Drama-Queen im Rampenlicht
Liz Taylor ist tot. Aber sie war weißgott nicht die "letzte große Diva", wie es uns die Boulevardpresse in längst vorgefertigten Nachrufen glauben machen will. Eine andere große Diva (mit Facelift!) kommt aus Deutschland, ist neuerdings putzmunter und hat den größten Auftritt Ihres Lebens gerade erst absolviert.
Bis dahin spielte sich allerdings eine wahrhaftige Soap Opera ab mit Eifersuchts-Szenen, Trink-Exzessen und sturheitsbedingter Inkontinenz. Daß sich hinter der Bühne bzw. den geschlossenen Garagentoren immer erst Dramen abspielen müssen, bevor sie endlich spurt, gehört bei wahren Diven wie ihr wohl einfach dazu. Und meistens geht das mit Saufen einher…
Endlich mehr Alkohol im Sprit, aber Ihr wird er konsequent verwehrt: der Stuttgarter Diva mit ehemals gutem Durst tut der Entzug sichtlich gut. Blau ist sie aber trotzdem noch | Handyfoto
Wir erinnern uns an die letzte größere Tour mit der nautikblauen Staatskarosse im Winter. Eine Trainingsfahrt nach absolvierter KE-Jetronic-Revision, auf daß sie wieder maßvoller tränke als zuvor. Beim Zurückbringen in ihre Wohnung hat sie aus Frust über ihren tatsächlich seitdem niedrigeren Verbrauch mit ihren Schuhen nach uns geworfen, und zwar so heftig, daß dabei eine Menge Glas zerbrochen ist und wir uns fast noch schwer verletzt hätten. Als Strafe ließen wir sie dann ohne Schuhe und Pyjama stehen wie sie war: bockig und schmutzig.
Wochen später erst kehrte ich zu einem Kurzbesuch in die Garage zurück, um wenigstens wieder das Batterieladegerät anzuschließen, doch mich traf schon vorher der Schlag. Sie mußte sich nach unserem Disput so sehr in den Schlaf geheult haben, daß sich unter ihr eine Pfütze gebildet hatte. Das Bächlein kam von ziemlich weit vorne, sah aus wie Öl, hatte aber beim Aufwischen eher eine leicht honigartige Konsistenz. Für mich war klar: jetzt hatte es das Lenkgetriebe entgültig gehimmelt. Die nächste Fahrt würde – wenn sie denn überhaupt stattfände – zur Werkstatt führen müssen.
Aber wie das Leben so spielt, kam es erst gar nicht dazu. Ebbe auf dem Konto und vor allem ein Anruf von Scholz & Friends aus Berlin führten dazu, daß ich lieber nochmal genauer hinschaute, ob es denn wirklich so schlimm um Lenkung und Servopumpe bestellt war wie befürchtet. Der 560 SEL sollte nämlich schon innerhalb der nächsten Tage für niemand geringeres als seinen Hersteller von einem eigens aus Stuttgart dafür angereisten Fotografen spektakulär in Szene gesetzt werden. Sowas wollten wir uns von Altersstarrsinn auf der Vorderachse nicht verderben lassen.
Ich ging bis zum Äußersten: mit einer Stablampe kroch ich unter hohem körperlichen Einsatz unter die Fahrzeugfront und fand dabei unter gewaltigen Anstrengungen samt Schnappantmung die Quelle der klebrigen Inkontinenz:
Mit jetzt gut durchblutetem Kopf stellte ich fest: das Zeug kam offensichtlich aus dem Längs- bzw. Gabelträger und war nichts anderes als durch Treibstoff gelöstes Hohlraumwachs! Wie der Sprit da hingelangt war, ist eine andere Geschichte. Fest aber steht, daß das Lenkgetriebe nicht undichter war als sonst auch. Nach Richtigstellung aller Ölstände und Nachladen der Batterie stand dem großen Auftritt also nichts mehr im Wege. Noch ein schneller Frühjahrsputz, und der Fotograf Stefan Reeh konnte kommen. Das war letzten Sonntag, und das Wetter war wie bestellt!
Es entstanden viele tolle Aufnahmen in und an der Garage und an mehreren Locations in Frankfurt. Nächste Woche dann sind die Bilder endlich zu sehen. Wir sind mächtig gespannt und schon jetzt sehr stolz!
Und die nautikblaue Diva? Ist seitdem und dank des anhaltend guten Wetters im täglichen Dauereinsatz und dankt es mit großer Zuverlässigkeit, Laufruhe und tatsächlich weniger Durst als noch vor der KE-Jetronic-Verjüngungskur. Happy End!
Original: Fünfkommasechs.de | Aktuelles