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Ferrari Hydroplane „Arno XI“: Formel 1 auf dem Wasser

Published in motosound.de

Hammerhai trifft Düsenjäger: In dieser Form wurde aus einem Ferrari-V12-Motor das schnellste Rennboot seiner Zeit.

Ferrari – auf den Rennstrecken der Welt hat dieser Name einen Klang wie Donnerhall. Und auch in vielen Häfen kennt man den unnachahmlichen Sound der Motoren aus Maranello. Und zwar nicht nur von den Kais mit den Privatyachten – sondern auch auf dem Wasser. Schließlich war es ein Zwölfzylindermotor des italienischen Sportwagenherstellers, der die italienischen Rennlegende Achille Castoldi im Oktober 1953 zum schnellsten Skipper der Welt machte: 241,708 km/h erreichte er mit dem Rennboot „Arno XI“ und setzte damit in der Klasse bis 800 Kilogramm eine Bestmarke, die nie mehr gebrochen wurde. So wurde das so genanntes Hydroplane Castoldis zu einer Berühmtheit, die einem Ferrari 250 GTO heute in nichts nachsteht.

Dass Castoldi in das 6,20 Meter lange Holzboot überhaupt einen Ferrari-Motor einbauen konnte, verdankt er der italienischen Eitelkeit und einigen prominenten Freunden. Denn seine ersten Rennen und Rekorde fuhr der Millionär mit Maschinen von Alfa Romeo. Doch 1951 trennte er sich von den Mailändern und suchte einen neuen Motorenlieferanten, um in der 800-Kilo-Klasse bis an die Spitze zu jagen. Erste Wahl war die Scuderia Ferrari, schließlich war ein neuer Weltrekord das Ziel. Ferrari schien die richtige Adresse zu sein, denn die Marke hatte in diesem Jahr mit Froilan Gonzalez am Steuer in Silverstone erstmals ein Grand-Prix-Rennen gewonnen. Und genau einen solchen Motor, den Tipo 375 F1 mit 4,5 Litern Hubraum, wollte Castoldi auch für sein Boot. Unterstützung erhielt er dabei von zwei prominenten Weggefährten, die Rennfahrer Alberto Ascari und Luigi Villoresi zählten nämlich zu seinem Freundeskreis. Auch dank deren Fürsprache erhielt er Gehör bei Enzo Ferrari und anschließend auch den heiß begehrten V12-Motor, der für den Einsatz im Rekordboot in Maranello sogar noch einmal überarbeitet wurde. Der oberste Renningenieur persönlich nahm sich das Aggregat noch einmal zur Brust, rüstete es auf Methanol-Betrieb um und bestückte es mit zwei Kompressoren und einem neuen Doppelvergaser. Das Ergebnis: Statt etwa 400 PS leistete der Motor danach mehr als 600 PS.

Roter Renner: Mit mehr als 240 km/h war das Hydroplane mit Ferrari-Motor das schnellste Boot seiner Zeit.

Die Gesamtkonstruktion der “Arno XI” geht übrigens zurück auf Ideen aus den späten dreißiger Jahren. Damals hatten die Bootsbauer Adolph und Arno Apel aus New Jersey die ersten Speedboote gebaut, die förmlich über das Wasser flogen. Der Grund waren die Rümpfe, die so konstruiert waren, dass bei hohem Tempo nur noch die beiden schlanken Schwerter rechts und links und der Schraube in der Mitte mit dem Wasser in Kontakt waren. Dazwischen entstanden während der Fahrt drei Kanäle, in denen die Luft gestaut wurde und so zusätzlichen Auftrieb erzeugte.

Mit diesem Kunstgriff hatte sich Castoldi seit den vierziger Jahren immer weiter nach vorn gearbeitet und immer höhere Geschwindigkeiten erreicht, bis er im Herbst 1953 seinem Erzrivalen Mario Verga endlich den Weltrekord abjagte. Doch die Freude war nicht von langer Dauer. Schon im Jahr nach seinem Triumpf erlitt Castoldi einen schweren Unfall mit einem noch größeren, noch stärkeren Hydroplane, den er nur knapp überlebt. Kurz darauf starb sein Rivale Verga bei einem ähnlichen Zwischenfall. Costoldi zog sich daraufhin aus dem Vollgaszirkus zurück und mottet die “Arno XI” ein.

