Erste Fahrt im neuen Mini: Der will doch nur spielen
Es sind nur zwei kleine Grafiken im Untermenü des Bordcomputers, aber sie sprechen Bände: Wer im neuen Mini den „Driving Mode“ auf Sport stellt, der sieht eine kleine Rakete und ein Go-Kart über den Bildschirm flirren. Und wer danach aufs Gas tritt, der weiß, dass das nicht nur ein Gag ist. Es gibt billigere und bessere Kleinwagen als den Bonsai-BMW aus dem Vereinigten Königreich, es gibt Stadtflitzer die praktischer sind, wertiger, ernsthafter und ergonomischer. Und auch mit der kunterbunten Modemasche ist der Mini längst nicht mehr allein. Doch das Pocket-Rocket-Gefühl, das Go-Kart-Handling, das ist auch im neuen Mini unerreicht. Erst recht, wenn zur ersten Ausfahrt vor der Markteinführung im Frühjahr der Cooper S bereit steht.
Unter der Haube steckt jetzt ein neuer zwei Liter großer Vierzylinder aus dem BMW-Regal, dem ein Turbo 192 PS einbläst. Der Motor knurrt schon beim Start laut und schreit förmlich nach dem ersten Gasstoß, den er mit einem flotten Sprint quittiert. Im Overboost mobilisiert das Triebwerk 300 Nm und beschleunigt den Wagen in 6,8 Sekunden auf Tempo 100. Und Schluss ist erst bei 235 km/h.
Aber es ist nicht allein die Längsdynamik, auf die es ankommt. Wie eh und je ist der Kleine auch ein Kurvenkönig. Wer auf eine Slalom-Bestzeit aus ist, sitzt hier im richtigen Auto. Beim schnellen Kurvenkratzen helfen neben dem Fahrwerkslayout das elektronische Torque Vectoring sowie eine vom ESP simulierte Differentialsperre.
Wer es etwas betulicher angehen lassen will, der wechselt vom “Race-” in den “Mid”-Mode. Man kann dann regelrecht spüren, wie sich die Dämpfer entspannen, die Lenkung etwas softer wird, das neue Automatikgetriebe früher schaltet und wie gut die breitere Spur und der längere Radstand für den Komfort sind. Wirklich lange Strecken fährt man zwar auch künftig besser in einem anderen Auto, aber ganz so knochig wie früher ist der Mini jetzt nicht mehr.
Vorerst ist der Cooper S der heißeste Feger der Mini-Flotte und repräsentiert jenesWunschbild des schnellen Spielmobils, mit dem die Briten die Lifestyle-Kundschaft locken. Und auch die Vernunft wurde nicht vollends vergessen. Denn die anderen Varianten treten allesamt mit Dreizylinder-Motoren an. In Cooper und Cooper D stecken zwei neue 1,5-Liter-Motoren, die auf 136 und 116 PS kommen. Der Benziner im Cooper mobilisiert 230 Nm, beschleunigt in 7,9 Sekunden von 0 auf 100 und schafft 210 km/h Spitze, die entsprechenden Daten für den Diesel ilauten 270 Nm, 9,7 Sekunden und 205 km/h. Obwohl alle Antriebe mehr Wumms bieten, ist der Verbrauch zurückgegangen. Der neue Mini kommt jetzt auf Durchschnittswerte zwischen 3,5 und 5,8 Liter.
Am Design wurde nicht viel geändert. Wie jedes Auto mit derart starkem Bezug zur Vergangenheit hockt auch der Mini in der Retrofalle und die Designer drehen sich im Kreis. Natürlich sind die Dimensionen wieder um ein paar Zentimeter gewachsen doch äußerlich sieht der Neue – trotz optionaler LED-Brenner sowie serienmäßigen Tagfahrlicht – aus wie der Alte. Das ist langweilig und einfallslos, zugleich aber auch traditionsbewusst und logisch. Wenn sich ein Automodell binnen knapp 15 Jahren rund zwei Million Mal verkauft, kann das Konzept und das Design nicht ganz daneben liegen.
Außerdem muss man ja nur in den Innenraum schauen, dann sieht man, dass die Designer doch ein paar gute Ideen hatten. Am besten erkennbar ist das rund um den Fahrersitz. Nicht nur, weil es dort jetzt ein bisschen mehr Platz gibt, sondern vor allem, weil das Cockpit jetzt aussieht wie bei einem echten Auto und nicht wie bei einem Spielzeug. Die Schalter sind größer, griffiger und vornehmer geworden und der Tacho endlich dorthin gerückt wo er auch hin gehört: hinters Lenkrad. Die schallplattengroße Infofläche über der Mittelkonsole bleibt zwar erhalten, bietet jetzt aber mehr Platz für das aufgewertete Infotainment mit Online-Anbindung und eigenem App-Store. Dazu gibt es dank drei Zentimetern mehr Radstand (jetzt 2,50 Meter) auch im Fond so viel Platz, dass dort zumindest ein Erwachsener halbwegs bequem sitzen kann. Der Kofferraum wuchs um 51 auf 211 Liter Ladevolumen. Weniger gelungen ist die Tankanzeige, die mit trüben Leuchtblöcken aus Kunststoff neben dem schillernd bunten Tacho wirkt wie vom Hobby-Schrauber nachgerüstet.
Was man noch entdeckt im neuen Mini sind ein deutlich verbesserter i-Drive-Controller und viele neue Knöpfe für jede Menge neuer Funktionen. So gibt es den Wagen jetzt auch mit einem Head-Up-Dispaly, das aus dem Cockpitabdeckung klappt, man kann erstmals in dieser Klasse die Federung verändern, es gibt einen automatischen Abstandshalter und so genannte Drive Modes, die auf Knopfdruck das Temperament des Wagens beeinflussen und den Mini wahlweise zum Sparer oder Sportler machen. Auch an einige Spielereien haben die Entwickler gedacht: Etwa an Lichtleisten um das Zentralinstrument, die bunt schimmern wie bei einer alten Music-Box; und der Startknopf sieht aus wie in einem Jet.
Zum Start ist der neue Mini in einer Karosserie- und drei Motorvarianten erhältlich. Später werden ein Mini One mit Benziner und Diesel folgen, ebenso eine John-Cooper-Works-Variante. Und natürlich werden auch das Cabrio sowie der Club- und der Countryman irgendwann auf die neue Plattform wechseln. Ob Roadster und Coupé auch eine Zukunft haben, ist zwar noch offen, aber dafür soll es den Mini erstmals auch als Viertürer geben.
Antrieb und Ambiente sind zwar nagelneu, doch mit seinem behutsam weiterentwickelten Design, dem verspielten Innenleben und vor allem dem unbändigen Fahrspaß bleibt auch der neue Mini ganz der Alte. Das gilt übrigens auch für den Preis: Mit 19.700 Euro für das momentan billigste Modell Cooper kostet die dritte Auflage unter BMW-Regie gerade einmal 50 Euro mehr als das Vorgängermodell.
Original: Blog | MOTOSOUND