Open Menu
Open Menu
 ::

Afghanistans S-Klasse

Published in fünfkommasechs.de
Als S-Klasse-Fahrer freut man sich, wenn nach dem Anlassen alle Lämpchen unter dem Kombi-Instrument schnell wieder verlöschen. Ein Ärgernis, wenn das Licht für den Wischwasserbehälter weiterglimmt - eine Katastrophe, wenn ein zu niedriger Ölstand sich bereits durch ein rotes Dauerleuchtsignal bemerkbar macht. Doch kaum zu glauben: in manchen Fällen gibt es tatsächlich noch Schlimmeres. Wenn man nämlich hinter dem Lenkrad mit Stern gerade einen Sprengstoffanschlag samt schwerem...

Als S-Klasse-Fahrer freut man sich, wenn nach dem Anlassen alle Lämpchen unter dem Kombi-Instrument schnell wieder verlöschen. Ein Ärgernis, wenn das Licht für den Wischwasserbehälter weiterglimmt - eine Katastrophe, wenn ein zu niedriger Ölstand sich bereits durch ein rotes Dauerleuchtsignal bemerkbar macht. Doch kaum zu glauben: in manchen Fällen gibt es tatsächlich noch Schlimmeres.

g_klasse_beschuss2.jpg

Wenn man nämlich hinter dem Lenkrad mit Stern gerade einen Sprengstoffanschlag samt schwerem Beschuß überstanden hat - völlig unverletzt - wird die G-Klasse wahrlich zur S-Klasse, und das kleine rote Warnlämpchen zu einer Art Taufkerze. Ölverlust sei diesem B6-Panzer weißgott verziehen!

g_klasse_beschuss1.jpg

Neu ist die Erkenntnis bestimmt nicht, daß es Gegenden in der Welt gibt, in denen Fahrsicherheit weniger mit ESP und Airbag als vielmehr mit Panzerung und Notlaufreifen zu tun hat. Aber durchaus neu war mir, daß in diesen Gegenden fünfkommasechs.de gelesen wird.

Einer dieser Leser ist niemand geringeres als der Leiter der Daimler-Vertretung in Afghanistan, und der hatte mir vor einigen Wochen via Blackberry und Satellit geschrieben. Irrwitzigerweise nur um zu wissen, welche Felgen ich auf dem Nautikblauen habe.

Seinen Namen darf ich nicht nennen - das ist verständlich. Nur soviel: er ist selbst seit relativ kurzer Zeit Besitzer eines 560 SEL. Sein Sternenschiff wird allerdings nicht durch afghanische Schlaglöcher gequält, sondern steht in den Arabischen Emiraten für Freizeitausfahrten bereit. Er selbst arbeitet mit vier deutschen Technikern und einigen engagierten Afghanen in Kabul. Die von ihm geführte Mercedes-Benz-”Niederlassung” hat - den geopolitischen Umständen entsprechend - im Moment noch keine besondere Modellvielfalt zu bieten. Vieles ist Provisorium.

dc_karton.jpg 

Das Augenmerk liegt einzig und allein auf der Zuverlässigkeit der robusten G-Wagen, einem zweckmäßigen Service und -natürlich- der Unversehrtheit der Panzerung.

werkstatt.jpg

werkstatt2.jpg

Wörtlich: “Leider kann man hier in Afghanistan nicht von wirklichen Fortschritten sprechen. Die Aufständischen sind auf dem Vormarsch, die Politiker, Polizei & Militär sind derartig korrupt, dass wir Sie als größere Bedrohung als die Terroristen sehen und die Hauptstadt hat auch 6 Jahre nach dem Einmarsch der NATO noch kein funktionierendes Wasser- und Stromnetz.”

Das klingt tatsächlich eher nach G-Klasse als nach S-Klasse. Stilistisch betrachtet kein großer Verzicht, denn gibt es überhaupt einen schöneren Offroader als dieses demnächst schon 30 Jahre alte, und doch noch immer junge Designmodell?
g_klasse-front.jpg

In Dubai wartet indes der 560er. Vierlleicht gibt’s demnächst noch Fotos davon? Ich bleibe gespannt und wünsche den Daimler-Jungs von Kabul alles Gute.

PS: es ist fast unnötig anzumerken, daß ich aus dem Staunen darüber nicht mehr herauskomme, welch unglaubliche Kontakte ich dank dieser Website inzwischen schon machen durfte.


zum Original
Related Items from Catalogue Show Related