Aston Martin V8
Oscar India?
Eigentlich ist der V8 ja schuld am Niedergang von Aston Martin. Das kam so: Zwar war der DB6 erst 1965 auf den Markt gekommen, doch es war absehbar, dass er seine besten Zeiten bald schon hinter sich haben würde, die Grund-Konstruktion war antiquiert. Schon 1966 beschloss Aston Martin deshalb, ein ganz neues Fahrzeug zu bauen, moderner, grösser, mit einem Achtzylinder-Motor. Bereits im Oktober 1966 standen zwei Entwürfe von Touring auf dem Stand von Aston Martin auf dem Pariser Salon, doch sie trafen den Geschmack des Publikums gar nicht. Erstaunlich eigentlich, denn schon 1965 hatte Touring den DBSC in petto (siehe unten), von dem der spätere DBS dann auch seinen Namen erhielt.
Es wurde William Towns, den die Engländer eigentlich für das Design ihrer Sitze eingestellt hatten, beauftragt, einen neuen Entwurf zu zeichnen. Es heisst, er habe zuerst einen Viertürer gemalt – weil sich seiner Meinung nach ein – ebenfalls geplantes – grosses Auto leichter verkleinern lasse als ein kleines vergrössern. Wie auch immer, das Design von Towns, das ab der B-Säule nicht von ungefähr wie eine Mischung aus Ford Mustang und Chevrolet Camaro aussieht, wurde vom Firmenlenker David Brown für gut befunden. Trotz der Heckleuchten vom Hillman Hunter.
Schon ein Jahr später stand der neue Aston Martin DBS wiederum in Paris als Serienmodell. Weil es etwas gar schnell ging, der neue V8 noch nicht bereit war, wurde der bekannte 4-Liter-Reihensechser aus dem DB6 eingebaut, der in der Basisversion 282 PS leistete und als Vantage auf 325 PS kam. Das war nun aber nicht so das Gelbe von Ei, denn der DBS war nicht nur weniger aerodynamisch gestaltet als der DB6, sondern auch massiv schwerer – 1,7 Tonnen waren Ende der 60er Jahre ein grober Brocken. Die Begeisterung der Kundschaft hielt sich in sehr engen Grenzen, obwohl George Lazenby so ein Teil fuhr im 69er Bond «On Her Majesty’s Secret Service», nur gerade 787 DBS wurden bis 1972 verkauft. Ein Grund dafür war sicher auch der exorbitante Preis, in der Schweiz kostete dieser dürftige Aston Martin mit dem Sechszylinder-Motor 62’000 Franken, dafür gab es auch einen Ferrari mit weit besseren Fahrleistungen.
1969 konnte dann endlich der neue Achtzylinder verwendet werden, den Tadek Marek auf Basis des Reihensechsers entwickelt hatte. Es war zwar ein V-Motor, doch die Bohrung wurde übernommen, damit man die gleichen Kolben wie vorher verwenden konnte. Aus 5,3 Liter Hubraum holte der V8 etwa 315 PS (es gab keine offiziellen Angaben) – damit war dann auch ein schwerer DBS so einigermassen angemessen unterwegs. Zumindest auf dem Papier, er wollte in 5,9 Sekunden auf 60 Meilen rennen und 257 km/h schnell sein – zeitgenössische Messungen zeigten aber ein ganz anderes Bild, knapp 230 km/h, rund 7 Sekunden auf 100, dafür ein Testverbrauch von 28 Litern. Auch als DBS V8 war der neue Aston kein Renner, bis 1972 wurden nur gerade 402 Stück verkauft. Und der Misserfolg hatte zur Folge, dass David Brown Aston Martin an Company Developments verschachern musste.
Die neuen Eigentümer tilgten als Erstes die Bezeichnung DB; der DBS V8 hiess nur noch V8 und ist zu erkennen an einer neuen Frontgestaltung mit zwei einzelnen Scheinwerfern. Doch ansonsten gab es keine Unterschiede zwischen der Serie 1 und der Serie 2, die bis 1973 gebaut wurde (288 Stück). Danach folgte, logischerweise, die Serie 3, deren Achtzylinder – geschaltet über ein manuelles 5-Gang-Getriebe von ZF oder eine Dreigang-Automatik von Chrysler – nicht mehr über eine unzuverlässige Bosch-Einspritzung, sondern über vier Weber-Doppelvergaser genährt wurde; dies bedingte auch eine deutlich vergrösserte Lutzhutze auf der Motorhaube. Die Leistung sank 1976 wegen neuer Abgasvorgaben auf 292 PS. Bis 1978 wurden 967 Exemplare der Serie 3 gebaut.
Es kam dann: Oscar India. OI steht für «October Introduction» oder «October Introduced», denn der neue Wagen wurde im Oktober 1978 in Birmingham vorgestellt – und dann wurde die Bezeichnung halt wieder – militärisch, funksprachlich? – verlängert. Die Serie 4 ist die mit Abstand gesuchteste der V8 – warum, das ist nicht so genau erklärbar. Einverstanden, das Interieur war hochwertiger, mehr Holz, aber die Leistung sank auf 245 Pferdchen, das Gewicht stieg auf etwa 1,9 Tonnen. Das Teil war definitiv: fett. Ein übler Spoiler am Heck, eine dicke Wulst auf der Motorhaube, eine Front vom Billig-Tuner; der V8 sah so schwer aus wie er auch wirklich war. Bis 1985 konnten nur noch 352 Stück abgesetzt werden; ab 1981 wurden die Coupé nur noch auf Bestellung gebaut, denn 1978 war der offene Volante eingeführt worden, der sich deutlich besser verkaufte als die geschlossene Version, bis 1986 wurden es immerhin 656 Exemplare. Es ist schon etwas eigenartig: die eigentlich grausligste Variante ist die mit dem höchsten Wert, denn auch die Volante sind viel günstiger zu haben als die Oscar India.
Trotz 70 Kilo schwerer Verstärkungen war das Cabrio etwa so verwindungssteif wie Barbapapa. Dazu gibt es auch noch folgende Anekdote: Zu Beginn des James-Bond-Film «The Living Daylights» ist ein Volante zu sehen (der übrigens dem damaligen Aston-Chairman Victor Gauntlett gehörte). Dem verpasste Q dann später im Film, indem Timothy Dalton die Hauptrolle gab, ein Hardtop. Doch noch später wird dann ein klassisches Serie-4-Coupé verwendet – es heisst, der Volante sei nicht stabil genug gewesen Aufbauten und Verfolgungsjagden. Ein Klassiker unter den Film-Fehlern.
Serie 5 gab es auch noch, ab 1986 bis 1989, 405 Coupé wurden gebaut, dazu 216 Volante (einen der letzten zeigen wir unten). Das war’s dann. Zum Glück.
Mehr Brits haben wir in unserem Archiv. (Und nein, wir wissen derzeit auch nicht, weshalb nicht alle Bilder korrekt angezeigt werden. Wenn man aber die Galerie betrachtet, dann erscheinen sie, also: nicht weiter schlimm. Und ja, wir würden gerne auf www.radical-classics.com verlinken, wo es noch weit mehr Aston-Stories hat, doch das funktioniert derzeit auch nicht. Wir arbeiten dran – und sorry.)
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