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Test Seat Leon Cupra ST 370

Published in radical-mag.com

Ganz locker bleiben

Die vier Auspuff-Endrohre wären nicht nötig. Zu deutlich zeigt der Seat Leon Cupra ST 370 damit an, dass da ziemlich der Bär los unter der Motorhaube, dass er kein braver Familien-Kombi mehr ist. Rein technisch sind vier Endrohre bei einem Vierzylinder eh ziemlich unnötig, und wäre da noch etwas mehr Understatement, würden die Gesichter der anderen Verkehrsteilnehmer noch länger – zumal der Seat nicht auf 250 km/h Höchstgeschwindigkeit eingebremst, sondern erst bei 265 km/h limitiert wird. Ach ja, der Allradler rennt ausserdem in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h – was ihn zu einem der spurtstärksten Kombinationskraftwagen überhaupt machen dürfte. Da muss man dann bei OMG oder Audi wohl einen sechsstelligen Betrag auslegen, um auf ähnliche Fahrleistungen zu kommen; die Cadillac ATS und CTS gibt es ja leider nicht mehr als Kombis.

Abt hat dem bekannten 2-Liter-TFSI-Vierzylinder aus den tiefen Regalen des Volkswagen-Konzern durch klassisches Chip-Tuning noch einmal 70 zusätzliche PS eingehaucht, das maximale Drehmoment liegt nun bei 460 Nm zwischen 1800 und 5500/min. Der bisherige Cupra war mit seinen 300 Pferden ja auch schon nicht untermotorisiert – Hand auf’s Herz: den ganz grossen Unterschied haben wir bei der Abt-Version auf öffentlichen Strassen nicht wirklich gespürt. Dort ganz oben, wo es auf die maximale Leistung ankommt, haben wir ihn nur kurz auf der deutschen Autobahn bewegt – und hatten Freud’, wie der Seat bis 240 km/h absolut souverän durchzog. Aber sonst, auf der Landstrasse, am Berg, dort ist der Unterschied minim – vielleicht ist der 370er noch eine Spur lauter im «Cupra»-Modus. Der Verbrauch lag bei durchschnittlich 8,2 Liter, also schon etwas höher als beim 300-Pferder, doch vielleicht haben wir auch etwas öfter den «Cupra»-Zusatz gewählt.

Ebendort, in jenem Fahrmodus, bringt der hübsche Spanier jede Menge Spass. Er ist von jener gesunden Härte, für die die Produkte aus dem Hause Volkswagen bekannt sind, doch das ist nicht unangenehm. Die serienmässigen 19-Zöller sorgen zusammen mit dem Allradantrieb für ausgezeichneten Grip, man hat irgendwie dauerend das Gefühl: da geht noch mehr. Man muss sich wirklich schon fast Mühe geben, bis der Vorderwagen auch nur leicht ins Rutschen kommt. Die Bremsen von Brembo sorgen für standesgemässe Verzögerung, also: auf Sportwagen-Niveau. Was aber halt auch nett ist: bewegt man den Cupra ganz brav im «Comfort»-Modus, dann ist er angenehm ruhig, fast schon friedlich – halt so, wie man es von einem Familienkombi erwartet, der so nebenbei auch noch ein gut nutzbares Kofferraum-Volumen von 587 bis 1470 Liter bieten kann. Es ist ansonsten alles so, wie man es von so sehr vielfältigen MQB-Fahrzeugen kennt, also: cleveres Bediensystem, Connectivity, Infotainment, Verarbeitung.

Was der Cupra ST 370 auch noch bieten kann: eine sehr, sehr reichhaltige Serien-Ausstattung. Neben der schon erwähnten Sportauspuff-Anlage und den 19-Zöllern fallen vor allem die Cupra-Schalensitze in Alcantara auf, die wirklich lobenswert sind, perfekter Seitenhalt – und auch auf der Langstrecke nicht unbequem. Für fast 14’000 Franken werden Sonderausstattungen in den Leon ST eingebaut – und der Basispreis verbleibt trotzdem bei sehr vernünftigen 55’450 Franken. Da kann man tatsächlich ganz locker bleiben – und sich auch etwas wundern, weshalb der Volkswagen-Konzern solch ein Angebot bei einem Seat zulässt, der damit alle sportlichen Golf-Varianten obsolet macht (Golf R Variant ab ebenfalls 55’450 Franken – aber halt ohne Ausstattung). Was der Grund sein könnte, weshalb der Seat Leon Cupra ST 370 auf gerade einmal 225 Exemplare beschränkt bleibt. Als nächstes kommt der Leon dann wohl als Modell der neuen Marke Cupra – mit noch mehr Pferdchen?

Mehr Seat haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Seat Leon Cupra ST 370 erschien zuerst auf radicalmag.