Gipfeltreffen im Westerwald
Das schönste am Betreiben dieser Website ist, daß man den Kontakt zu Gleichgesinnten “frei Haus” bekommt. So meldete sich bei mir vor rund einem halben Jahr auch der spätere Fahrer des dunkelblauen Wagens mit dem amtlichen Kennzeichen “E-W 420″, noch bevor er selbst wußte, daß er bald 420-SE-Besitzer sein würde. Sven W. aus E., ebenfalls Jahrgang 1976 und im Kreativbereich selbständig, war selbst noch auf der Suche nach der “Krone des Automobilbaus”, und fand während der Recherche im Netz so irgendwann auch den Klick auf Fünfkommasechs.de
Die biographischen und designanschaulichen Parallelitäten gewährleisteten eine stete eMail-Korrespondenz zwischen Essen und Frankfurt, die - nach mehreren gescheiterten Anläufen - schließlich am letzten Wochenende zum Gipfeltreffen der Nachwuchs-S-Klasse-Fahrer führte, und zwar in der nur sehr ungefähren geographischen Mitte zwischen E und F, nämlich im wunderschönen WW mit Treffpunkt in LM. Die Gelegenheit war günstig, da Sven mit Freundin Ute anläßlich einer Feier ohnehin in der Gegend war. So fuhren Anka und ich letzten Sonntag mit dem nautikblauen Siebenzylinder nach Limburg zum Gipfeltreffen. Es sollte ein hervorragender Sonntagnachmittag werden!
Schon beim Treffen am Parkhaus Bahnhof um Punkt 14 Uhr entlud sich die Kennenlernfreunde arttypisch: bei den Männern im Zwiegespräch über die schönen Autos, bei den Frauen im hörbar amüsierten Erfahrungsaustausch über eben jene Männer mit ihren Marotten. Das sollte auch beinahe den ganzen Tag so bleiben
Als erstes ging es zum Eisessen bei Kaiserwetter in die Altstadt…
…und ein gutes Stündchen später zum Autotausch und dann immer der Nase nach durch die schöne Landschaft rings um Limburg. Anka und ich im 420SE, Ute und Sven im 560SEL.
Für beide Seiten war das äußerst nützlich, denn weder Sven noch ich hatten bislang intensivere Fahreindrücke anderer Modelle der Baureihe 126 sammeln können. So war es für uns wechselseitig interessant, wie sich der andere Wagen “anfühlt”, vor allem aber anHÖRT. Daraus ließe sich schließlich im Ansatz ableiten, was zum normalen Betriebsgeräusch gehört und welchem Knarzen man indes nachgehen müßte.
Kurios dabei ist, daß wir uns beide jeweils für unsere Autos “schämten”. Hauptsächlich wegen kleiner Schöhnheitsfehler, die einem vor allem selbst auffallen und niemand anderem, aber auch wegen des Fahrverhaltens. Konsequenterweise attestierten wir uns nach der Fahrt, daß sich der Wagen des jeweils anderen viel besser fahre als der eigene. Es stimmt also: “The grass is always greener on the other side”
Ich kann sagen, daß sich der SE deutlich “leichtfüssiger” bewegt. Nicht nur wegen der geringfügig kleineren Karosserie, sondern sicher auch wegen des Fehlens vieler Sonderaustattungen. Im Stadtverkehr kommt er flinker durch die Kurven, was auch am kleineren Radstand liegen mag. Der Vierkommazweier ist zudem trotz geringerer Motorleistung durchaus agil. Allenfalls im höheren Geschwindigkeitsbereich fehlt ein wenig von der ausgeprägten Elastitzität, die der Fünfkommasechser naturgemäß hat. Die helle Lederausttatung gefiel mir persönlich spontan besser als das graue Velours, zumal ich sie auch für widerstandsfähiger und pflegeleichter halte. Andererseits schluckt die glatte Garnitur weniger Schall, sodaß der 420er beim Gasgeben im Innenraum ein Quäntchen lauter rauscht als der 560er.
Das Holzfurnier in Svens Auto ist in wirklich exzellentem Zustand - bei meinem hat der Vorbesitzer aus nicht nachvollziehbaren Gründen Schrauben ins Furnier der Mittelkonsole gebohrt. Doch auch der 420er fiel dem Bohrer anheim: die GPS-Antenne des nicht ganz stilechten, aber doch hervorragenden “Becker Indianapolis” wurde kurzerhand durchs Dach verlegt. Nicht ganz ungefährlich in puncto Rostschutz.
Die Lenkung schien mir deutlich weniger Spiel zu haben, der Federungskomfort kaum geringer als beim HPF-Kreuzer. Allenfalls ein leichtes Nachfedern und gelegentliches “Aufschaukeln” würde zum Haarespalten taugen, es tut der sicheren Straßenlage aber keinen Abbruch.
Fazit: wenn es sich um eine Probefahrt gehandelt hätte, Anka und ich hätten den Wagen daraufhin sofort mitgenommen. Zumal alles, was sich am Zustand des SE durchaus preissenkend auswirken könnte, weder störend und schon gar nicht bedenklich ist.
Das gemeinsame Besäufnis zweier älterer Herren mit insgesamt 130 Litern Super sind durchaus ein Foto wert! Es war inzwischen schon nach 17 Uhr und eigentlich an der Zeit für die Heimreise, aber Ute und Sven luden uns im Namen ihrer eigenen Gastgeber noch zu einem Abstecher in einen kleinen Ort im Westerwald ein, wo ein “Restegrillen” stattfinden sollte. So ging es noch einmal mit getauschten Autos und vollgetankt gut zehn Kilometer nordwärts über die Autobahn zu Heike und Daniel.
Der Abstecher lohnte sich nicht nur wegen des hervorragenden Abendessens mit sehr netten Leuten (samt Katze Emily)…
…sondern auch alein schon wegen dieses Anblicks:
Daniels 1974er Citroen “Deesse”, die Göttin der klassischen französischen Automobilität. In gewisser Hinsicht die “hellelfenbeinene” Urgroßtante des Nautikblauen, denn sie wurde bereits in den Sechziger Jahren von einem fast zur Perfektion entwickelten Hydropneumatischen Fahrwerk getragen - was man von der Mercedes-Version noch längst nicht behaupten konnte. Für mich natürlich ein Faszinosum.
Gratulation an Daniel (rechts im Bild beim Polieren von Svens Benz) zu diesem schönen Oldtimer - und nocheionmal danke an Heike und ihn für die spontane Gastfreundschaft gegenüber wildfremden Benzfahrern
Nach dem opulenten Mahl gab es noch eine kleine, kostenlose Innenreinigung durch Sven und seinen “Staubmagneten”…
…und schließlich ging es -eigentlich viel zu früh- wieder heimwärts. So ein Sonntagsprogramm dürfte es ruhig öfter geben… und gerne wieder im dunkelblauen E-W 420!
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