Test VW up! GTi
Ein Automobil!
Es ist ein lustiges Geräusch, das der Antrieb des VW up! GTi da von sich gibt. Es hat etwas von einem behaglichen Furzen, und das soll jetzt nicht falsch falsch verstanden sein, das ist absolut sympathisch, ein angenehm knurrender Ton, der auch bei höheren Drehzahlen nicht hysterisch wird. Nicht all diese Downsizing-Dreizylinder klingen gut, das 1-Liter-Motörchen im up! aber schon. Und es sorgt auch für ordentlichen Vortrieb, bewegt den kleinsten Volkswagen mehr als ordentlich. So sehr, dass wahre Fahrfreud aufkommt – ganz besonders deshalb, weil der Pilot selber daran arbeiten kann, den Zwerg in Schwung zu bringen und bei Laune zu halten. Fahren – nicht gefahren werden. Ja, man kann diesen Wagen an sein Limit bringen, er geht dann schon auch heftig über die Vorderachse, doch das geschieht alles in einem Bereich, den die geübte Fahrerin, der routinierte Fahrer als Spass an der Freud empfindet. Wir würden es jetzt nicht gerade als Go-Kart-Feeling bezeichnen, aber es kommt dem sehr nahe. Und auch wenn der up! GTi selbstverständlich auch über elektronische Helferlein verfügt, aus gesetzlichen Gründen darüber verfügen muss, so müssen sie doch nie derart ins Geschehen eingreifen, dass man sich bevormundet fühlt. Einmal mehr: Fahrfreude definiert sich nicht über immensen Leistungsüberfluss, der einzig und allein der Längsdynamik dient, sondern über die Intensität des Lächeln bei einer ambitionierten Fahrt durch Kurven.
Freude macht auch das gut abgestufte, selbstverständlich manuelle 6-Gang-Getriebe. Auch die Bremsen sind passend dimensioniert, gut dosierbar. Und die Lenkung ist schön präzis, erzählen auch etwas von der Beschaffenheit der Strasse, was wir mit all diesen elektrischen Dingers ja kaum noch erleben. Das Fahrwerk könnte noch eine Spur härter abgestimmt sein, für unseren Geschmack, das würde den Kleinen noch mehr zum Giftzwerg machen. Und etwas bessere Gummis hätten unser Vergnügen noch erhöhen können. Aber als Gesamptpaket ist das schon sehr stimmig, gefällt uns besser als der Polo GTi, der zwar auch nicht viel grösser ist und deutlich mehr Dampf hat, aber zu sehr zu einem Kompromiss geworden ist (siehe auch: Test).
Der kleinste VW sei noch für anderes gelobt: er kann zwar alles, was heute in Sachen Connectivity gefragt sein soll – und doch fühlt man sich nicht in einem überdimensionalen Smartphone. Es gibt keinen zwei Quadratmeter grossen Touchscreen, der das gesamte Armaturenbrett dominiert – im Zentrum steht das Lenkrad, an dem man arbeiten will. Natürlich schaltet er selbständig das Licht ein und erkennt auch Wassertropfen auf der Frontscheibe, und doch hat man das gute Gefühl, man dürfe noch selber bestimmen, was wann und wie passiert. Es herrscht eine angenehme Schlichtheit im Innern, und sie erinnert uns an die guten Zeiten, als Automobile noch Automobile sein durften und nicht überdimensionierte Rechner auf Rädern sein mussten. Die Sitze im klassischen GTI-Karo sind relativ eng, knackig hart, aber das geht sich auch auf längeren Fahrten gut aus. Für die hinteren Passagiere ist nicht gerade viel Raum, der Kofferraum ist mehr so: ein Witz, doch wir sprechen hier von einem Kleinstwagen, da darf das so. Und man kann bei Bedarf die hinteren Sitze ja auch abklappen. Unser Testwagen war ein Fünftürer; gerade dem Spassmobil GTi gereicht aber die dreitürige Version auch optisch zum Vorteil. Als wilder Verkaufsschlager hat sich der 2011 vorgestellte und 2016 aufgefrischte up! ja bisher noch nicht erwiesen. Zumindest in der Schweiz hat die jüngste Variante, also dieser GTi, nun aber frischen Wind in den Absatz gebracht.
Unweigerlich muss ja der Vergleich mit der ersten Generation des VW Golf GTI kommen, zumal unser Testwagen VW up! GTi auch in diesem klassischen Rot strahlt, in dem man schon der Urvater der Hot-Hatches liebte. Es beginnt bei den Abmessung: der erste GTI war 3,70 Meter lang, 1,61 Meter breit und 1,39 Meter hoch – der up! ist 3,6 Meter lang, 1,64 Meter breit und 1,48 Meter hoch. Als GTi erbringt der up! aus seinem 1-Liter-Dreizylinder-Turbo 115 PS und ein maximales Drhemoment von 200 Nm zwischen 2000 und 3500/min, beim Ur-GTI waren es mit einem frei saugenden 1,6-Liter-Vierzylinder noch 110 PS und ein maximales Drehmoment von 137 Nm bei 5000/min gewesen. Damit mussten offiziell 810 Kilo bewegt werden; beim up! GTI sind es nun schon 1070 Kilo. Fahrleistungen: der up! will in 8,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h bschleunigen und 197 km/h Höchstgeschwindigkeit erreichen, der Golf brauchte noch 10 Sekunden und war maximal 183 km/h schnell. Ach ja: es sind 43 Jahre vergangen, seit die ersten VW Golf GTI auf den Markt kamen – und in Zahlen den grössten Unterschied gibt es eigentlich beim Verbrauch, der beim Golf noch mit 10 Liter/100 Kilometer angegeben wurde, beim up! jetzt noch mit 5,7 Litern. Im Test haben wir diesen Wert übrigens deutlich unterboten, kamen auf 4,9 Liter – obwohl wir nicht nur so über die Autobahn glitten. Das ist eine gute Form von Fortschritt.
Gut, 1070 Kilo sind nicht 810 Kilo, aber man darf den up! GTi trotzdem als den legitimen Nachfolger des Ur-GTI betrachten. Er hat es mehr verdient als die aktuellen Golf GTi, die den Anschluss an die Konkurrenz aber so etwas von verpasst haben, dass man sie nur noch als (teure) Ausstattungsvariante des ewigen Bestsellers ernst nehmen kann. Wir haben da so ein kleines Spiel, wir raten jeweils gerne vor dem Blick in die Preisliste, was denn der jeweilige Testwagen so in etwa kosten könnte. Meist liegen wir dann deutlich zu tief, beim up! GTi aber für einmal klar zu hoch. Der ziemlich komplett ausgestattete Testwagen war mit 21’647 Franken angeschrieben, was wir gerne und unbedingt als fair bezeichnen wollen. Der Kleine bietet deutlich mehr Sein als Schein, und das ist ja heute selten genug.
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