Audi RS4 Avant: Hohe Acht
Der vielleicht berühmteste Eiltransporter der Republik feiert ein Comeback. Denn als sportliche Speerspitze in der Mittelklasse bringt Audi im Herbst zu Preisen ab 76.600 Euro wieder einen RS4 Avant an den Start. Der Erbe des legendären RS2 aus der Kooperation mit Porsche ist zwar noch einmal um 20.000 Euro teurer als der keineswegs schmächtige S6. Doch statt sechs gibt es dafür auch acht Brennkammern. Und der Hubraum wächst um 1,2 auf 4,2 Liter und 450 statt 333 PS Leistung machen den Kraftmeier zu einer hohen Trumpfkarte im Kombi-Quartett.
Aber es sind nicht allein Größe und Stärke, die den 4,2 Liter großen V8 der Quattro GmbH auszeichnen, sondern es ist vor allem sein Funktionsprinzip. In Zeiten, in denen die Konkurrenz längst auf Turbolader umstellt, singt Audi vielleicht ein letztes Mal das Hohelied der Drehzahl. Weil der Achtzylinder zum Debüt im RS5 komplett erneuert und dabei deutlich effizienter wurde, und vor allem weil der noch stärkere und sparsamere V8-Turbo aus dem S8 nicht in den Bug des RS4 gepasst hätte, darf jetzt noch einmal eine echte Drehorgel ran. Nicht umsonst erreicht der Motor seine Leistungsspitze zwischen 4000 und 6000 Touren und dreht ungerührt hoch bis 8500 Touren.
Deshalb klingt der mit weit ausgestellten Radhäusern, größeren Lufteinlässen in der Frontschürze und prallem Heck leicht als Kraftmeier zu erkennende RS4 im Zusammenspiel mit den Schallklappen im Sportauspuff nicht nur so charakteristisch. Sondern er reagiert auch so spontan und sportlich wie er tönt. Kaum tritt man aufs Gaspedal, macht die Nadel des Drehzahlmessers einen Sprung, 430 Nm reißen über die 19-Zöller am Asphalt und der Kombi wird zum Eiltransporter. Spätestens dann wird einem klar, weshalb es für die tiefschwarze Innenausstattung serienmäßig Sport- und gegen Aufpreis auch Schalensitze gibt. Wo 4,7 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100 reichen, wird die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h nur zu einer Formalität, die reiche Raser mit einem Wimpernzucken aushebeln. Denn für 1500 Euro extra lässt Audi dem RS4 auch bis 280 km/h Auslauf. Dass die 10,7 Liter Durchschnittsverbrauch vom Prüfstand dann vollends zur PS-Poesie werden und der Verbrauch locker auf mehr als 20 Liter klettert, versteht sich von selbst – wird in dieser Fahrzeug- und Preisklasse aber keinen stören.
Dafür, dass die Kraft sauber auf die Straße kommt, sorgt der obligatorische Allradantrieb der Quattro GmbH. Und damit der Spaß sich nicht in Ausgewogenheit auflöst, gibt es für mehr Stimmung auf dem Fahrersitz eine tendenziell hecklastige Kraftverteilung und jede Menge technischer Finessen. Schon mit dem bekannten Drive Select-Programm lässt sich der Charakter des RS4 auf Knopfdruck nachhaltig verändern. Und wer Extras wie das Sportdifferential für die Hinterachse oder das Dynamikfahrwerk mit Wankausgleich bestellt, erlebt den Kombi als echten Kurvenkünstler, der sich bisweilen sogar kleine Schwenks mit dem Heck erlaubt.
Quattro-Techniker Matthias Nöthling ist sichtlich stolz auf den Hochdrehzahlmotor und froh, dass dieses Aggregat noch einmal eine Chance bekommen hat. Denn viel emotionaler könne man so einen Sportwagen kaum antrieben. Doch auch Nöthling weiß, dass die Tage des Hochdrehzahlkonzepts angesichts von CO2-Grenzwerten und Euro-6-Normen womöglich gezählt sind: „Für die nächsten Generationen müssen wir uns wohl etwas Neues einfallen lassen.“
Original: Blog | MOTOSOUND