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Qvale Mangusta

Published in radical-mag.com

Verlierer

Alejandro de Tomaso. Ach, einer dieser Wahnsinnigen. Eine dieser wunderbaren Gestalten der Automobilgeschichte. Komisch, eigentlich, dass noch nie jemand einen Hollywood-Schinken aus seinem Leben machen wollte, das Material wäre grossartig, sex & crime & rock’n’roll & viel Benzin & Blut & Tränen & Formel 1 & alles. Wir haben da ein ausführliches Stück zu diesem Mann; Geschichten, wie sie nur das Leben schreiben kann, hier nachzulesen.

Mitte der 90er Jahre war de Tomaso wieder mal klamm, zwischen 1990 und 1994 hatte er nur etwa 40 Autos gebaut. Anfang der 90er hatte er den Guarà angeschoben, der wurde 1993 vorgestellt (noch mit BMW-Motoren, später waren es dann Ford-Maschinen), doch der kam halt nie richtig in die Gänge, bis 2004 wurden nur gerade 32 Stück gebaut. Mitte der 90er wandte sich de Tomaso dann dem Biguà zu, hauptsächlich deshalb, weil er mit Kjell und dessen Sohn Bruce Qvale einen Investor fand, der das Projekt mittragen wollte. Vatern Qvale – der 2013 im biblischen Alter von 94 Jahren verstorben ist – hatte sich seit den 50er Jahren unter anderem als Importeur von Austin, Morris, Jaguar, Rolls-Royce und später auch Volkswagen, Porsche, Lamborghini und De Tomaso in die USA ein goldenes Näschen verdient; er hatte Anfang der 70er Jahre auch schon Jensen vor dem Bankrott gerettet. Das dicke Portemonnaie des Amerikaners sowie seine hervorragenden Beziehungen waren sicher die Gründe, weshalb de Tomaso Qvale ins Boot holte. Die «Freundschaft» hielt nicht lange.

Schön dabei: die beiden Parteien stellten sich gegenseitig ins Abseits. Am Schluss hatte Bruce Qvale alles, Auto, Fabrik, Rechte. Bloss etwas hatte er nicht: den Namen de Tomaso. Den Biguà durfte er zwar auf den wunderbaren alten de-Tomaso-Namen Mangusta umtaufen, doch auch als Mangusta ist Qvale irgendwie extrem unsexy. Alejandro hatte nach dem Deal mit Qvale gar nichts mehr, ausser: seinen Namen. Eine klassische Lose-Lose-Situation. Es gab immerhin einige wenige «neue» De Tomaso Mangusta, weil der alternde Argentinier sich immerhin die Namensrechte für Italien und Grossbritanien vorbehalten konnte; wie viele es genau waren, ist wie immer bei de Tomaso ein Rätsel. Man weiss aber immerhin, dass 292 Stück des Mangusta in einer von Qvale eigens errichteten Fabrik in Modena hergestellt wurden, dies zwischen 2000 und 2002. Das Fahrzeug, das wir hier zeigen und das einst von RM Sotheby’s in Monte Carlo versteigert wurde, hat aber Jahrgang 1999 und trägt die Chassisnummer 0001. Und obwohl der Wagen Italien nie verliess, trägt er trotzdem das Qvale-Emblem. Aber man muss ja nicht alles verstehen.

Der Biguà/Mangusta war ein eigenartiges Fahrzeug, ein Coupé mit abnehmbarem Blechdach. Das Mittelteil des Dachs war herausnehmbar, dann war der Wagen ein Targa; es liessen sich aber auch noch B-Säulen und Heckscheibe versenken, sogar: elektrisch, dann wurde das Ding zum echten Cabrio. Entworfen hatte den Biguà der grossartige Marcello Gandini, der irgendwie gut mit de Tomaso konnte, als einer der wenigen. Und nein, der Biguà/Mangusta mit seinen vielen gebrochenen Linien wird nicht als Gandini-Meisterwerk in die Automobil-Geschichte eingehen.

Das Stahl-Box-Chassis erhielt eine Karosse, nur gerade 4,2 Meter lang war das Fahrzeug, dafür massive 1,9 Meter breit. Motor und Getriebe (5-Gang manuell) stammten von Ford, der klassische 4,6-Liter-V8, der es auf 320 PS brachte; es waren auch 5-Liter-V8 mit etwa 400 PS geplant, aber die wurden nie gebaut. Es soll auch ein paar Stück gegeben haben mit nur 260 PS, die hätten dann dafür eine 4-Gang-Automatik. Die 320-PS-Variante rannte in 6,6 Sekunden auf 100 und schaffte 250 km/h Höchstgeschwindigkeit. Die Bremsen stammten von Brembo.

1999 war es, vielleicht früh im Jahr 2000, als ich in Modena einmal einen dieser Mangusta um ein paar Ecken fahren durfte. Ich erinnere mich noch gut an den Dachabbau, der länger dauerte als die Probefahrt – und daran, dass es sich bei den 320 Pferden wahrscheinlich um Shetland-Ponies gehandelt haben muss. Er machte zwar einen schönen Lärm, das können sie halt, die Italiener, doch es viel Lärm um nicht wirklich viel. Die Dinger kosteten damals etwas über 100’000 Franken, das war zwar nicht übermässig viel für einen italienischen Sportwagen jener Jahre, doch viel zu viel für einen Qvale. An was ich mich auch noch erinnere: ich hätte ein paar Meter weiter einen gelben Guarà kaufen können, für zwei Trinkgelder.

Die Geschichte ist damit noch nicht fertig. Qvale verkaufte 2003 Fabrik und Auto weiter an MG Rover. Dort bastelte man auf Basis des Mangusta dann die Modelle XPower SV und SVX. Auch ihnen war gar kein Erfolg beschieden. Selbstverständlich haben wir auch noch was zum Mangusta, dem echten. Und eben, zu de Tomaso. Und weitere schöne Sachen gibt es immer in unserem Archiv. (Und sollte Ihnen, werte Leserin, lieber Leser, gerade etwas öd sein, dann fragen Sie doch Dr. Google mal nach Qvale und Zodiac.)

Der Beitrag Qvale Mangusta erschien zuerst auf radicalmag.