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Mercedes Arocs: Actros on the Rocks

Published in motosound.de

Ach du dickes Ding: Beim Blick auf den Arocs verschieben sich die Dimensionen.

Das Trumm hat mehr Leistung als jeder Supersportwagen, kann mehr schultern als der dickste Pick-Up und lässt selbst die größten Geländewagen wie Spielzeug-Autos aussehen: Eigentlich ist der Mercedes Arocs das perfekte Auto für Poser. Denn ein dickeres Ding als den neuen Baustellenlaster von Mercedes kann man bei Daimler derzeit nicht kaufen.

Doch natürlich ist der Arocs kein Schauläufer für Ku’damm oder Königsallee, sondern ein Schaffer für Kiesgrube und Großbaustelle – selbst wenn die 22,5-Zoll-Felgen jede M-Klasse zieren würden und sich mach’ ein SL-Fahrern den LED-beleuchteten Großstern im riesigen Kühlergrill des Monster-Mercedes wünschen würde. Wann immer Beton oder Baustoffe auf unwegsames Gelände geschafft und Schutt oder Aushub abgefahren werden muss, gibt er den Malocher und ist sich für keinen Dreck zu schade. Im Gegenteil: Erst wenn es so richtig schmutzig wird, sich die brikettgroßen Profilblöcke der hüfthohen Reifen in den Schlamm beißen und der Laster mit dem Kipper von der Größe eines Swimmingpools mit gut 20 Tonnen Kies eine 90-Prozent-Steigung hinauf klettern kann, fühlt er sich so richtig in seinem Element – und der Mann am riesigen Lenkrad wird zum Helden der Arbeit, der womöglich mehr Spaß am Steuer hat als Lewis Hamilton in seinem Formel-1-Dienstwagen.

Badewanne für die Baustelle: Der Kipper für den Kies ist groß wie ein Swimmingpool.

Damit der Kraftakt gelingt, haben die Entwickler den vom Fernlaster Actros abgeleiteten Arocs mit allerlei Allrad-Finessen bestückt. Beispielsweise gibt es zu den Reihensechszylinder-Dieselmotoren mit bis zu 15,6 Liter Hubraum, maximal 625 PS und schier unglaublichen 3500 Nm Drehmoment ein halbes Dutzend Sperren, bis zu acht angetriebene Räder und ein Getriebe mit 16 Vorwärts- und 4 Rückwärtsgängen.

Für den Fahrer dagegen ist die Matschpartie in der Kiesgrube ein Kinderspiel: Ja, das Schalten mit dem Doppelten H, den halben Gängen an der Wippe und den schweren Schutzschuhen auf den Pedalen ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Aber dafür gibt es jetzt ja zum ersten Mal im Geländelaster auch eine Automatik. Und bei einem Wendekreis von bald 20 Metern muss man schon mit der Weitsicht eines Dampferkapitäns fahren, die übrigens auch beim Bremsen nicht schadet. Denn weil der voll beladene Arocs abseits der Straße durchaus auch mal mehr als 40 Tonnen wiegt, schiebt es von hinten schon gewaltig, wenn man vorne in die Eisen steigt.

Kraftpaket: Der Arocs fährt immer mit sechs Zylindern – und bis zu 15,6 LItern Hubraum.

Doch davon abgesehen fährt sich der Arocs noch einfacher als eine M-Klasse: Man braucht kaum mehr als den kleinen Finger am riesigen Lenkrad, einen schweren Fuß auf dem Pedal und das blinde Vertrauen in den Motor, der den Boden unter der Kabine bei jedem Gasstoß sanft erzittern lässt. Dann setzt sich der Koloss in Bewegung und macht nicht den Eindruck, dass er sich von irgendetwas stoppen ließe: Knietiefer Sand, ausgefahrene Matschpfade, in denen eine G-Klasse prompt fest sitzen würde, Steigungen, die man zu Fuß kaum erklimmen kann, Wasserdurchfahrten oder Geröllpisten… „Einfach Gasgeben und weiter geht’s”, sagt der Instruktor und das Laster tut genau das: er fährt unbeeindruckt weiter.

Klar ist man draußen auf der ausgebauten Straße die Spaßbremse, weil auch der stärkste Arocs eine gefühlte Ewigkeit braucht, bis er mal richtig in Fahrt ist. Beim Von-0-auf-100-Vergleich hat er dank eines elektronischen Limits ohnehin keine Chance. Und wen will man schon damit beeindrucken, dass man zum Beispiel in kilometerlangen Autobahnbaustellen lässig mit Tempo 50 rückwärts am Stau vorbei fahren kann? Doch hier in der Kiesgrube ist der Arcos-Lenker der König.

Natürlich ist der Wagen im wahrsten Sinne ein reines Nutzfahrzeug, auch wenn er manch’ einem großen Jungen mit prallem Sparschwein als perfektes Spielzeug dienen könnte. Dass sich das Trumm trotzdem wohl nie ein Privatmann kaufen wird, liegt weniger an den Preisen, die mit 150.000 bis 360.000 Euro abzüglich der in diesem Geschäft üblichen Riesen-Rabatte kaum höher sind als bei Luxuslimousinen und Sportwagen. Sondern es hat einenanderen Grund: Für so ein großes Spielzeug hat niemand kaum jemand den passenden Sandkasten. Oder keinen Sie jemanden mit einer Kiesgrube im Vorgarten?

Original: Blog | MOTOSOUND

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