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Test Ford Focus Active Turnier

Published in radical-mag.com

Und das auch noch: gern

Oh nein, wir sind auch nicht frei von Vorurteilen. Der erste Anblick des Ford Focus Active KombiähTurnier mit seinen Plastikbeplankungen und der aufgebockten Karosse entlockte uns einige nicht druckreife Kommentare, in denen eigentlich sehr ehrenswerte Berufsbezeichnungen wie Landwirte, Förster und auch Stadtindianer vorkamen; SUV für Minderbemittelte, also im pekuniären Sinne, war auch noch etwas. Als wir den Ford nach dem Test aber wieder zurückbringen mussten, war der Wagen zwar noch nicht schöner, aber wir trotzdem etwas traurig, denn die inneren Qualitäten des Focus hatten uns doch sehr überzeugt. Doch es gilt dies ja noch für so manches Automobil: Wenn man drin sitzt, sieht man ja nicht, wie es von aussen ausschaut…

Wir schreiben das ja immer wieder, wenn wir etwas über Ford schreiben: Fahrwerk, das können sie in Köln. Der neue Focus ist ja schon feinst, aber beim aufgebockten Active haben sie sich jetzt aber irgendwie selber übertroffen, die 30 Millimeter mehr Bodenfreiheit machen aus dem Focus eines der entspanntesten Fahrzeuge, die wir seit längerem gefahren sind: irgendwie bügelt der Deutsche alles so weg, wie man sich das einst von den Franzosen gewohnt war. Und schafft es trotzdem, dass man ihn auch richtig bös in die Kurve hauen kann – da haben wir ziemlich gestaunt, was geht (mit den Franzosen von damals wäre das so nicht gutgegangen…). Es ist ein ausgezeichneter Kompromiss, der da Ford gelungen ist, und auch wenn wir Kompromisse nur für lauwarm halten, so wollen wir dem Focus Active doch gerne attestieren, dass er beides (also sowohl komfortabel wie auch sportlich) besser kann als die meisten seiner Konkurrenten. Und im heutigen Verkehr, wenn die Gasse nur noch selten frei ist und man schon froh sein muss, wenn man auf der Autobahn einen 80er-Schnitt schafft, da ist entspanntes, friedliches Einherrollen eine der höchsten Qualitäten eines Automobils.

Es trägt noch manches zum guten Gefühl bei: Man sitzt erhöht – und richtig gut. Zwar haut Ford den neuen Focus mit mehr als zu viel Assi-Systemen voll, aber diese sind im Gegensatz zu manch anderen Herstellern nicht so aufdringlich, dass sie nerven; ein Knopfdruck, und der so komplett unnötige Spurhalter ist weg, danke dafür (in anderen Fahrzeugen sucht man mal eine halbe Stunde – und das nach jeden Neustart). In der jüngsten Focus-Generation sieht das jetzt auch auf dem Touchscreen so aus, dass das Auge nicht gleich tränt, das militärische Gitternetz wurde endlich abgeschafft – und die Bedienung versteht jedes Kind. Zwar beharren sie bei Ford auf Knöpfchen und Schalter (trotz gut funktionierender Sprachsteuerung..), aber dies unterdessen auch in einem Rahmen, den man als zeitgemäss bezeichnen kann; die potentielle Kundschaft ist ja wohl eher etwas konservativ, da passt das schon. Was man sowieso schätzt, ob konservativ oder nicht: Das Platzangebot. Man sitzt hinten deutlich besser als segmentüblich, der Kofferraum des Turnier fasst 415 Liter (das können andere besser; andere Quellen sprechen von 541 Litern, was dann rekordverdächtig wäre) bis 1590 Liter bei abgeklappten Rücksitzen (oder doch: 1653 Liter – das kann quasi keiner besser). Fein ist, dass sich die Rücksitze über zwei Hebelchen aus dem Kofferraum easy abklappen lassen – und dass die Ladekante auf nur gerade 66 Zentimetern Höhe liegt. Der Nutzwert so eines TurnierähKombi ist hoch; sicher höher als bei jedem SUV.

Oft genug haben wir nun schon geschrieben, dass das «downsizing» der Motoren ziemlich sinnfrei ist, weil die kleineren Maschinen im richtigen Leben (und vor allem in der Schweiz mit der nicht ganz flachen Topographie) halt ziemlich durstig sind, weil ihre mögliche Leistung öfter abgerufen werden muss. Der Dreizylinder von Ford war da keine löbliche Ausnahme, er ist es immer noch nicht, aber die Charakteristik des Focus Active ist halt so, dass man ihn ruhiger bewegt, vielleicht auch: überlegter. Denn Drehmoment hat der 150-Pferder ja reichlich (240 Nm ab 1600/min), die Achtgang-Automatik wird zwar in manchen Phasen etwas nervös (das aber erfreulich unauffällig, sprich: die Schaltvorgänge sind sanft), doch eigentlich geht das immer gut, locker vorwärts. Die 6,2 Liter Verbrauch, die gemäss Werksangaben Durchschnitt sein sollen, schafften wir bei weitem nicht, aber 7,3 Liter sind noch so einigermassen zufriedenstellend. Nein, Allrad steht nicht im Angebot.

Knapp über 30’000 Franken sind für so einen Ford Focus Active KombiähTurnier fällig, dies schon ganz anständig ausgestattet. Da muss die Konkurrenz blass werden, denn sie hat erstens kaum etwas Vergleichbares zu bieten und zweitens: falls, dann deutlich teurer. Ob jetzt die Abenteurer-Version des Focus nun wirklich alleinseligmachend ist, das wollen wir gar nicht wissen: wir fuhren weit damit, und das auch noch gern. Mehr Ford haben wir im Archiv.

Der Beitrag Test Ford Focus Active Turnier erschien zuerst auf radicalmag.