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Fahrbericht Lexus UX

Published in radical-mag.com

Wie es Euch gefällt…

Lexus, ach, Lexus. Einst, da war ich begeistert, der erste LS400 (jetzt Achtung: UCF10) war grossartig, heizte den etablierten Oberklasse-Herstellern ab 1989 so richtig ein. Übertraf sie. Und blieb ein hervorragendes Fahrzeug bis UCF31, etwa 2006; danach wurden sie etwas, äh, speziell. Und verkauften sich auch nicht mehr so richtig, hier schon gar nicht, und da auch nicht viel besser. Auch der IS300 war als Sportcross zwischen 2001 und 2005 so richtig schön schräg; der LFA zeigte, dass die Japaner auch Sportwagen können, und zwar so richtig grob und gut. Doch irgendwann wurde es danach nicht mehr besser, der CT200h ist ein unförmiger, teurerer Prius (ok, der war jetzt gemein…), in der Mittel- und Oberklasse geht in Europa gar nichts mehr, die SUV sind halt: SUV; die Sportwagen RC und LC kanibalisieren sich höchstens und in einem sehr, sehr engen Verkaufsrahmen selber. Was allen gemeinsam ist: ein Frontgrill von der Grösse eines begehbaren Kleiderschranks, da wird sogar Audi blass. Ob das aktuelle Lexus-Design nun gelungen ist, das muss der Betrachter selber entscheiden. Aus meiner selbstverständlich subjektiven Warte betrachtet ist so ein NX nicht das schönste Auto der Welt. Das zweitschönste auch nicht. Mehr so: Star Wars für Anfänger. Die Kante im Sinne von: KopfandenTisch.

Aber jetzt kommt der UX – und stellt alles in den Schatten. Wir hatten es ja erst kürzlich etwas geschrieben zu Fahrzeugen, die wir nicht verstehen, etwa vom BMW X6 und seiner Billig-Kopie, dem Mercedes GLE-Coupé. Das neue Lexus-Teil ist der kleinere Bruder des NX (und kein Coupé, doch dafür Cossover), aber anscheinend wollten die Designer auf kleinerem Massstab alles verwursten, was der grössere Bruder auch hat. Und das ist, sorry, ganz, ganz schwierig, ziemlich unförmig vorne (viel zu lang), richtig komisch hinten (wie nach einem Auffahrunfall – und dann diese Heckleuchten als was, Heckflossen?) – noch selten bis eigentlich gar nie habe ich ein Automobil gesehen, das als Grossesganzes derart unharmonisch wirkt. Vielleicht noch den Ur-Hummer, aber der hatte weniger Plastikverschalungen. Oder ein paar frühe SsangYong. Es ist innen keinen Deut besser, es gibt da so Pömpel oben am Cockpit, die sehen aus wie die abstehenden Ohren von Prinz Charles – und sind dort vollkommen sinnfrei. Das schon seit Jahren bestehende Problem der viel zu vielen verwendeten verschiedenen Materialien verhallt ungehört, man versteht es nicht, wie das sein kann; es ist optisch und haptisch und ergonomisch zumindest eigenartig. Beispiel: die Lüftungsdüsen, das sind einfach – Löcher. Und mit diesem Touchpad, über das ein grosser Teil der Bedienung läuft, werde ich in diesem Leben nie mehr zurechtkommen. Ausserdem: von Lexus erwartet man doch Luxus, Eleganz, schönes Leder, feine Verarbeitung. Aber nein, das ist alles: nicht. Der Kofferraum ist übrigens so klein, dass die Japaner noch nicht einmal eine Volumenangabe machen wollen.

Lexus erzählt aber, wie toll das Fahrverhalten des UX sei, ein höchst dynamischer Kurvenräuber sei er. Das Problem ist, dass man das gar nie erfahren wird, denn der Antrieb ist dergestalt, dass man gar nie erfahren kann, ob das auch stimmt. Zwar hat die Toyota-Luxus-Tochter endlich, endlich wieder einmal etwas gemacht mit dem Hybrid-Antrieb des Prius, ein 2-Liter-Vierzylinder schafft 146 PS, dazu gibt es die übliche elektrische Unterstützung, so dass der gefahrene UX 250h E-Four auf eine Systemleistung von 178 PS kommt. Bloss ist da halt weiterhin das CVT-Getriebe. Lexus behauptet zwar, dass eine feste Startübersetzung den Gummiband-Effekt minimieren soll, doch das habe ich nicht bemerkt, ganz im Gegenteil, einen übleren GTN-Konverter (GTN = gasoline to noise) habe ich wohl noch nie erlebt. Man tritt aufs Gaspedal: es versandet die Kraft im Getriebe. Man tritt mehr aufs Gaspedal: es versandet mehr Kraft im Getriebe. Es ist eine Tragödie, dagegen wirken die Prius der ersten Generation wie ein Sportwagen. Wie die 8,5 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h zustandegekommen sein sollen, ist mir ein Rätsel; die Höchstgeschwindigkeit von knapp über 170 km/h spricht da eine deutlichere Sprache. Und nein, ich konnte keinen Verbrauch messen, aber die 4,3 Liter auf 100 Kilometer erscheinen mir unmöglich beim Drehzahlniveau, das man braucht, um überhaupt mit dem Verkehr mitschwimmen zu können.

Mit Verlaub: es ist mir in den mehr als 30 Jahren, in denen ich nun Automobile beschreibe, noch sehr selten ein rätselhafteres Gefährt untergekommen. Optisch, technisch – und preislich gleich auch noch. Zwar sind die Kosten in der Schweiz noch nicht kommuniziert worden, aber die für Deutschland geltenden 33’950 Euro für die Basisversion UX 200h (die ohne Hybridantrieb erstaunlicherweise auch auf 171 PS kommt) sind schon heftig, die 47’250 Euro für den von uns gefahrenen 250h E-Four (mit Allradantrieb und etwa 1,7 Tonnen Gewicht) gar – aber lassen wir das. Man muss ja nicht, wenn man nicht will.

Viel mehr Toyota/Lexus haben wir nicht in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht Lexus UX erschien zuerst auf radicalmag.