BMW M1 Procar #1053
Kunst und Tragödie
Um nur wenige Fahrzeuge ranken sich so viele tragische Geschichten wie um den BMW Procar M1 mit der Chassisnummer #1053. Dieser M1 war das 20. von 45 gebauten Exemplaren. Er wurde am 9. Mai 1979 fertiggestellt und am 28. August nach New York ausgeflogen. Erster Besitzer war Peter Gregg, der, kurz nachdem er erfahren hatte, dass eine Rennversion des M1 entwickelt wurde, schon im August 1978 eine Bestellung bei BMW-Motorsportchef Jochen Neerpasch aufgegeben hatte. Der Wagen sollte so schnell wie möglich ausgeliefert werden und hatte als Besonderheit einen Fahrer- und einen Beifahrersitz.
Peter Gregg ist unter den Rennfahrern eine sehr aussergewöhnliche Persönlichkeit. Geboren 1940, studierte er Ende der 50er Jahren Englisch an der Universität von Harvard. Anfang der 60er Jahre steigt er in den Autohandel ein, dies mit viel Erfolg, er überzieht Florida schnell mit einem Netz an Porsche-, Mercedes, Fiat- und MG-Vertretungen. Erst mit 25 beginnt er mit dem Rennsport, dies aber ebenfalls mit Erfolg: Von 340 Rennen beendet er 152 als Sieger. Er gewinnt die Trans-Am-Meisterschaft, die IMSA GTO-Serie und belegt erste Plätze bei den 24 Stunden von Daytona und den 12 Stunden von Sebring. Gregg wird 1977 mit einem privaten Porsche 935 Dritter in Le Mans, 1978 wiederholt er diesen Erfolg im Werksteam.
Die Beziehung zu Porsche ist sehr eng – und hat ein Namen: Brumos. Die weissen Porsche mit den roten und blauen Streifen sowie der Startnummer 59 gelten in den USA über viele Jahre als nahezu unschlagbar. Vom 911 Carrera RSR über den 934 bis zum 935 setzt Brumos verschiedene Porsche ein, die häufig direkt über den Porsche-Kundensport in Weissach gekauft werden. Als er aber 1976 einen CSL als offizieller Werksvertreter fahren durfte, erwarb Gregg auch eine BMW-Vertretung.
Und nun kommt Frank Stella ins Spiel. 1976 wurde der amerikanische Maler, Bildhauer und Grafiker beauftragt, das zweite Art Car von BMW zu entwerfen. Stellas «Grid Blueprint»-Design wurde auf einen 3,2-Liter-CSL angewendet, der von Brian Redman und Peter Gregg in Le Mans gefahren wurde. Stella und der Kunstliebhaber Gregg wurden schnell enge Freunde.
Kurz nach der Bestellung des M1 reisten Gregg und Stella zum Grossen Preis von Italien. Dort mussten sie zusehen, wie ihr guter Freund und Ex-BMW-Fahrer Ronnie Peterson schon in der ersten Runde in eine schwere Massenkarambolage verwickelt wurde. Peterson, eine der populärsten Persönlichkeiten im damaligen Rennsport, starb am nächsten Tag an einer Embolie. Stella beschloss, seine neue Serie mit dem Namen «Polar-Koordinaten“ Peterson zu widmen – und fragte Gregg, ob er dessen M1 damit bemalen dürfte. Was ihm Gregg selbstverständlich erlaubte. Der «Art Car», der nicht zur offiziellen Serie solcher Fahrzeuge von BMW gehört, wurde Anfang 1980 fertiggestellt. Inspiriert von Polarkoordinaten auf Millimeterpapier mit von der Mitte ausgehenden Linien, erinnerten die schwungvollen Kurven und Linien an den «Flow» im Rennsport.
Im Rahmen der 24 Stunden von Le Mans 1980 verunfallt Peter Gregg im Strassenverkehr, wobei er sich eine Kopfverletzung zuzieht. Nachdem sich Gregg erholt hatte, steigt er wieder ins Renn-Cockpit. Doch bei einem Rennen in Daytona kann er den Speed an der Spitze nicht mehr mitgehen. Als er danach über Sehstörungen klagt, untersagt ihm die IMSA weitere Starts. Die Karriere des Rennfahrers Peter Gregg ist damit beendet.
Kurz nach dieser Nachricht heiratet der so brilliante wie komplexe Charakter Peter Gregg. Alles scheint gut zu sein. Doch nur neun Tage nach der Trauung erschiesst sich Gregg am Strand von Jacksonville. Kaum jemand hatte gewusst, der «Peter Perfect» wie er gerne genannt wurde, unter unter manischen Depressionen litt, seit seine Mutter Selbstmord begangen hatte, als sie eine Torte für seinen siebten Geburtstag abholte.
Der von Stella bemalte BMW #1053 wurde nie bei einem Rennen eingesetzt. Wahrscheinlich wurde er gar nie gefahren. Die Witwe von Peter Gregg, Deborah, behielt den Wagen bis 1990. Dann verkaufte sie ihn an Stephen und Barry Tenzer. Die ihn wiederum 1999 an das Solomon R. Guggenheim Museum in New York weitergaben, wo der BMW bis 2011 verblieb.
Eine Sammlung der BMW M1 finden Sie: hier.
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