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BMW 520d xDrive Touring Mild Hybrid

Published in radical-mag.com

(Fast) Alleskönner

Man kennt das, da sitzt man nach einem langen Tag den Heimweg so ein bisschen ab. Man hängt den Gedanken nach, verliert sich ein bisschen in der Musik und ist nicht mehr so ganz mit voller Aufmerksamkeit dabei.

Dann stellt man fest: den LKW könnte man eigentlich doch mal überholen, schliesslich will man dann ja auch noch irgendwann ankommen. Ein schneller Blick in den Spiegel, passt, der rückwärtige Verkehr ist noch weit genug weg.

Plötzlich ist er dann aber gar nicht mehr so weit weg. Man ist dann: wach. Das Pedal ist tief im Teppich versenkt und doch passiert irgendwie wenig. 110, 130, 150. Der Laster ist passiert, man konnte längst wieder einscheren und der Vorbeieilende musste nicht abbremsen.

Dennoch: es war auch nicht wirklich souverän. Zwar lag der Fehler klar beim Piloten, doch das Fahrzeug hätte es durchaus besser ausbügeln dürfen. Vor allem, weil es sonst vor allem absolute Fehlerlosigkeit zeigt und den Alleskönner mimt.

Eine Modellbezeichnung wie ein Buch. Ein verschlüsseltes.

Wir reden vom BMW 520d xDrive Touring Sport Line Mild Hybrid. So ganz sicher sind wir nicht, ob wir die Modellbezeichnung korrekt wiedergegeben haben, aber so in etwa heißt der blaue Kombi. Zur Aufschlüsselung: es ist ein Fünfer-Kombi mit zwei Liter Dieselmotor, Allradantrieb, sportlicher Ausstattungslinie und – ganz neu – einer sehr sehr grossen Lichtmaschine.

Das nennt sich nun „riemengetriebener Starter-Generator“ und sorgt in Kombination mit einem 48V-Teil-Bordnetz für eine sehr milde Hybridisierung. Im Prinzip ist es eine erweiterte Start-Stop-Automatik, denn der Motor schaltet jetzt schon unter 15km/h ab und rollt sogar elektrisch an. Zudem kann der 5er nun bis 160km/h segeln – heißt: der Motor geht im Schiebebetrieb aus und spart damit Kraftstoff.

Auf dem Papier bringt das einen deutlichen Vorsprung. Von 5,2 Litern fällt der Verbrauch auf 4,9 Liter in der Norm. Weit wichtiger allerdings: der Antriebskomfort steigt drastisch. Besonders dieser unwürdige Schüttler beim Wiederanlassen ist vollkommen verschwunden. Mit macht reisst die 8kW Lichtmaschine den Selbstzünder ins Leben – und das so schnell, dass man es kaum mitbekommt.

Auch sonst ist bekommt man relativ wenig vom 520d mit. Optisch ist die aktuelle Generation der 5er-Reihe für BMW-Verhältnisse noch sehr konservativ. Es gibt keine riesige Niere, weder in Höhe, noch Breite. Auch fehlen die geschwärzten Rückleuchten und anderer optischer Zierrat. Besonders im edlen Dunkelblau des Testwagens, kombiniert mit Schwarzchrom und 18-Zoll-Bereifung wirkt der BMW 520d xDrive Touring sehr elegant.

Die Interieuroptionierung des BMW 520d xDrive Touring verlangt Konzentration

Auch innen ist alles sehr in Ordnung, zumal auf den optionalen Komfortsitzen. Es gibt dazu perfekte Ergonomie, Live Cockpit und die neueste iDrive-Generation. Überraschend: in der Mittelkonsole finden sich zwei Reihen mit konventionellen Drucktasten. Gefühlt scheinen sich diese seit dem E39 nicht mehr geändert zu haben. Und das ist eigentlich gar nicht schlecht.

Zwiegespalten (nicht nur wir, sondern sicher auch das Sitzleder!) sind wir beim Interieur. Vor allem liegt das an der Individual-Lederausstattung am Armaturenbrett. Denn sie ist zu fein, schmeichelt nicht nur dem Auge, sondern vor allem auch den Händen. Dagegen fällt der ebenfalls optionale Lederbezug der Sitze etwas zu deutlich ab. Auch die Kunststoffrahmung des Sitzes ist gar sehr billig. Es wirkt deshalb ein bisschen unharmonisch.

Wer natürlich alle Haken setzt, der bekommt die feine Individual-Nappa-Ware allerorten tapeziert. Der Aufpreis ist freilich gewaltig, Dacia verkauft dafür ganze Autos. Immerhin: Das Platzangebot ist üppiger als im Rumämen, sogar hinten – nicht immer eine Stärke der Bayern.

Das Fahren im BMW 520d xDrive Touring Mild Hybrid ist ebenfalls sehr angenehm, sie wissen dann schon wie es geht in München. Der Testwagen hatte neben Adaptive Drive auch die Hinterachslenkung an Bord und gemeinsam ist das ein wirklich gute Kombination. Fein ausbalanciert, sehr alert und doch nie aufdringlich wirkt der großer Oberklasse-Kombi mehr wie ein Dreier (der Vergleich mit dem Frontantriebs-1er wäre an dieser Stelle eher: ein Tadel).

Doch das Ganze hat auch seinen Preis. In der Sport Line kostet der 190PS-Allrad-Kombi schon in der Basis über 70.000 Franken. Wer dann noch die Fahrzeugs-Bewaffnung, Sitzkomfort, Lederambiente und ein bisschen digitales Kino haben möchte, der landet schnell bei 100.000 Franken.

Und dann bleibt es eben immer noch ein Vierzylinder, dem dann beim Überholen durchaus mal die Luft ausgeht. Aber: irgendwas ist eben immer.

Technische Daten:

Modell: BMW 520d xDrive Touring Sport Line MHEV
Motor: Vierzylinder-Reihenmotor Diesel, 1‘995ccm
Leistung: 190PS (140kW)
Drehmoment: 400Nm
Antrieb: Allradantrieb, 8-Gang-Automatikgetriebe
Verbrauch kombiniert (NEFZ): 4,9l/100km
Testverbrauch: 6,2l/100km
Beschleunigung (0 – 100 Km/h): 7,5s
Höchstgeschwindigkeit: 222km/h
Abmessungen (L/B/H): 4,94m / 1,87m / 1,50m
Gewicht: 1‘880kg
Grundpreis: 73‘260 CHF

Der Beitrag BMW 520d xDrive Touring Mild Hybrid erschien zuerst auf radicalmag.