen reichen höher – sobald man drinsitzt im neuen Porsche Macan, hat man auch schon vergessen, dass der kleine Bruder des Cayenne eigentlich nur ein weiteres SUV ist und hinter BMW X3 oder Mercedes GLK auf die Erfolgsspur einbiegen will. Warum man die Sache mit dem SUV so rasch vergisst: Weil man in keinem anderen Auto dieses Art so stramm und straff sitzt und sich dabei so sehr an einen Sportwagen erinnert fühlt. „Das ist der Porsche unter den kompakten Geländewagen“, prahlt Firmenchef Matthias Müller. Und die erste Testfahrt wenige Wochen vor der Markteinführung am 5. April gibt ihm Recht.
Kaum hat man den Zündschlüssel – natürlich links vom Lenkrad – gedreht, fühlt man sich vollends an 911er & Co. erinnert. Ja, man hat ein bisschen mehr Luft unterm Hintern und mehr Blech um die Schultern. Aber so drangvoll und bissig stürmt kaum ein anderer SUV voran und keiner lässt sich so leicht und handlich durch die Kurven führen. Der Macan wiegt knapp zwei Tonnen und ist 4,68 Meter lang und 1,63 Meter hoch, doch er liegt satt auf der Straße und wedelt mit dem schnittigen Heck, als hätte er noch nie etwas von der neutralisierenden Wirkung des Allradantriebs und der Problematik eines hohen Schwerpunkts gehört. Gut, dass die Sitze so stark ausgeformt sind und die Mittelkonsole wie eine Stützwand zwischen den Insassen aufragt.
Aber so stramm und sportlich sich der Macan gibt, er beherrscht auch die sanften Töne: Spätestens wenn man den Sportmodus abschaltet und den rechten Fuß etwas leichter macht, gibt das Auto den Leisetreter und der Biturbomotor klingt, als hätte ihm jemand Kreide in den Auspuff gestopft. Außerdem machen sich Federn und Dämpfer dann so weich, dass man bedenkenlos den Nachwuchs in die Designerbabyschale packen und in den Urlaub gondeln kann.
Der Macan mag wie ein höher gelegter 911er wirken, technisch jedoch ist er von den Porsche-Sportwagen weiter entfernt als alle anderen Modelle. Denn die Basis für den Macan liefert der Audi Q5, von dem das Grundgerüst übernommen wurde. „Zwei Drittel aller Komponenten sind neu oder grundlegend verändert“, sagt Projektleiter Hans-Jürgen Wöhler. Das Design ist eigenständig, die Motoren haben mehr Power, der Allradantrieb wurde modifiziert und ist deutlich hecklastiger ausgelegt, die serienmäßige Doppelkupplung hat eine spezielle Abstimmung und zum ersten Mal in diesem Segment gibt es auf Wunsch auch eine Luftfederung.
Unter der Haube des Fünfsitzers mit bis zu 1500 Liter Kofferraumvolumen (bei umgeklappten Rücksitzlehnen) gibt es zunächst die Wahl zwischen drei Sechszylinder-Motoren. Den Einstieg markiert der Macan S mit 340 PS (von 0 auf 100 in 5,2 Sekunden, Spitze 254 km/h). Darüber rangiert der Macan Turbo, der mit einem zweiten Lader bestückt wird. So steigt die Leistung auf 400 PS (von 0 auf 100 in 4,6 Sekunden, Spitze 266 km/h). Und dann ist da noch die Dieselvariante mit 258 PS (von 0 auf 100 in 6,3 Sekunden, Spitze 230 km/h). Letzterer kommt auf einen Normverbrauch von 6,1 Liter, während der Macan S mit 8,7 und der Turbo mit 8,9 Litern angegeben werden. Dass diese Werte so niedrig sind, liegt an Details wie der vorausschauenden Start-Stopp-Automatik, der Doppelkupplung mit Segelfunktion sowie der elektrischen Servolenkung. „Leistung und Effizienz sind kein Widerspruch“, sagen die Schwaben.
Bei diesem Aufgebot wird es aber nicht lange bleiben, wer Porsche kennt, ahnt, dass sich die Schwaben noch weitere Kürzel aus der Buchstabensuppe fischen werden. Ein GTS zum Beispiel ist genauso wahrscheinlich wie ein Turbo S; ein Plug-In-Hybrid-Modell wird es sicher geben und wohl auch Einstiegsmodelle ohne das “S” im Typnamen. Selbst ein Vierzylinder ist denkbar.
Auch für den neuen SUV gibt es die üblichen Power-Extras. Die Sport-Taste für eine bissigere Gasannahme, veränderte Schaltzeiten und Zwischengasfanfaren ist serienmäßig, und gegen Aufpreis kann man auch das Torque Vectoring und das Sport-Chrono-Paket bestellen.
„Der Macan ist Porsche pur“, predigen die Verantwortlichen, die um Abgrenzung zu Audi und den anderen SUV-Modellen dieser Klasse bemüht sind. Am deutlichsten wird das beim Blick auf die Preisliste. Das billigste Modell kostet 57.930 Euro. Damit ist der Porsche rund 7000 Euro teurer als ein vergleichbarer Audi Q5 und lediglich 1500 Euro billiger als ein ähnlich gepolter Cayenne.
Trotz des horrenden Preises setzt Porsche große Hoffnungen in das Auto. Das Gros der Macan-Fahrer sollen Umsteiger von anderen Marken werden, die sich bislang keinen Porsche leisten konnten. Davon gibt es in den Prognosen der Schwaben sehr viele, zumal das Segment der kompakten SUV in den nächsten zehn Jahren beständig und weltweit wachsen dürfte. 50.000 Macan-Exemplare pro Jahr will Porsche verkaufen, was nicht allzu verwegen geplant sein dürfte – im Gegenteil
Mit dem Macan könnte die Marke schon bald die Marke von 200.000 Autos im Jahr knacken. Auf der einen Seite lässt das die Kassen in Stuttgart klingeln, auf der anderen Seite fürchten Puristen um die Exklusivität des Herstellers, der schon lange nicht mehr nur für Sportwagen steht. Müller teilt diese Sorge nicht: Ja, man werde künftig vielleicht noch ein paar Porsche auf den Straßen sehen. Doch auch inklusive der 50.000 Macan im Jahr liege der Weltmarktanteil seiner Firma bei gerade einmal 0,25 Prozent. Von Übersättigung, so Müller, könne da keine Rede sein.
Original: Blog | MOTOSOUND