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Test Kia Niro

Published in radical-mag.com

Überraschung

Kia geht manchmal etwas spurlos an uns vorbei, obwohl: der Sorrento hatte uns ja gut gefallen, einst, vor allem das Verhältnis von Preis zu Leistung. Doch jetzt hatten wir gleich zwei Kia hintereinander im Test, den Optima GT als Kombi behandeln wir später, hier sei der Niro vorgestellt. Den wir zu Beginn gar nicht so recht einschätzen konnten, so rein optisch ist er ja eine Mischung aus Crossover, kompaktem SUV und auch noch ein bisschen Kombi – und doch alles auch nicht. Was jetzt aber nicht bedeuten soll, dass er uns nicht gefallen würde, dieser Mix ist ganz adrett geworden, mal wieder etwas anderes – und kleine SUV gibt es ja nun wirklich schon mehr als genug. Es sind die Koreaner zu beglückwünschen, dass sie nicht auch diesen abgetrampelten Pseudo-Abenteuer-Pfad gehen.

Er ist ja auch sonst ziemlich aussergewöhnlich, der Niro. Das hat in erster Linie mit seinem Antrieb zu tun, denn da wird ein 1,6-Liter-Benziner mit eher mässigen 105 PS mit einem 32 kW starken E-Motor kombiniert. Ein Hybrid also, allerdings nicht mit einem sonst so typischen und meist eher grauenerregenden CVT-Getriebe kombiniert, sondern sauber geschaltet über ein 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Das ist eine gute Sache, die Kraftflüsse sind bestens koordiniert, die Schaltvorgänge kaum spürbar – und es versumpft nicht die ganze Energie – die Systemleistung beträgt 141 PS – irgendwo in einem Strumpfband. Zwar will der E-Antrieb nur bis 130 km/h mittun, darüber brummelt der Vierzylinder dann eher laut und etwas lahm ganz allein vor sich hin, doch gerade für die Schweiz ist diese Kombination perfekt, mehr braucht kein Mensch. Das gilt auch für die Fahrleistungen: 11,5 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h liest sich jetzt nicht gerade sportlich, doch es reicht alleweil, genau wie die «nur» 162 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Es ist dafür wirklich lobenswert, was da im richtigen Leben abgeht. Denn er zieht prächtig ab, 265 Nm maximales Drehmoment stehen schon ab 1000/min zur Verfügung, da braucht der Pilot auch die Paddels nicht zu vermissen. Es gibt auch nicht 336 verschiedene Fahr-Modi (wie im Infiniti Q60), sondern genau: einen. Und der ist so sauber abgestimmt, dass wir zwar den Normverbrauch von 4,4 Litern nicht erreichten, aber die 5,5 Liter im Test sind als vorbildlich zu bezeichnen. Gut, man kann sich da schon fragen, was der ganze technische Aufwand soll, der den Niro dann stolze 1566 Kilo schwer macht, ein Diesel kann das ja auch und vielleicht sogar noch besser. Aber es gibt es gibt halt auch eine nicht unwesentliche Käufergruppe, die mag keine Selbstzünder. Im Laufe des Jahres soll der Niro, der ja ein Brüderchen des Hyundai Ioniq ist, dann auch noch als Plug-in-Hybrid kommen – dann wird er zwar nicht leichter, aber noch sparsamer.

In Sachen Fahrwerk ist da noch etwas Luft nach oben. Zwar lässt sich der Koreaner trotz grosser Bodenfreiheit und relativ hohem Aufbau (Höhe 1,55 Meter) schön flott durch die Kurven rangieren, doch der Federungskomfort könnte durchaus noch etwas besser sein. Was aber vielleicht den 18-Zöllern, die bei unserem Testwagen montiert waren, geschuldet sein könnte, genau wie die Rumpelgeräusche dann, wenn die Fahrbahn nicht so gut ist. Auf der Autobahn zeigt sich der Niro dann aber als feiner Gleiter – und da wird er ja wahrscheinlich mehr Kilometer machen als auf der Rennstrecke.

Im Innenraum erfindet der Koreaner das Automobil nicht neu. Aber man darf erfreut feststellen, dass der einstige Interieur-Barock aus Korea wohl nun endgültig der Vergangenheit angehört, das ist alles gut gemacht, schön verarbeitet, logisch aufgebaut. Grosser Touchscreen – und kaum noch Plastik: so muss das sein. Das Platzangebot ist vorne wie auch hinten überraschend gross für ein Fahrzeug, das man mit einer Länge von 4,36 Metern als durchaus kompakt bezeichnen darf. Und für seine Grösse sind auch die mindestens 347 Liter Kofferraum eine gute Ansage, zumal es zudem noch viele Ablagen gibt und einen doppelten Boden im Gepäckraum. Bei abgeklappten Rücksitzen bringt es der Kia auf 1345 Liter, auch das ist ein stolzer Wert, den man im Alltagsgebrauch schätzen lernen wird. Genau wie die guten Sitze, auf denen man auch längere Strecken bestens hinter sich bringt.

Den Niro gibt es ab 36’400 Franken. Das erscheint auf den ersten Blick als nicht gerade günstig, doch man muss da wissen, dass die Ausstattung sehr komplett ist, inklusive Leder, Abstandsradar, Navi, etc. Und dann ist da ja auch noch die 7-Jahres-Garantie, die in der Industrie weiterhin einmalig ist – und für alle, die knallhart rechnen, schon ein guter Grund für den Kauf eines Kia. Der Niro gibt aber selber noch jede Menge weiterer gute Gründe, Optik, Verbrauch, Verarbeitung – und wir sind selber ein wenig überrascht, wie gut uns der Koreaner gefallen hat.

Mehr Kia haben wir in unserem Archiv, zusammen mit Hyundai.

Der Beitrag Test Kia Niro erschien zuerst auf radicalmag.