BMW 3.5 CSL IMSA
Der Schöne als Biest
Heut’ ist ja alles bis zur Schriftgrösse der Werbeaufschrift auf dem Fahrer-Overall reglementiert, wahrscheinlich unterliegen sogar die Schuhgrössen irgendeinem Anhang B. Und wenn wir heut’ Geschichten lesen, wie das vor 50 Jahren war, sogar noch vor 30, da greift man sich an den Kopf, wundert sich nur – und fragt sich, wie denn diese Amateure damals ein Rennen bestreiten wollten, das über mehr als 100 Meter führte. Gut, in dieser Story geht es um Marketing, aber ohne Geld kein Erfolg, und folglich staunt man schon, was damals noch abging. BMW, heute innerhalb des Konzerns definiert bis auf klare Vorgaben für die Reissfestigkeit des Toilettenpapiers sogar in der nordkoreanischen Niederlassung, hatte Anfang der 70er Jahre mit dem 3.0 CSL ein wahrlich scharfes Gerät am Start, man gewann 1973 nach diversen Modifikationen an diesem E9 auch die europäische Tourenwagen-Meisterschaft mit Toine Hezemans. Noch wichtiger wäre in jenen Jahren aber Amerika gewesen, BMW hätte dort gern endlich einmal einen Fuss auf den Boden gekriegt, doch man überliess das Feld, im Gegensatz etwa zu Porsche, den Privat-Teams. Das kam dann so, wie es kommen musste: nicht so gut. Und da sass ein Mann in München, zuständig für das Marketing und den Verkauf weltweit, dem trieb das den Schaum vor den Mund: Bob Lutz.
Lutz, im Geiste eine interessante Mischung zwischen kleinlichem Schweizer und grossmäuligem Amerikaner, wandte sich an den damaligen BMW-Rennleiter Jochen Neerpasch und befahl ihm, ein konkurrenzfähiges Gerät für die IMSA-Camel-GT-Serie aufzubauen. Neerpasch, als Organisator so grossartig wie als Konstrukteur, tat wie geheissen – und stellte mit dem 3.0 CSL mit dem 3,5-Liter-Sechszylinder für die Saison 1975 ein mehr als nur konkurrenzfähiges Gerät auf die Räder. Und auch gleich noch ein schlagkräftiges Team von Fahrern, Hans-Joachim Stuck, Sam Posey und vor allem Brian Redman. Gleich in der ersten Saison gewann das BMW-Werksteam in Sebring, Laguna Seca, Riverside, Daytona und Talladega. Es wurde dabei nicht nur ein Mythos geboren, sondern auch einer der schönsten Rennwagen aller Zeiten.
Es entstanden fünf Exemplare, #2275992, #2275988, #2275987, 2275986 und 2275985; dass wir sie hier in abnehmender Reihenfolge aufführen, hat den ganz einfachen Grund, dass sie genau in dieser Reihenfolge entstanden. 992 war ein Testobjekt, die anderen vier Exemplare rannten (und alle fünf existieren noch heute, zwei davon gehören dem BMW-Museum in München, wo man spät, aber immerhin erkannte, welch grandiose Maschinen da entstehen konnten). Legendär ist der Sieg von 987, den wir hier auch zeigen können, bei den 12 Stunden von Sebring 1975, wo Brian Redman fast acht Stunden hinter dem Steuer sass, einen Reifenschaden zu beklagen hatte und den Ausfall des Alternators, aber den BMW trotzdem vor einem groben Meute von Porsche 911 Carrera RSR zum Sieg fahren konnte.
Die Serien-CSL auf Basis des E9 waren zuerst (1971/72) mit einem 3-Liter ausgestattet, der es auf nicht gerade wilde 180 PS und 255 Nm maximales Drehmoment bei 3700/min brachte. Es folgte 1972/73 wieder ein 3-Liter, mit neu 3003 anstatt 2985 cm3, 200 PS und 272 Nm; von 1973 bis 1975 war es schliesslich ein 3,2-Liter mit 206 PS und 286 Nm maximalem Drehmoment bei 4300/min. Die 1974 eingeführte Rennversion hatte dann 3498 cm3 Hubraum und kam auf 440 PS bei 8500/min – man sieht das Potenzial, das in diesem Reihensechser steckte. Später experimentierte BMW dann auch mit Vierventilern und vor allem Turbo-Aufladung, man spricht von über 800 PS; die Dinger waren dann aber so gut wie unfahrbar, Erfolge feierten sie nie.
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