Ferrari 365 GT 2+2
Der Dicke
Als die Journalisten des amerikanischen Fach-Magazins «Road & Track» Ende der 60er Jahre den Ferrari 365 GT 2+2 testeten, verpassten sie dem Wagen den Übernamen «Queen Mary». Ob sie sich dabei auf das riesige Kreuzfahrtschiff oder die nicht gerade für ihre Schönheit berühmte ehemalige englische Königin bezogen, das ist nicht mehr bekannt. Doch «Queen Mary» ist dem Ferrari geblieben – und es ist nicht unbedingt als Lob zu verstehen.
Der Ferrari 365 GT 2+2 wurde im Herbst 1967 auf dem Pariser Auto-Salon vorgestellt. Das Design kam Pininfarina und wird Aldo Brovarone zugeschrieben. Und es war wahrlich ein mächtiges Trumm, das da präsentiert wurde: 4,97 Meter lang (es dürfte bis heute der längste Ferrari geblieben sein) – und 1,6 Tonnen schwer. Der Radstand betrug nur gerade 2,65 Meter, die Platzverhältnisse innen waren also nicht grossartig, aber trotzdem grosszügiger als bei jedem Ferrari vorher, man konnte hinten sogar so einigermassen sitzen. Vor allem hinten war der Überhang sehr, sehr lang – und der Kofferraum trotzdem relativ klein, denn er musste noch ein vollwertiges Reserverad aufnehmen.
Erstaunlicherweise war die «Queen Mary» aber trotzdem agil. Das lag daran, dass sie als erster Strassen-Ferrari überhaupt auch hinten eine Einzelrad-Aufhängung erhielt. Und eine Niveauregulierung. Schwachpunkt war die sehr leichtgängige (und serienmässige) Servolenkung – der Ferrari fuhr sich tatsächlich ein wenig wie ein Schiff. Man musste die «Queen Mary» schon gut im Griff haben, denn der 4,4-Liter-Zwölfzylinder trat ja mit doch 320 PS an, die machten den grossen, grossen Ferrari dann auch 245 km/h schnell. Es handelte sich dabei um die letzte Ausbaustufe des einst nur 1,5 Liter grossen Zwölfzylinder, den Gioacchino Colombo schon kurz nach dem 2. Weltkrieg konstruiert hatte.
Selbstverständlich war der 365 GT 2+2 kein Rennwagen, die Innenausstattung war ganz auf Komfort ausgelegt, die Sitze auch mächtig und mit wenig Seitenhalt. Auch der Preis war für die damalige Zeit exorbitant, rund 70’000 Franken mussten ausgelegt werden, das war mehr als für einen Rolls-Royce. Bis 1971 entstanden (wahrscheinlich) 801 Exemplare. Erstaunlich ist aber trotzdem, dass die «Queen Mary» heute wenig Interesse weckt, sie gehört zu den günstigsten klassischen Ferrari-Zwölfzylindern überhaupt, es wurden noch kaum je Preise von mehr als 300’000 Franken bezahlt.
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