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Test Peugeot 3008

Published in radical-mag.com

Angekommen

Da hatten wir nach dem ersten Kontakt doch ziemlich begeistert über den neuen Peugeot 3008 geschreiben, was für «radical» doch eher überraschend ist, gehören doch die SUV nicht zu unseren Liebsten. Nach rund einem Monat Testbetrieb und 5000 Kilometern hat sich der schon gute erste Eindruck noch einmal verstärkt: oh ja, da ist den Franzosen ein wirklich feiner Wagen gelungen. Und es macht den Eindruck, als ob Peugeot tatsächlich seine «neue» Position innerhalb der PSA-Gruppe und auch auf dem Markt gefunden hat. Noch bleibt Raum für Überzeugungsarbeit, doch die Truppe um den charismatischen Chef Carlos Tavares scheint nicht bloss motiviert, sondern auch mit der richtigen Vision unterwegs zu sein.

Der gute zweite Eindruck viel mit dem Design, der Optik zu tun. Wir haben den Peugeot immer wieder gern neben anderen SUV aus dem gleichen oder einem höheren Segment parkiert, und da ist er halt schon eine Freude. Nicht so aggressiv wie manche, eleganter als eigentlich alle, alles andere als langweilig (nicht wie etwa, aber nein, lassen wir das…); man schaut ihn sich einfach gerne an. Ja, das ist unsere ganz subjektive Meinung, aber es gibt auch immer wieder etwas zu entdecken, die Linien der Front sind spannend, wie Chefdesigner Gilles Vidal sie mit einfachen «Tricks» entspannt, wie er das eigentlich banale Kombiheck harmonisch gestaltet. Das dunkle Rot des 3008, den wir in Dänemark fahren konnten, hat uns besser gefallen als das Trend-Braun des Testwagens, aber wir freuen uns ja nur schon, dass es wieder Farben gibt, nicht nur das öde Leasing-Silber-Schwarz-Weiss. Einverstanden, auch der Testwagen ist wieder eine GT-Version, die sieht halt einfach besser aus mit den 19-Zöllern und ein bisschen mehr Schmuck, doch in der Schweiz kaufen die Leut‘ genau das, also darf es auch das sein.

Noch frappanter zum Dosen-Fruchtsalat der meisten anderen Hersteller ist der Unterschied innen. Ja, es soll Menschen geben, die finden das kleine Lenkrad doof – aber es gibt ja anscheinend auch Menschen, die haben Donald Trump gewählt. Wir sehen da gerade in diesem SUV klare Vorteile, der Wagen wirkt wendiger, agiler, und auch wenn es nur ein Gefühl ist, so ist es doch ein gutes Gefühl. Sicher, die Anordnung des i-Cockpit mag zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig sein, aber nach ein paar Tagen hat man das im Griff, auch im Dunkeln. Ausser vielleicht die doppelte Anordnung der Schalterleiste unter dem grossen Touchscreen, die Sitzheizung zum Beispiel findet man kaum je auf Anhieb. Wir fragen uns da, weshalb Peugeot nicht so konsequent ist wie Citroën beim Cactus, alles auf den Screen verlegt; das verlangt zwar auch eine gewisse Angewöhnungszeit, aber als Besitzer hat man die ja. Gut der simple Drehregler für die Lautstärke und, ach ja, ein gutes Sound-System. Ergonomisch ist die ganze Geschichte derzeit zusammen mit Tesla und Volvo das Beste, was es auf dem Markt gibt, dagegen wirken Mercedes, Audi & Co. definitiv aus dem letzten Jahrtausend.

Die Sitzposition ist gut, die Sitze selber besser. Auch das Raumgefühl ist fein, zwar ist der Peugeot mit seinen 4,45 Metern Länge und einer Höhe von 1,62 Metern in seinem Segment eher unterdurchschnittlich gewachsen, doch auch hinten sitzt man anständig (und die Kinderchen sogar gern, weil: hoch oben). 591 Liter Kofferraum sind ein gutes Argument (die 1670 Liter bei abgeklappten Rücksitzen sowieso), die Ladekante ist SUV-bedingt etwas hoch, doch dafür der Boden flach und alles einfach zu bedienen. Für ein Rauhbein mit Unterbodenschutz und viel Bodenfreiheit ist die Ausstattung allerdings fast ein bisschen zu edel, verschmutzen will man das alles nicht.

