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Fahrbericht Dodge Durango SRT

Published in radical-mag.com

Geht doch

Die «Tremola» ist eine der schönsten Strassen in Europa. Sie führt von Airolo zum Hospiz des Gotthard-Passes, es sind 24 Kehren und ganz viel Kopfsteinpflaster. Allein schon deshalb müsste eine Fahrt Pflicht sein für die Automobil-Hersteller, denn die meisten Fahrzeuge beginnen schon nach wenigen Kilometer auf der Tremola zu klappern, wir erinnern uns an mehr als ein Handschuhfach, das sich einfach so öffnete, an unsäglich vibrierende Lenkräder, abgefallene Rück- und Seitenspiegel und sogar an einen Touchscreen, der sich plötzlich selbständig machte. Als Qualitätsprüfung ist die Tremola ganz vorzüglich, die Fahrt ins Tal ist auch für die Bremsen eine heroische Aufgabe (vor allem, wenn man nicht im Holländer-Tempo einherrutscht) – und ja, im richtigen Automobil macht das auch so richtig Fahrfreud’. Nun könnte man meinen, für einen Dodge Durango SRT, 5,11 Meter lang, 1,92 Meter breit, 1,83 Meter hoch und über 2,5 Tonnen schwer, sei diese legendäre Gasse nun definitiv nicht das richtige Umgebung, doch diese Annahme ist: falsch. Zuerst einmal: nix scheppert. Die Bremsen (von Brembo) haben die Tortur mit einem Lächeln überstanden. Ein ebensolches hatte auch der Pilot im Gesicht, nachdem er den Dodge innert zweier Tage insgesamt vier Mal den Berg hinunter und selbstverständlich auch hoch getrieben hatte. Geht doch – geht sogar ganz ausgezeichnet.

Der Dodge Durango bedient zuerst einmal viele Klischees, die man von einem amerikanischen SUV hat: Gross ist er. Und schwer. Eine Wand im Wind, ein Schrank von einem Automobil. Er sieht aber ziemlich gut aus, wobei da natürlich die SRT-Ingredienzien helfen, schwarze 20-Zöller und auch sonst viel Schwarz, die Lackierung, die zwei Endrohre mit satten 10 Zentimeter Durchmesser. Innen, nun ja, als modern muss man das Interieur jetzt nicht bezeichnen, ein zwar grosser Bildschirm, aber auch viele Knöpfe, dazwischen ein paar Akzente aus echtem Carbon. Die Sitze sind aber bestens, geben ausgezeichneten Seitenhalt, man findet schnell die richtige Position, zumal ja alles elektrisch verstellbar ist, auch die Lenksäule. Auch in der zweiten Sitz-Reihe finden sich zwei feine Einzelsitze, in der dritten Sitzreihe können auch Erwachsene ganz anständig transportiert werden (nicht ünbedingt über «Tremola»…). Das Kofferraum-Volumen beträgt 1350 Liter hinter der zweiten Sitzreihe, was auch mehr als ausreichend ist. Und eben, das ist alles sehr sauber verarbeitet – was ja jetzt nicht immer zu den Stärken amerikanischer Fahrzeuge gehört.

Doch die ganz grosse Stärke hat der Durango SRT in seinem Fahrverhalten. Klar, ein 6,4-Liter-V8, der freisaugend auf 481 PS bei 6000/min und einem maximales Drehmoment von 637 Nm bei 4300/min kommt, ist per se schon eine Freude. Er grollt sonor bei tiefen Drehzahlen, kann aber dann schon ziemlich kreischen, wenn Leistung gefordert wird. Die wunderbar unmittelbar und schön linear kommt, nochmals: 6,4 Liter Hubraum, kein Turbo. 4,5 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h, Höchstgeschwindigkeit anscheinend 290 km/h (was wir nicht ausprobiert haben). Geschaltet wird über eine 8-Gang-Automatik, die sich je nach Fahrmodus ausgesprochen sanft oder auch ziemlich bissig verhält, über die Paddles lässt sie sich auch manuell bedienen und hat nichts dagegen, wenn man vor der Kurve auch einmal drei Gänge herunterschaltet. Klar hilft der Allradantrieb für einen sauberen Kraftfluss, doch auch da kommt es auf den gewählten Modus an, wie viel Kraft an die Hinterräder gehen darf. Wir empfehlen «Sport» und «Traction off», da lässt sich der SRT aus den Kurven auch mit dem Gaspedal lenken, ganz easy. Da hilft sicher die für einen SUV ziemlich aufwendige Hinterachse mit Lastenausgleich, das Ding hat nämlich kaum Seitenneigung und bleibt hervorragend in der Spur. Bislang fanden sich fahraktive SUV eigentlich nur bei BMW und Porsche, doch als SRT darf der Durango in dieser kleinen Gruppe unbedingt auch mittun.

Bei Schweizer Autobahn-Tempi rollt der Durango mit knapp über 1500/min einher. Das merkt man dann auch beim Verbrauch, bei der Rennleitung genehmen Geschwindigkeiten genehmigt sich der SRT knapp über 11 Liter. Nein, vorbildlich ist das nicht, aber auch nicht abschreckend. Gegen oben ist dann ziemlich viel möglich, dort am Berg sind es dann über 20 Liter, doch das ist angesichts der gebotenen Fahrleistungen und auch des Raumangebots so daneben nicht, dass können andere übermotorisierte SUV auch nicht besser. Doch noch einmal zurück auf die Autobahn: Das kann er bestens, schön komfortabel, auch bei Tempi über 200 km/h sehr stabil (kein Wunder bei 3,04 Meter Radstand), einzig das Abrollgeräusch der Reifen trübt die Freude etwas. Für die Langstrecke spricht auch ein Tankvolumen von 93 Litern. Und, ganz wichtig: Anhänger-Kupplung und 3,5 Tonnen Anhängelast sind auch noch inbegriffen.

Der Dodge Durango SRT wurde uns – wie kürzlich schon der Challenger Hellcat – vom offiziellen Importeur AGT Europe zur Verfügung gestellt. Der Basispreis beträgt 90’500 Franken, es gibt noch ein paar wenige Optionen, doch sechsstellig kostet der Amerikaner auch dann nicht. Womit er im Vergleich mit den namhaften deutschen Konkurrenten ein Schnäppchen ist (andererseits: Wiederverkauf…). Und zudem eines ohne Zwangsbeamtung – Alleinstellunsgmerkmal sagt man dem. Ein weiteres ist, dass man ihn nicht an jeder Strassenecke sieht. Und dass das Überholprestige schlicht grossartig ist – wer diesen Schrank im Rückspiegel sieht, der verzeiht sich gleich auf den Pannenstreifen. Ach ja, ein paar Worte noch zur internen FCA-Konkurrenz, dem Jeep Grand Cherokee Trackhawk, der zwar noch einmal über 200 PS mehr abdrückt, aber auch über 40’000 Franken teurer ist. Vor allem aber verfügt der Dodge über das deutlich bessere Fahrverhalten – was wiederum erstaunlich ist.

Mehr Amerikaner finden sich immer in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht Dodge Durango SRT erschien zuerst auf radicalmag.