Fünf Jahre später jedoch wurde der Gentleman-Racer Nando Dell’Orto auf das Boot aufmerksam und kaufte die “Arno XI”. Dell’Orto, der nicht nur leidenschaftlicher Rennfahrer, sondern auch ausgebildeter Ingenieur war, ließ das Boot stets weiter entwickeln und die Form optimieren. Dem Ferrari-Motor hielt er dabei stets die Treue. Zehn Jahre lang nahm Dell’Orto regelmäßig an Rennen teil und gewann 1963 sogar die Europameisterschaft. Doch 1968 zog auch er sich aus dem Bootsrennsport zurück und bunkerte die “Arno XI” in einer Papierfabrik am Stadtrand von Mailand ein. Dort geriet sie in Vergessenheit und wurde erst Anfang der neunziger Jahre wieder entdeckt – als trauriges Wrack.

Kraftpaket aus der Formel 1: Der Motor ist identisch mit jenem aus dem Rennwagen, mit dem Ferrari seinen ersten F1-Grand-Prix gewann.

Der neue Besitzer ließ das Boot restaurieren und brachte auch den Motor zurück zu Ferrari. Dort wurde der Zwölfzylinder komplett überholt, in seine Einzelteile zerlegt und wieder zusammen gebaut. Wie am ersten Tag dreht er jetzt wieder mit bis zu 10.000 Touren und erreicht auf dem Prüfstand bis zu 700 PS. Seitdem ist die „Arno XI“ der Star bei jeder Zusammenkunft klassischer Rennboote und der Blickfang bei zahlreichen historischen Rennen. Jetzt allerdings will sich der Besitzer von dem schnellen Stück trennen und lässt es von RM Auctions Mitte Mai in Monaco versteigern.

Andreas Stadlbauer wird da sicher nicht mitsteigern. Der Faszination für das Rennboot ist er jedoch sehr wohl erlegen. Und weil Stadlbauer der Chef des Spielzeugherstellers Carrera ist, haben davon bald alle Ferrari-Fans etwas. „Als wir das Original im Ferrari-Museum in Maranello gesehen haben, war für uns sofort klar: Wer Motorsport mag, wird dieses Boot lieben. Deshalb haben wir es nachgebaut.“ 58 Zentimeter lang und immerhin 35 km/h schnell, gehört es jetzt es zu den Stars in einem noch kleinen Sortiment von Bootsmodellen, mit denen der Rennbahn-, Auto- und Flugzeughersteller seit vergangenem Jahr auch aufs Wasser drängt. „Der Markt für solche Spielzeuge wächst kontinuierlich“, sagt Stadlbauer. Dabei bedient Carrera RC zwei grundverschiedene Kundengruppen. „Die einen wollen einfach nur Spaß haben und kaufen unsere Produkte zum Zeitvertreib.“ Und für die anderen sei es ein ernsthaftes Hobby oder gar ein Sport, bei dem man mit getunten Modellen um Meisterschaften fährt. Nicht umsonst ist die Miniaturausgabe der “Arno XI” so konstruiert, dass 63 Boote gleichzeitig fahren können, ohne dass die sich die Fernbedienungen stören. Ebenfalls hilfreich ist im Eifer des Wettkampfs die integrierte Reichweitenkontrolle. Sie sorgt dafür, dass der Wasserracer bei drohendem Verlust des Funksignals automatisch in den Sendebereich zurückkehrt.

Mitte Mai könnte Stadlbauer übrigens noch eine weitere Käufergruppe dazu gewinnen: Die der unterlegenen Bieter aus Monaco. Denn wer bei einem geschätzten Preis von 1 bis 1,5 Millionen Euro für das Original nicht mehr mit von der Partie ist, will sich vielleicht mit einem Modell trösten. Bei einer Preisempfehlung von 199,90 Euro für den Nachbau wäre das dann ein vergleichsweise billiges Vergnügen.

Original: Blog | MOTOSOUND

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