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Test Renault Megane R.S.

Published in radical-mag.com

Der Gute

Wir fahren unser kleines Bergrennen ja immer zuerst einmal ab. Obwohl die Rennleitung dort noch nie gelauert hat, aber man weiss ja nie. Das Gute daran ist, dass man also zuerst ganz brav durch die Gasse schleicht, sinnvollerweise im friedlichsten aller möglichen Fahr-Modi, halt auch darauf achtet, ob der Wagen schön komfortabel ist, die Schaltvorgänge sanft. Vom Renault Megane R.S. ist zu vermelden: ja. Er kann ganz ruhig, er federt und dämpft gut, er macht kaum Lärm, er schaltet sauber hoch – man rollt ganz zufrieden einher. Nein, ein Lämmchen ist er nicht deswegen, aber da sind wir sind Mittelklasse-Fahrzeuge gefahren, die waren bockiger, lärmiger.

Dann ist man wieder am Start, drückt das RS-Knöpfchen – und alles ist anders. Die Schaltvorgänge werden eher ruppig, das Fahrwerk bretterhart, der Sound ziemlich sportlich. Für einen Turbo reagiert der Renault höchst sensibel auf das kleinste Zucken im Gasfuss, der 1,8-Liter-Vierzylinder dreht schön linear hoch – und es ist kein Rollen mehr, sondern ziemlich heftig. 280 PS und 390 Nm maximales Drehmoment schon bei 2400/min reissen den 1,4-Tonner nach vorne, das geht grob, die 5,9 Sekunden des Werks für den Sprint von 0 auf 100 km/h geben wir ihm alleweil. Dabei ist der 4,36 Meter lange, 1,87 Meter breite und 1,44 Meter hohe Renault mehr als nur überraschend agil, was sicher auch seiner 4-Rad-Lenkung geschuldet ist; die Präzision beim Einlenken ist perfekt, auch verspürt man kaum Kraftflüsse in der Lenkung. Er liebt Kurven, auch wenn man sich anfangs ein bisschen daran gewöhnen muss, dass er enger als gewohnt abbiegt, da kann es durchaus vorkommen, dass man noch korrigieren muss. Er will brutal gebremst sein (und tut es dann auch entsprechend), man kann schon weit vor dem Scheitel wieder massiv aufs Fahrpedal. Und weil er so sauber ausbalanciert ist, brauchen die elektronischen Helferlein (sind im Race-Modus ganz ausgeschaltet, im Sport ausreichend tolerant) kaum je einzugreifen. Es ist eine wahre Freud‘, man fühlt sich jederzeit als Herr der Lage – und das ist gut so, der Pilot bewegt den Wagen, nicht die Elektronik (wobei, es gibt davon schon sehr reichlich…).

Was wir wirklich sehr, sehr schätzen am Renault: er kann beides, er kann lieb und nett, er kann aber auch bös und schnell. Und er kann alles dazwischen, auf der deutschen Autobahn wird man grossartige Durchschnittsgeschwindigkeiten erreichen auf der Langstrecke (sofern es der Verkehr denn zulässt), man fährt ihn aber auch ganz zivil zum Einkaufen (Kofferraumvolumen 384 bis 1247 Liter – das können andere auch nicht besser in diesem Segment) und ruckfrei durch den städtischen Stau. Aber wenn es einem packt vielleicht am Morgen in der Früh, man vielleicht noch zwei, drei Pässe fahren will vor der Arbeit (die Wochenende empfehlen sich ja längst nicht mehr für solche Sachen, zu viele Freunde und Helfer, zu viele Camper), dann haut der Franzose den Adrenalinpegel herrlich in die Höh‘.

Der Megane, von dem seit 2016 die vierte Generation unterwegs ist, ist ja ein typischer Vertreter im Golf-Segment, daran wird er auch gemessen – er muss also auch Alltag können. Das kann er sehr anständig, die Platzverhältnisse sind gut, auch für die hinteren Passagiere, das Bedien-System von Renault gehört zu den verständlichsten, am einfachsten bedienbaren, in Sachen Ergonomie gibt es nichts zu jammern. Im R.S: gibt es dann natürlich das sportliche Gestühl, das zu den besten auf dem Markt gehört: zwar eng, aber nicht unbequem, auch auf längeren Strecken nicht. Unbedingt gelobt sei die Verarbeitungs- und Materialqualität in diesem Megane-Top-Modell, da geben sich die Franzosen viel Mühe, da sind sie auch auf der Höhe mit den hochgelobten deutschen Produkten. Und man kann ihn eben, wie schon geschreiben, auch als brave Familien-Kutsche bewegen, die Schwiegermutter friedlich zum Kaffeetratsch chauffieren (sie sitzt ganz anständig hinten, mit genug Kopf- und Beinfreiheiten), mit dem sehr sauber schaltenden 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe sowieso. Bleibt man zurückhaltend, sind auch die 7,2 Liter Verbrauch gemäss Werksangabe durchaus möglich; schöpft man die Möglichkeiten der 280 Pferde aus, dann können es auch 11, 12 Liter werden. Aber auch das ist ganz ok.

Bislang war der Megane R.S. für die Ambitionierten unter den Amateur-Sportlern ja das Gerät der Wahl. Ob das mit der neuen Version auch so sein wird, muss sich noch weisen – es ist halt schon viel Elektronik verbaut, gerade die 4-Rad-Lenkung dürfte die Bastler abschrecken. Wir fuhren die Variante Sport, es gibt ja aber auch noch den Cup, es gibt die ganze Sause mit manueller Schaltung, der stärkere Trophy ist schon angekündigt. Für den Alltag ist so ein Sport eine gute Wahl, eine sehr gute sogar, weil er alles kann – ausser vielleicht die Jagd nach der Zehntelsekunde auf der Nordschleife. Und da ist ihm ja auch reichlich Konkurrenz erwachsen in letzter Zeit, das böseste Teil ist sicher der Honda Civic Type R, neu spielt ja auch noch der Hyundai i30 N mit (Testbericht folgt); den Vater all dieser «Hot Hatches», den GTI, kann man vergessen, er hat hier nichts mehr zu melden, entweder stimmt der Preis nicht oder dann fehlt ihm der Saft.

Der Renault Megane R.S. steht mit 38’200 Franken in der Preisliste, für das EDC sind noch einmal 1700 Franken fällig. Zu diesem Basispreis gibt es schon eine erfreulich gute Ausstattung, auf vieles, was unter den Sonderausstattungen angeboten wird, kann man getrost verzichten, es macht den Wagen auch nicht schneller. Als relativ frech empfinden wir die 1900 Franken, die für die so coole Lackierung Orange Tonic eingefordert werden. Und jetzt warten wir auf einen Cup-Variante mit manuellem Getriebe, die, wie wir schon bei der ersten Bekanntschaft mit dem Renault Megane R.S. erleben durften, einen völlig anderen Charakter hat.

 

Mehr Renault haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Renault Megane R.S. erschien zuerst auf radicalmag.