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Fahrbericht Hyundai i30 N

Published in radical-mag.com

Na, geht doch!

Diese Fehlzündungen bringen ja gar nichts, das ist einfach nur Showtime, künstlich. Dass sich dabei gleich der ganze Wagen schütteln muss, man fast ein bisschen Angst hat, dass der Hinterwagen explodiert oder zumindest abfällt, ist grosses Theater – und buchstäblich warme Luft. Aber: es ist gut so. Und wenn es nur das Zeichen dafür ist, dass Hyundai endlich verstanden hat, dass die Lehre der reinen Vernunft der einzige Weg auch nicht sein kann. Ja: Emotionen!

N steht bei Hyundai zukünftig für das, was M bei BMW ist und AMG bei den Sternen. Selbstverständlich steht die Abteilung erst am Anfang, aber es sind nicht bloss Anbauteile, die offeriert werden, sondern ein absolut ernsthaftes Automobil. Es wird eine brave Version geben mit 250 PS, doch die interessiert uns hier noch nicht. Die 275 PS, die der 2-Liter-Turbo für den Performance entwickelt, sind im Vergleich etwa zum Honda Civic Type R (320 PS) zwar nicht die Obergrenze des Machbaren, doch es ist mehr als beim VW Golf GTI, der (ebenfalls als Performance) auf deren 245 PS kommt. Der Vergleich mit dem Golf darf sein, denn die Koreaner orientieren sich nach eigener Aussage am Grundpreis des ewigen Bestsellers. Sie pappen dann aber eine Menge noch zusätzlich hinein in ihr erstes Produkt, die klappengesteuerte Auspuffanlage, 19-Zöller mit Pirelli-P-Zero, Rev Matching (unnötig, aber halt inbegriffen), böse Bremsen (vorne 345 Millimeter), etc. – noch kennen wir den Preis für die Schweiz nicht, aber das Angebot dürfte anständig werden (in Deutschland beläuft sich der Einstiegspreis für die ersten 100 Exemplare einer First Edition auf 30’900 Euro, später werden es dann 32’200 Euro sein; den 250-Pferder gibt es ab 29’700 Euro (aber den wird in der Schweiz eh niemand haben wollen)).

In seiner babyhellblauen Lackierung sieht der i30 N auf den ersten Blick ganz friedlich aus. Die Farbe zieht sich im Innenraum weiter, die verschiedenen Fahr-Modi wählt man ebenfalls über hellblaue Tasten am Lenkrad – jene rechts mit der Zielflagge drauf lässt die Pferde dann wirklich galoppieren, auch akustisch. Doch wir wollen zuerst die guten Sitze loben, schön eng, ohne deswegen unkomfortabel zu sein – und überhaupt die Platzverhältnisse, es handelt sich beim i30 um einen der vielen Vertreter der Golf-Klasse mit vier Türen und Heckklappe und anständigem Kofferraumvolumen (395 bis 1300 Liter). Hot Hatch, als N Performance sogar very hot Hatch, denn da passt vieles richtig gut, Sitzposition, Abstand zur manuellen Schalterei, gutes Lenkrad, halt alles so, wie man das gerne mag. Aber der Koreaner wurde ja auch an der Nordschleife entwickelt, die Testfahrer werden schon gesagt haben, wie sie es haben wollen. Müssten wir hier noch etwas über das Bedien- und die Assisysteme schreiben? Sorry, haben wir nicht darauf geachtet, ist irgendwie komplett Nebensache. Aber das wird schon gut sein, da hat Hyundai in den vergangenen Jahrzehnten ja mächtig Fortschritte gemacht.

Die Voraussetzungen sind also bestens, der Lärm verheissungsvoll. Dann wollen wir uns also man auf den Weg machen – und freuen uns weiterhin, denn das dreht schön hoch, das hat reichlich Durchzugskraft, das Getriebe ist gut abgestimmt, die Übergänge passen. Zwar sind die Schaltwege nicht ganz so kurz wie im Civic Type R, aber knackiger als im Golf – und der Sound weitaus besser als in beiden genannte Konkurrenten. Man staunt da schon, wie unterschiedlich die Interpretationen der Geräuschkulisse eines 4-Zylinder-Turbos sein können, es liegen ja auch Welten zwischen einem Porsche 718 (furchtbar) und einem Alfa 4C (grossartig). Und der Koreaner ist deutlich näher am Italiener…

Die Maschine ist eine Freud‘. Dank Twin-Scroll-Turbo steht da alleweil mächtig Dampf zur Verfügung, es wird mit Overboost ein maximales Drehmoment von 378 Nm auf die Vorderachse gestemmt, die zwischen 1750 und 4200/min. Das ist reichlich, man spürt deshalb auch gewisse Einflüsse auf die ansonsten höchst präzise (elektrisch unterstützte) Lenkung, aber das geht auch dann in Ordnung, ist problemlos beherrschbar, wenn sämtlich elektronischen Helferlein ausgeschaltet sind (die feine, elektronisch geregelte Diff-Sperre bleibt ja). Ja, das geht (ist löblich), und ja, der Wagen ist derart gut ausbalanciert, das man sie wirklich nicht braucht (das ist ebenfalls sehr löblich und leider selten geworden). Im schnellsten Modus ist der N allerdings etwas gar hart, die Rückmeldung von der Strasse etwas zu intensiv. Andererseits: wer sich so einen Wagen kauft, der will das genau so, der wird auch mal Track-Day fahren wollen, und dann passt das schon. Erfreulich ist: er kann auch recht gediegen ruhig und erstaunlich komfortabel. Und die Bremsen sind ein Gedicht. Obwohl sie doch reichlich Gewicht zu verarbeiten haben: leider wiegt der böse Hyundai über 1,5 Tonnen, das ist etwas gar adipös.

Und so hauen wir den N noch einmal über diese schön kurvige Landstrasse, freuen uns noch einmal über das wirklich feine Ansprechverhalten der Maschine, die gute Lenkung, die guten Bremsen – und ganz besonders über das Spratteln und Sprotzen aus der Auspuffanlage. Und dann machen wir das gleich noch einmal – wohl zum ersten Mal in einem Hyundai freuen wir uns auf dem Umweg. An den (teureren) Type R kommt der Koreaner nicht heran, aber den Klassiker GTI lässt er meilenweit hinter sich Und endlich hat Hyundai auch ein Fahrzeug im Angebot, welches das Engagement in der WRC rechtfertigt. Alles in allem: Bravo. Endlich.

Mehr Hyundai haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht Hyundai i30 N erschien zuerst auf radicalmag.