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Fahrbericht BMW M135i

Published in radical-mag.com

Des Widerspenstigen Zähmung

Die «Problematik» des Frontantriebs beim neuen 1er-BMW haben wir ja schon und auch deutlich angesprochen im Fahrbericht des BMW 118d. Dort hatten wir ausserdem geschrieben, dass die neue Bauweise schon auch ihre Vorteile hat, etwa im Winter, die hinteren Passagiere finden mehr Platz vor, der Einstieg nach hinten ist einfacher, und auch der Kofferraum ist gewachsen, um 20 auf 380 Liter, was sehr anständig ist (maximal sind 1200 Liter möglich). Ausserdem, aber das hatten wir in jenem Bericht nicht geschrieben: BMW verkauft natürlich gerne gegen einen satten Aufpreis den Allradantrieb. Und kann das auch weiterhin bestens, im Gegensatz zu Audi, dass den «quattro» in der Schweiz einherschenken muss, sonst würden die Verkaufszahlen noch viel bitterer aussehen.

Das (vorläufige?) Top-Modell der 1er-Reihe, der M135i, kommt sowieso mit Allradantrieb, ein reiner Fronttriebler wäre wohl auch überfordert von der Kraft des bekannten 2-Liter-Turbo, der 306 PS stark ist und ein maximales Drehmoment von 450 Nm zwischen 1750 und 5000/min zur Verfügung stellen kann. Die Kraft, die über die serienmässige 8-Gang-Automatik sehr fein verteilt wird, geht zu maximal 50 Prozent an die Hinterachse – was zur Folge hat, dass der Münchner kein böser Hooligan mehr ist wie sein Vorgänger (M140i), sondern ein sich jederzeit sehr berechenbar, absolut neutral verhaltender Musterschüler. Man muss das aber auch klar sehen: Nur ganz, ganz wenige 1er-Kunden wedelten bislang mit dem (breiten) Hintern, kamen quer aus den Kreiseln, bewegten ihr Gerät im Grenzbereich auf der Rennstrecke, wo der reine Hecktriebler aber sicher mehr Spass gemacht hat. In 99 Prozent der Fahrsituationen ist der neue M135i sicherer, einfacher zu beherrschen – und auch noch deutlich komfortabler. Leider tönt der Vierzylinder halt auch wie – ein Vierzylinder.

Wir wissen jetzt nicht, ob BMW bei der 1er-Reihe noch einmal einen draufsetzt, ob es auch noch ein böses Teil geben wird (wahrscheinlich eher nicht). Platz wäre da schon, denn der M135i hat einen ganz anderen Charakter als der M140i, er ist ein ausgesprochen souveränes Fahrzeug, das zwar satte 1,6 Tonnen wiegt, aber trotzdem einen noch vernünftigen Verbrauch (7,1 Liter gemäss Werk) sowie ganz feine Fahrleistungen vorweisen kann, in 4,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h rennt, maximal und elektronisch begrenzt 250 km/h schnell ist. Das können in der Golf-Klasse andere auch (der bald aktuelle Golf 8 vorerst aber: nicht), doch der Münchner macht dabei nicht auf Grobian oder gar (Stuttgarter) Prolet, sondern tritt so einigermassen dezent auf; zwei Endrohre müssen genügen. Und so bewegt man ihn halt irgendwie auch, das Messer zwischen den Zähnen ist gar nicht notwendig, um schnell, sehr schnell zu sein – die saubere Linie wird (auch vom Allradantrieb) belohnt. Ja, man spürt sanfte Kraftflüsse auf die Lenkung (wohl vor allem deshalb, weil man sich darauf achtet), doch die Präzision leider darunter wohl erst in Querbeschleunigungsbereichen, die man auf öffentlichen Strassen nicht ausprobieren sollte. An der Vorderachse arbeitet eine Torsen-Differentialsperre, doch auf trockener Strasse wird man ihre Wirkung kaum je spüren, denn der BMW verfügt über wunderbaren Grip, eine ganz feine Bodenhaftung, macht schon der Grundeinstellung kaum einen Wank. Auf den Fahrmodus «Sport» werden nur die ganz harten Jungs nicht verzichten wollen.

Wer schon andere BMW gefahren ist, wird sich auch im neuen M135i auf Anhieb zurecht finden. Unser Proband verfügt über die gar nicht so engen Sportsitze, die guten Seitenhalt bieten und alles andere als unkomfortabel sind; schön verarbeitet war er auch, die Materialien waren edel. Das darf man aber auch erwarten, denn mit einem Basispreis von 58’600 Franken ist dieser oberste Einser ja kein Schnäppchen. Aber eben: so viel Souveränität gibt es im Golf-Segment sonst nirgends.

Mehr BMW haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht BMW M135i erschien zuerst auf radicalmag.