Wir hatten das schon beim ersten, eher kurzen Kontakt mit dem Peugeot bemerkt, nach dem Test können wir es nur bestätigen: der Fahrkomfort des Franzosen ist vorbildlich. Man hat das Gefühl: je länger man fährt, desto besser wird alles. Am Morgen, wenn der 3008 noch kalt hat, wirkt er etwas bockig, doch wenn dann alle Schmiermittel auf Betriebstemperatur sind, rollt er ab wie Oberklasse. Und ist – trotz Selbstzünder unter der Haube – auch erfreulich ruhig. Der hohe Aufbau und die hohe Sitzposition reizen zwar nicht gerade, den Peuegot wild durch die Kurven zu treiben, doch auch solches macht er so schlecht nicht. Auch das ist wieder das i-Cockpit zu loben, vor allem natürlich das kleine Lenkrad, das Sportlichkeit suggeriert, wo eigentlich gar keine ebensolche ist. Wie auch immer: die Lenkung ist sehr präzis. Und die Bremsen sind für ein Fahrzeug dieser Bauart und Motorisierung vollkommen ausreichend.

Unser Testwagen verfügte über die derzeit wahrscheinlich besten Pferde im PSA-Stall, den 2-Liter-Diesel mit 180 PS und einem maximalen Drehmoment von 400 Nm bei 2000/min. Von der angenehmen Ruhe haben wir schon geschrieben, die Souveränität dieses Motors, der seine Kraft über eine sehr sanft schaltende 6-Gang-Automatik an die Vorderräder schickt, ist aber unbedingt auch bemerkenswert. Es müssen zwar über 1,5 Tonnen bewegt werden, doch der Franzose wirkt nie angestrengt – und hält auch auf deutschen Autobahnen Reisegeschwindigkeiten von 200 km/h. Erfreut vermelden wir trotz eisiger Januar-Kälte, viel Kurzstreckenbetrieb und langen Hochgeschwindigkeitsstrecken einen Duchschnittsverbrauch von 6,4 Litern. Nicht so ganz nah bei der vom Werk angegebenen Norm (4,8 Liter), aber im Alltag halt ein Wert, der als sehr gut gelten darf. Dieser Antrieb, inklusive EAT6, muss nun wirklich keinen Vergleich auch mit den besten deutschen Aggregaten scheuen.

Natürlich ist so ein Peugeot 3008 als GT kein Schnäppchen. Die Preisskala für die Top-Ausstattung beginnt bei 44’050 Franken, man wird noch ein paar Kreuze zusätzlich machen und ist dann auch über 50’000 Franken. Und genau da beginnen dann die Probleme für die Franzosen: das ist mehr Geld, als es sich die typischen Peugeot-Kunden gewohnt sind auszugeben. Zwar kostet ein ähnlicher motorisierter und sicher nicht besser ausgestatteter, allerdings allradgetriebener VW Tiguan noch so manchen Tausender mehr (siehe auch: Test Tiguan), doch da denkt die Klientel halt anders, warum auch immer. Wir würden uns sofort für den 3008 entscheiden, er ist aussen und innen einfach schöner, moderner, Allrad braucht ausser dem Bergbauern niemand – und in Sachen Materialanmutung und Verarbeitung ist der Peugeot auf einem Niveau, wie es französische Automobile noch nie waren. Die ersten Verkaufszahlen erwecken denn auch den Eindruck, als ob Peugeot mit seinem SUV auf dem sehr richtigen Weg ist.

Wir schreiben dann noch etwas zum fehlenden Allrad, den Peugeot mit einem Assi-System namens «Grip Control» kompensieren will; wir durften in tiefem Schnee und auf Eis testen, wie das funktioniert. Und ob überhaupt. Mehr Peugeot haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Peugeot 3008 erschien zuerst auf radicalmag.