Rückspiegel: Transportation Design in den 90ern im automobilen Kontext _FH Pforzheim
FH Pforzheim in den 90ern. Ich kam zum ersten Mal 1991 zu einer Semesterpräsentation in die Holzgartenstrasse und mir hat sich das grosse Rendering mit dem Ferrari Konzept und dem F40 Transporter dahinter (ich glaube, es war von Stefan Lamm), ins Hirn gebrannt und eine grosse Begeisterung ausgelöst. Das ist fast 20 Jahre her! Digitale Fotografie kam erst viel später auf, Handy und Internet hatte die Massen noch nicht erreicht und von Facebook konnte man nur träumen. Unglaublich…Damals wurde ausschliesslich von Hand gearbeitet, Renderings waren Renderings und Skizzen Skizzen. So hingen sie an der Wand und es war gut so. Digitales Modellieren mit Alias kamen gegen 1993, als BMW und zwei Stationen zur Verfügung gestellt hat. Das Angebot wurde jedoch nur sehr zögerlich angenommen. Erst gegen Ende der Dekade kamen einige Studenten mit Photoshop in Berührung und peppten Ihre Präsentationen mit grossen Prints auf.
Einiger der hier gezeigten Arbeiten sind stark gealtert (vielleicht liegt es auch an der schlechten Fotoqualität, vielleicht waren sie aber auch schon damals nicht sonderlich frisch), andere jedoch erstaunlich zeitlos und aktuell. Noch immer gut in Erinnerung sind mir die Präsentationen von Boris Jacob, sein tolles Kutschenmodell zum Beispiel. Das gabs noch nie. Oder die grandios-komplexen Konzepte von Marten Verschoore, das Kuhfellauto von Sebastian Wilm, die tollen Polychromos Skizzen von Achim Badstübner oder den Minimal-Style von Soomin Choe. Auch die Arbeiten von Andreas Mind, Marc Lichte oder Peter Wouda, später auch von Robert Lesnik oder Christian Felske waren prägend für die Zeit. All die Fotos aus den verstaubten Kisten durchschauend, fallen mir aber besonders die Zeichnungen von Miklos Kovacs ins Auge, die die Zeit unbeschadet überstanden haben. Sein BMW Roadster Konzept ist heute noch wie damals äusserst schräg, avantgardistisch und faszinierend.
Auf den Messen der frühen 90er herrscht der Bubble Style vor. Ghia war ganz gross, besonders mit dem 1992 vorgestellten Ghia Focus schuf Taru Lahti sich und Ford ein Denkmal. Der Audi Spyder, der AVUS und Renault Twingo erscheinen. 1993 der von Giugiaro entworfene, atemberaubende Bugatti EB112 und auch der Pininfarina Ethos 1, der auf der damaligen Ökowelle mitschwamm. Schon damals wurden Elektromobile zu Hauf vorgestellt (BMW E1, Bertone Blitz, Fiat Zic und Zac). Der Hotzenblitz erschien und verschwand wenig später. Der Turiner Salon ist noch gross und wichtig, man kann auf der Lingotto Fabrik noch Testwagen fahren und der Fiat Scia ist ein echtes Highlight mit dem viele tolle Erinnerungen verbunden bleiben. Im Mercedes F100 oder im BMW Z13 werden mittlere Fahrerpositionen ausprobiert und bei Porsche und Aston Martin wurde mit dem Boxster Konzept und dem DB7 die Moderne eingeläutet. Der Renault Argos erscheint 1994 und ist ein ganz grosser Wurf. Das wird spätestens nach dem Erscheinen des Audi TT Konzepts 1995 klar. Eine Ikone ist geboren und bei VW entwirft Thomas Ingenlath den NOAH, der in Frankfurt gezeigt wird. Renault erwirbt sich mit einer ganzen Reihe von Conceptcars (Laguna, Argos, Modus, Initiale) Design-Lorbeeren und stellt 1997 den Vel Satis vor, der für einige Jahre prägend für das Renault Design sein sollte und die Marke als Leader in Sachen Kreativität strahlen lässt. Mit Koleos, Talisman, Wind und Altica sollten noch viele folgen… Schön war die Zeit.
formfreu.de: Rückspiegel: Salone Internazionale dell’Automobile di Torino 2000
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