Open Menu
Open Menu
 ::

Lancia Rally SE037 – der Prototyp

Published in radical-mag.com

Seltene Gelegenheit

Es waren wilde und vor allem wirre Zeiten. Die FIA hatte 1979 mal wieder ein neues Reglement beschlossen, aus den Zahlen sollten ab 1982 Buchstaben werden, die neue Gruppe B definierte die Fahrzeuge für die Rallye-WM. Am Anfang war eigentlich nur klar, dass eine Mindestanzahl von 200 Exemplaren gefordert werden würde, die FIA vergass aber, die Regeln genauer zu definieren – und die meisten Hersteller wussten deshalb nicht so recht, was sie denn überhaupt entwickeln sollten. Lancia, seit 1973 mit dem speziell für die Gruppe 4 entwickelten Stratos sehr erfolgreich, wollte aber auf jeden Fall weiterhin dabei sein – und übergab das Projekt für das neue Fahrzeug an Abarth (gehörte seit 1971 zu Fiat). Dort wurde Sergio Limone zum verantwortlichen Ingenieur berufen.

Im April 1980 begann Limone seine Arbeit, klärte zuerst einmal ab, was es denn alles gab im Konzern, das als Basis dienen konnte. Der Ferrari 308 kam nicht in Frage (daraus entstand ja dann der 288 GTO), doch da war ja noch ein relativ frisches Gruppe-5-Fahrzeug, der Lancia Beta Montecarlo Turbo. Doch Limone sah bald, dass der quer montierte Mittelmotor-Turbo nicht wirklich geeignet war, Rallye-Fahrzeuge hatten gerade beim Service ganz andere Voraussetzungen als Rennwagen, und so entschied er sich bald, dass der von Aurelio Lampredi (damals Chef von Abarth) konstruierte 4-Zylinder längs eingebaut werden musste – was ihm auch mehr Möglichkeiten bei der Konstruktion der Hinterachse ermöglichte. Noch im gleichen Monat zeichnete Limone erste Entwürfe für ein Fahrzeug mit der typischen Abarth-Konstruktionsnummer SE037, bestellte Giampaolo Dallara zu sich, damit ihm dieser ein Chassis baute, und beauftragte CBC, einen Aufbau aus Fiberglas herzustellen. Erste Fahrversuche mit dem Prototypen SE037-001 fanden noch vor Weihnachten 1980 statt.

Das ganze Jahr 1981 wurde für Testfahrten verwendet. Limone versuchte so ziemlich alles, Sauger, Turbo, Kompressor (den Lampredi bevorzugte – und der dann auch verwendet wurde), Reifen von Michelin oder Pirelli, Windkanalversuche bei Pininfarina ohne Spoiler, mit Spoiler, mit riesigem Heckflügel. Im November 1981 wurde das Fahrzeug erstmals auf Schotter gefahren, in La Mandria, dem Rallye-Testgelände von Lancia. Und obwohl Lancia noch weitere Prototypen baute, war SE037-001 immer noch vorne dabei – so sehr, dass der Wagen 1982 als Testfahrzeug, als so genannter «recce», in den Händen von Adartico Vudafieri sogar an die Akropolis-Rallye geschickt wurde. Danach hätte er eigentlich geschlachtet werden sollen, doch Sergio Limone hatte Erbarmen, kaufte das Fahrzeug, restaurierte es komplett – und behielt SE037-001 bis 2010 in seiner privaten Sammlung. Am 15. Juni kommt der Wagen bei der Auktion von RM Sotheby’s in Mailand unter den Hammer, Schätzpreis gibt es noch keinen, doch günstig dürfte es nicht werden. Denn nur selten besteht ja die Gelegenheit, den wahren Prototypen eines legendären Fahrzeugs, dazu mit kompletter Dokumentation, zu ersteigern.

Die Geschichte der Lancia Rally 037, wie sie dann auf die Strasse kamen, gibt es: hier.

Der Beitrag Lancia Rally SE037 – der Prototyp erschien zuerst auf radicalmag.