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Test Skoda Octavia RS

Published in radical-mag.com

Wobei…

Ohja, er wäre ein wirklich feiner Wagen, der Skoda Octavia RS in seiner jüngsten Ausführung. Das Design ist ganz nett (es wird sicher niemanden abschrecken – und auch niemandem schlaflose Nächte bereiten), das Raumangebot grosszügiger als bei anderen MQB-Produkten, das Verhältnis von Preis zu Leistung weiterhin besser als bei den meisten Fahrzeugen des Volkswagen-Konzern (günstig ist so ein Octavia aber schon lange nicht mehr). Und er ist mit seinem 2-Liter-Turbo, der Allzweckwaffe des Konzerns, mit seinen 245 PS und 370 Nm maximalem Drehmoment (schon bei 1600/min) auch ganz anständig motorisiert.

Aber, und wir müssen da jetzt (wieder) einmal deutlich werden: Die Software ist eine absolute Katastrophe. Der Skoda bremst ohne Grund, er beschleunigt ohne Grund, er piepst dauernd ohne Grund, er kann die meisten Systeme nicht mehr einsetzen, wenn es kälter ist als 10 Grad oder nur schon leicht regnet; einmal hat sich auch gleich das ganze System verabschiedet, nichts ging mehr. Man kann viele dieser Systeme zwar auch ausschalten – wenn man sie denn findet in den viel zu kompliziert angelegten Untermenus. So richtig blöd ist, dass man sie jedes Mal, wenn man sich wieder ins Auto setzt, erneut ausschalten muss. Es nervt nicht bloss der Spurhalte-Assi, der zu piepen beginnt, wenn man sich zwei Zentimeter von der oft sehr theoretischen Mitte der Strasse entfernt, es nervt sogar der Tote-Winkel-Assi, der im Tunnel auf der linken Spur jedes Mal aufleuchtet, wenn man einer Lampe vorbeifährt. Auf dem Weg von daheim zur Arbeit, keine 30 Kilometer, machten die Systeme teilweise über 20 Fehler (ja, wir führen Strichlisten – weil es derart nervt); ohne Fehler ging es nie. Wäre ich Besitzer des Wagens, ich hätte ihn durch die Scheibe in den Showroom des Verkäufers zurückgefahren. (Und es tut uns ein bisschen leid, dass der Octavia hier hinhalten muss für die Probleme des ganzen Konzerns, der Seat Leon und der Cupra Formentor und der VW Golf VIII können es auch nicht besser, von den rein elektrischen Dingern wie dem ID.3 ganz zu schweigen.)

Das Problem ist, dass diese Probleme derart nerven, dass man die definitiv vorhandenen Qualitäten des Skoda Octavia RS gar nicht mehr so recht wahrnehmen kann und würdigen will. Himmel, das Ding geht bis 250 km/h und in 6,7 Sekunden von 0 auf 100, das sind Werte, die man einem Skoda-Kombi auf den ersten Blick nicht unbedingt zutraut. Wir sind ihn auch auf einem abgesperrten Rundkurs gefahren – und dort konnte er mit einem für einen Fronttriebler sehr ausgewogenen, fast schon sportlichen Fahrverhalten überzeugen (er nässte den allradgetriebenen, stärkeren, aber etwas unausgewogenen Cupra Formentor – locker). Bis er über die Vorderräder geht, bedarf es eigentlich eines Fahrfehlers; die Lenkung ist anständig, auch die Bremsen sind gut zu dosieren und erfreulich standfest. Gut, das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe möchte man bei forscher Fahrweise gerne etwas zackiger haben, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Beim Fahrwerk schafft er eine erstaunlich Spreizung, Comfort ist wirklich so, Sport dann auch (wobei, die Seitenneigung ist dann immer noch beachtlich). Was aber etwas anstrengend ist: Im Normal- und Sportmodus macht der 2-Liter sehr künstlichen Lärm im Innenraum, nur in Eco und Comfort tönt er «natürlich». Auch hier: Nicht alles, was technisch möglich ist, muss unbedingt sein.

Auch gut: Materialwahl und Verarbeitung. Da muss man schon sehr genau hinschauen, um noch Unterschiede zu den (teureren) VW und (viel teureren) Audi zu erkennen; die Ausstattung ist eh besser, die vielen cleveren Skoda-Lösungen machen den Unterschied noch grösser. Apropos grösser: Der Kofferraum fasst zwischen 600 und 1550 Liter, da bleibt der Konkurrenz nur staunendes Kopfnicken. Andererseits ist der Octavia als Kombi unterdessen 4,7 Meter lang und 1,83 Meter breit und 1,46 Meter hoch und hier als RS über 1,6 Tonnen schwer. Verbrauchen will er gemäss WLTP 6,5 Liter, das schafft man aber nur bei sehr zurückhaltender, gar nicht RS-gemässer Fahrweise; in unserem Testbetrieb waren es knapp über 8 Liter, die man aber als ganz anständig bezeichnen kann, zumal wir den Skoda schon gut durch die Gassen trieben. Rollt man friedlich einher auf Eco sowie innerhalb der Normen, dann ist der Normwert nicht fern.

Nun, mit einem Einstandspreis von 46’390 Franken kann man den Skoda Octavia RS sicher nicht mehr als Schnäppchen bezeichnen. Doch weil er wirklich quasi alles überdurchschnittlich gut kann, ist er «wertvoller», macht er nicht nur Fahrfreude, sondern auch Sinn. Er taugt für so ziemlich alles, als Familientransporter, als Langstreckenfahrzeug (denn die Sitze sind auch erfreulich bequem) – und wenn es denn unbedingt sein muss, so sieht er auch auf dem Rundkurs nicht so schlecht aus. Skoda mag nicht mehr der Preisknüller sein, aber dafür machen die Tschechen jetzt gut durchdachte, wirklich alltagstaugliche Fahrzeuge, mit denen man sogar noch Spass haben kann. Wobei, eben.

Mehr Skoda haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Skoda Octavia RS erschien zuerst auf radicalmag.