Die CO2-Problematik
Zum Beispiel: Peugeot
Wir haben es ja nicht so mit den SUV und ganz besonders nicht mit jenen, für die es nicht einmal einen Allradantrieb gibt, die also nach Abenteuer aussehen, aber kein Abenteuer können. Und doch hat uns die zweite Generation des Peugeot 3008, die 2016 auf den Markt kam und zum «Auto des Jahres 2017» gewählt wurde, von Anfang an gut gefallen, aus einem ganz simplen Grund: er ist einfach hübscher als all seine Konkurrenten. Sowohl aussen wie auch innen. Man sieht sie unterdessen oft, vor allem im ländlichen Frankreich hat man das Gefühl, dass der Marktanteil über 50 Prozent liegen muss – und sie machen auf der Strasse eine ausgesprochen gute Figur, die etwas kugelige Form wirkt freundlich, weit weniger aggressiv als andere SUV, die Linien sind schon fast elegant, harmonisch.
Es war uns ein HDI 180 versprochen worden – der Testwagen kam dann in diesem sehr schönen «ultimate»-Rot und mit dem 180-PS-Benziner sowie der 8-Gang-Automatik. Nun ist der 3008 ja nicht wirklich kompakt, 4,45 Meter lang, 1,84 Meter breit und 1,62 Meter hoch, ausserdem wiegt er auch über 1,5 Tonnen. Ein doch stattliches Fahrzeug also, das aber mit dem 1,6-Liter-Vierzylinder angenehm souverän motorisiert ist; die 250 Nm maximales Drehmoment sind nicht die sonst übliche Wand, aber in Verbindung mit der Automatik eine ausgezeichnete Wahl. Man spürt die Schaltvorgänge kaum (zumindest dann nicht, wenn man das Fahrpedal nicht bis zum Anschlag durchdrückt), es ist ein friedliches, auch angenehm ruhiges Gleiten, das der Franzose da bieten kann. Der Testverbrauch von knapp über 7 Litern konnte uns jetzt nicht restlos überzeugen, aber unvernünftig ist das auch nicht.
Das Werk nennt für diesen Peugeot 3008 einen Durchschnittsverbrauch von 5,8 Litern/100 km. Das wäre dann ein CO2-Ausstoss von 131 Gramm pro Kilometer, somit also nur ganz knapp über der seit 2015 geltenden Vorgabe von 130 g/km für die Neuwagenflotte. Und doch sucht man den 180-PS-Benziner unterdessen vergebens in der (Schweizer) Preisliste von Peugeot, auch der gleich starke Diesel wurde aus dem Programm gestrichen. Für den 3008 ist bei den Benzinern nur noch der 1,2-LIter-Dreizylinder mit 130 PS (Verbrauch 4,9 Liter, 112 g/km), bei den Dieseln nur noch der 1,5-Liter mit ebenfalls 130 PS (derzeit keine Verbrauchsangaben verfügbar) im Angebot; gepusht wird der fast 60’000 Franken teure Plug-in-Benziner mit einer Systemleistung von 200 PS (Verbrauch 1,6 Liter, 29-32 g/km). Ähnlich sieht es übrigens bei den anderen Peugeot-Modellen aus, wobei die maximal 130 PS bei einem doch recht mächtigen 5008 als eher dürftig erscheinen.
Es sind dieser Tage neue Zahlen zum CO2-Ausstoss der Neuwagen-Flotte erschienen. Die Berechnungen sind sehr, sehr theoretisch, die dreckigsten 15 Prozent bleiben bis Ende 2020 noch aussen vor, für E-Fahrzeuge und Plug-in-Hybride gibt es so genannte Supercredits. Wie auch immer: 2008 lag der Durchschnitt noch bei 175 Gramm, bis 2016 sank er auf 134 Gramm. Doch unterdessen steigt er wieder an, 2019 wird er wieder bei knapp 140 Gramm liegen. Und das, obwohl der Marktanteil der E-Fahrzeuge bei mittlerweile knapp 5 Prozent liegt, über 11’000 Stromer wurden in der Schweiz in den ersten neun Monaten des Jahres verkauft. Andererseits: die sparsameren Diesel werden unterdessen von fast allen Herstellern (aus unerfindlichen Gründen) geschnitten, dafür werden immer mehr feiste, allradgetriebene SUV abgesetzt. All diese teilweise sehr eigenartigen Regelungen spielen den Importeuren derzeit noch in die Hand, die Bussen für zu hohe CO2-Werte werden sich in diesem Jahr wohl weiterhin in überschaubaren Grenzen halten (2018 waren es 31 Millionen Franken). Doch per Ende 2020 tritt ein neuer Grenzwert in Kraft, in Einklang mit der EU liegt der Zielwert noch bei 95 Gramm/Kilometer. Der momentan noch wie eine sehr ferne Utopie erscheint.
Selbstverständlich wird es der Auto-Lobby wieder gelingen, eine ganz Reihe von Ausnahmen, Phasing-in-Tricks und Super-Super-Credits zu etablieren; die ansonsten zu erwartenden Bussgelder von bis 300 Millionen Franken pro Jahr wollen sich die Importeure ganz sicher nicht antun. Wobei sie es ja sicher auch selber in der Hand hätten, die Vorgaben (zumindest annähernd) zu erfüllen – man sieht es am aktuellen Beispiel von Peugeot. Eine Straffung des Modellprogramms erscheint auf den ersten Blick zwar wenig sexy, zumal Herr und Frau Schweizer ja mit Vorliebe die potentesten Versionen kaufen, die dem Verkäufer auch die fröhlichsten Margen bescheren. Unerklärlich bleibt da, weshalb Kunden, die sechsstellige Beträge für einen X6 oder Turbo S und ihre Selbstdarstellung abdrücken wollen, nicht auch mit einer «Gaz Guzzler»-Strafe belegt werden können: das ganz klassische Verursacher-Prinzip. Die Mehrheit der Importeure wird sich deshalb auch weiterhin wenig «umweltsensibel» zeigen, von den Politikern kann man eh nichts erwarten, die können ja nicht einmal CO2 und Feinstaub voneinander unterscheiden, die Sekte der Klimawandel-Leugner ist in Bern weiterhin bestens vertreten. Was Peugeot macht, also: Selbstbeschränkung, verdient deshalb unbedingt Sympathie.
Weil es gleich zwei Peugeot-Testfahrzeuge, den 3008 als 180-PS-Benziner und den 5008 als 180-PS-Diesel, derzeit nicht mehr zu kaufen gibt in der Schweiz, verzichten wir auf Testberichte dieser Wagen. Aber mehr Peugeot haben wir in unserem Archiv.
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