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Riley Elf: Der Mini von Morgen?

Published in motosound.de

Limousine aus Liliput: Knapp 30 Zentimeter mehr Blech machen aus dem Mini ein richtiges Auto.

Was ist denn das? Wer zum ersten Mal einen Riley Elf zu Gesicht bekommt, der denkt unwillkürlich an einen Rolls-Royce, der scheinbar vom Kinderkarussell gefallen ist. Denn auch wenn die winzige Limousine gerade mal 3,30 Meter misst, strahlt und funkelt sie im Sonnenlicht wie die Mutter aller automobilen Prunkschiffe. Das kommt nicht von ungefähr. Schließlich war genau das die Idee hinter dem kleinen Engländer, selbst wenn er natürlich nicht für den Rummelplatz, sondern fürs echte Leben gebaut wurde. Denn schon kurz nach der Premiere des Mini hatte die British Motor Company (BMC) erkannt, dass ein Modell offenbar nicht genug ist und dass sich mit ein bisschen Feinschliff deutlich höhere Preise erzielen lassen. Deshalb gab es nicht nur zahlreiche Mini-Varianten von den englischen Karosserie- und Kitcar-Herstellern, sondern auch die BMC selbst legte Hand an den kleinen Bestseller und stellte so zum Beispiel im Jahr 1961 den Riley Elf und seinen technisch baugleichen Bruder Wolesley Hornet vor. Knapp 30 Zentimeter mehr Blech und eine schicke Stufe am Heck – so wurde aus dem ultrakurzen Stadtflitzer eine repräsentative Limousine für die Westentasche.

 

Glanz und Glamour: Anders als der normale Mini funkelt der Riley wie ein Christbaum.

Diese Idee ist zwar schon ein halbes Jahrhundert als, doch bei Mini ist sie so aktuell wie nie zuvor. Als BMW die Marke vor fast 20 Jahren übernahm und mittlerweile elf Jahren mit einem neuen Auto wiederbelebt hat, gab es genau ein Modell. Mittlerweile stehen sechs verschiedene Mini-Varianten vom klassischen Dreitürer bis zum bulligen Countryman beim Händler. Nummer Sieben ist mit dem ab März lieferbaren Paceman bereits auf dem Weg, und von mittelfristig bis zu zehn Modellen spricht der für Mini verantwortliche Konzernvorstand Harald Krüger. Kein Wunder also, dass man plötzlich in München immer mal wieder einen Riley Elf zu Gesicht bekommt, der verdächtig oft vor BMW-Büros geparkt wird.

 

Wo der Riley gesichtet wird, überrascht er mit seinem opulenten Design: Der Kühler glänzt auch ohne „Spirit of Extasy“ in der Sonne wie bei einem Rolls-Royce, die verchromten Lüftungsgitter funkeln, und egal aus welcher Perspektive man den Wagen anschaut, sieht man meterlange Chromleisten. Glanz und Gloria waren das Motto für den Designer, der sein Handwerk bei Lancia gelernt hatte. Doch Ricardo Burzi hatte nicht nur für die italienische Nobelmarke gearbeitet, sondern nach dem Esten Weltkrieg auch bitterböse Mussolini-Comics gezeichnet, woraufhin er seine Heimat verlassen musste. Statt für Lancia arbeitet er fortan für Austin.

 

Edles Ambiente: Weiches, rotes Leder und Wurzelholz machen den Mini zum Nobelhobel.

Weil Burzi die Grandezza liebte und der Elf den Aufstieg des Mini markieren sollte, ging es auch innen vornehm zu. Vor allem bei den jüngeren Exemplaren, die als MK III ab 1966 gebaut wurden. Die Armaturen sind mit Wurzelholz vertäfelt, die  Sitzchen mit Leder bespannt, die Füße fahren über langfloorigen Teppich, am Schaltknüppel prangt ein Holzknauf und die verchromten Pedale tragen sogar das Riley-Wappen. Nur die Platzverhältnisse bleiben gewohnt bescheiden. Vorn sitzt man zwar überraschend bequem auf den kleinen Hockern, wenn man das Lenkrad erst einmal zwischen die Knie geklemmt, das Bein um den Schaltknüppel gelegt und den Kopf auch noch ins Auto gebracht hat. Zur Not kann man sogar hinten ein paar Meter mitfahren. Doch das Einsteigen ist eine gymnastische Übung, die ein gewisses Geschick erfordert. Großzügig ist beim Elf nur der Kofferraum: Wo der klassische Mini hinter seiner winzigen Klappe kaum mehr als einen Kulturbeutel schluckt, passen bei der Bonsai-Limousine tatsächlich zwei Koffer unter die fast schon riesige Haube, die sich zwischen zwei süßen Heckflossen öffnet.

 

Schicke Stufe: Endlich mal ein Kleinwagen mit echtem Kofferraum.

So klein wie das Auto ist auch der Motor: Ein 1,0-Liter-Vierzylinder mit 38 PS musste dem kleinen Luxusliner reichen – opulente Fortbewegung sieht anders aus. Denn obwohl das Auto keine 700 Kilo wiegt, tut sich der Elf mit den rund 120 Sachen Spitzentempo ziemlich schwer. Aber heute fühlen sich schon 50 km/h ohne Servolenkung, mit einem butterweichen Hydrolastic-Fahrwerk und ziemlich zahnlosen Trommelbremsen so flott an, dass man Vollgas erst gar nicht mehr ausprobieren möchte.

 

Zwar hat Mini den Riley und den Hornet immer wieder auf Vordermann gebracht, doch wie alle Moden war auch der Stufenschnitt eher kurzlebig. Nach neu  Jahren und zusammen immerhin fast 60.000 Exemplaren stellen die Briten erst die Produktion des Elf und mit ihm die gesamte Marke Riley und kurz darauf auch die des Hornet ein. Doch auch mehr als 40 Jahre später ist der Exot nicht vergessen – zumindest nicht im Vereinigten  Königreich. Dort gibt es Dutzende Clubs, Websites und Portale, die sich um den englischen Elfen kümmern. Diesseits des Kanals allerdings macht sich der Wagen genauso rar wie das Fabelwesen, das ihm seinen Namen gab. Auf der Straße sieht man ihn genauso selten wie in den Kleinanzeigen. Und wenn man mal einen findet, ist man schnell bei Preisen zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Das ist viel Geld für einen Kleinwagen, der zu Produktionsbeginn einmal knapp  700 Pfund gekostet hat, sagt der stolze Besitzer unseres Fotofahrzeuges. Doch der junge Mann weiß auch, dass er trotzdem noch billig weg gekommen ist. Denn wenn Mini ernst macht und es bald tatsächlich eine neue Limousine gibt, dürfte die Preise für das Original noch einmal deutlich anziehen.

Original: Blog | MOTOSOUND

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