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Bonhams in Bonmont

Published in radical-mag.com

Goldkettchen

Bonhams dürfte ziemlich erleichtert gewesen sein, als es der McLaren P1 dann doch noch auf einen siebenstelligen Betrag schaffte. Inklusive Aufpreis brachte das 180. von 375 Exemplaren 1’207’500 Franken – und wurde durchgewinkt, obwohl es die P1 schon auf deutlich höhere Beträge geschafft hatten. Die Organisatoren dürften erleichtert gewesen sein, nachdem es zuvor ein Bugatti Type 57 C Aravis auf nur 805’000 Franken gebracht hatte und der vermeintliche Höhepunkt der Auktion, ein Ferrari 250 GT Lusso, gar stehengeblieben war, obwohl der Schätzpreis von 1.35 bis 1.95 Millionen Franken doch als einigermassen vernünftig bezeichnet werden durfte (er wurde im Nachgang dann doch noch verschachert, für 1’340’348 Franken).

Einige der angebotenen Fahrzeuge konnten erstaunliche Preise erzielen. Für den Mercedes CLK 63 AMG Black Series, der einst Roger Federer gehört hatte, bezahlte ein Fan stolze 195’500 Franken; hey, ein Gebrauchtwagen. Auch ein Mercedes G63 AMG 6×6 Pick-up übertraf den Schätzpreis deutlich: Das obere Estimate für das Fahrzeug mit erst 195 Kilometern auf dem Tacho lag bei 450’000 Franken, zugeschlagen wurde es (mit Aufpreis) für stolze 667’000 Franken. Es waren anscheinend viele Sterne-Freunde im Golf & Country-Club Bonmont in Chéserex, weil ein Mercedes G65 Maybach Landaulet mit 707’250 Franken sowie ein SLS AMG Black Series mit 517’500 Franken teilweise deutlich über dem Occasionshändlerschnitt lagen. Das wohl beste Geschäft machte der Käufer des 97er Porsche 911, den Martina Hingis einst bei einem Turnier gewonnen hatte: Der Preis von nur 25’300 Franken darf als Schnäppchen bezeichnet werden.

So medien- und vielleicht auch publikumswirksam ein Federer-Benz und ein Hingis-Porsche auch sein mögen, so spannend das Angebot von gleich drei aussergewöhnlichen G-Klassen auch war, sie zeigen gleichzeitig das Problem auf, das Bonhams in Bonmont hatte: Sie ziehen ein Publikum an, das kein Interesse an einem Vorkriegs-Bugatti oder ­einem bald 60-jährigen Ferrari hat. Und diese AMG-Monster wiederum schrecken wohl jene potenziellen Kunden ab, die das Spaziergeld für den Ferrari zur Verfügung hätten. Bei unserem Besuch waren denn auch mehr Goldketten zu sehen als distinguierte Damen und Herren, die sich für das durchaus ansehnliche Angebot an älteren Aston Martin, Facel Vega und auch Rolls-Royce hätten interessieren können.

Selbstverständlich ist es für ein Auktionshaus wie Bonhams immer ein Spagat, das passende Angebot für eine Versteigerung aufzustellen. Der Markt ist derzeit ziemlich schwierig zu bearbeiten, es gibt eigentlich mehr potenzielle Käufer als Verkäufer. Das billige Geld, das die Finanzmärkte überschwemmt und auf der Bank nur noch negative Zinsen bringt, hat den Markt im Griff. Das gute, teure Material wird daheim in der Garage gehortet, man könnte es zwar wohl zu einem guten Preis abstossen – doch was macht man dann mit seinem Geld? Die ernsthaften Sammler (und cleveren Investoren) fanden am vergangenen Wochenende oberhalb des Genfersees wohl nichts, das wirklich ihr Interesse hätte wecken können. Denn wenn ein Ferrari 250 GT Lusso der Höhepunkt einer Versteigerung sein soll, dann zeigt das leider auch ziemlich deutlich auf, dass Bonhams in Bonmont nur in der zweiten Liga spielt.

Aber vielleicht hätte sich ja auch ein zweiter Blick gelohnt. Ein Käufer tat das sicher, denn ein Renault 5 Turbo in sehr aussergewöhnlicher Farbgebung war mit 115 000 Franken zwar nicht günstig, aber sein Geld auf jeden Fall wert. Zu wenig betrachtet wurde, unserer bescheidenen Meinung nach, ein Lamborghini Diablo GTR, dessen Schätzpreis zwar hoch lag, der aber auf jeden Fall noch reichlich weiteres Potenzial nach oben hat: Streng limitierte Sportwagen aus gutem Haus werden auf jeden Fall immer gesucht sein. Den GTR mit seinem Sechsliter-V12 gab es nur 30-mal – und den Lärm, den er produziert, darf man gar als einmalig bezeichnen. Er ging nicht weg.

Was uns schliesslich zu einem anderen Lamborghini bringt, dem Islero mit Chassisnummer 6354. Die Islero waren in den letzten Jahren ziemlich heftig teurer geworden, vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan, es wurden auch schon über 400’000 Dollar bezahlt. Und dann erhält der Wagen in Bonmont den Zuschlag bei sehr müden 172’500 Franken. Gut, es gibt schönere Exemplare, dazu liegt die Geschichte von #6354 im Dunkeln, aber dieser Preis ist dann doch eher: überraschend. Nicht im positiven Sinn. Hätten wir es doch bloss: geahnt.

Mehr hübsche Oldies gibt es immer in unserem Archiv.

Der Beitrag Bonhams in Bonmont erschien zuerst auf radicalmag.